Noahs Kuss - - ...Und plötzlich ist alles anders
sein.
Dann erreiche ich gemeinsam mit Tony den Gipfel und wir drehen uns gemeinsam um. Ich spüre unsere schweigende Verbundenheit, aber ich spüre auch eine Verbundenheit mit Noah und mit Kyle an den Orten, an denen sie sich gerade befinden, viele Meilen entfernt. Ich fühle mich mit Joni verbunden, die bestimmt gerade irgendwo mit Chuck zusammen ist und sich wahrscheinlich keinen Moment Schweigen gönnen darf, außer er erlaubt es ihr. (Ist das ein unfairer Gedanke? Ich bin mir da nicht so ganz sicher.)
Ich weiß nicht, an welchem anderen Ort Tony sich gerade aufhält, während er hier mit mir zusammen ist– vielleicht konzentriert er sich auch nur auf die Vogelrufe und die schräg durch die Baumkronen fallenden Sonnenstrahlen, die auf unseren Armen Muster aus Licht und Schatten tanzen lassen.
Aber vielleicht ist alles auch ganz anders. Als wir zusammen auf dem Heimweg sind und schon den Hauptweg erreicht haben, blickt er mich plötzlich an und bittet mich, ihn zu umarmen.
Ich bin nicht der Typ für halbherzige Umarmungen. Ich kann Leute nicht ausstehen, die andere zu umarmen versuchen, ohne sie wirklich zu berühren. Eine Umarmung sollte eine richtige Umarmung sein– als ich meine Arme um Tony schlinge, halte ich ihn nicht nur einen Augenblick fest, sondern ich möchte, dass alle seine Sorgen und Kümmernisse für diese kurze Zeit, in der er meine Nähe und Zuneigung spürt, aufgehoben sind. Er nimmt die innige Umarmung an und schenkt sie mir zurück. Dann sendet sein Körper ein Alarmsignal: Sein Rücken versteift sich und seine Hände fallen herab.
Ich schaue in sein Gesicht und merke, dass er hinter mir etwas entdeckt haben muss. Ich lasse ihn los, drehe mich um und sehe zwei Erwachsene, die uns anstarren.
» Tony?«, fragt die Frau.
Aber sie muss nicht wirklich fragen. Sie weiß, dass es Tony ist.
Die Frau ist die beste Freundin seiner Mutter.
Überall Chaos
Tony hat Hausarrest und die beste Freundin seiner Mutter kann ihren Mund natürlich nicht halten. Im Netzwerk der Kirchgängerinnen laufen alle Drähte heiß, und als ich am Montag in die Schule komme, muss ich der Tatsache ins Auge sehen, dass bei Rip die Wettquoten zu meinem Liebesleben inzwischen zwölf zu eins für mich und Noah, zehn zu eins für mich und Kyle, acht zu eins für mich und Tony und eins zu zwei dafür stehen, dass ich alles verpfuschen und den Rest meines Lebens als Mauerblümchen verbringen werde.
Am Ende des Tages haben sich die Quoten noch weiter verschlechtert und ich bin allmählich ein hoffnungsloser Fall. Vollkommen zwecklos, den Leuten klarmachen zu wollen, dass Tony und ich bloß gute Freunde sind (nur wer uns beide kennt, glaubt das, der große Rest glaubt lieber das Gegenteil, weil es einfach die bessere Geschichte ist). Ich kann noch nicht mal mit Tony darüber reden– am Sonntag habe ich versucht, bei ihm zu Hause anzurufen, aber seine Mutter hat nur irgendwas vom Einfluss des Teufels gemurmelt, was ich doch etwas übertrieben fand, und dann sofort aufgelegt.
» Findest du, dass ich ein Abgesandter des Teufels bin?«, frage ich Lyssa Ling, als sie mich über den neuesten Stand der Wettquoten in Kenntnis setzt und mir die Liste meines Planungskomitees für den Ball der Lustigen Witwe aushändigt.
» Ich möchte stark hoffen, dass ein teuflischer Verführer attraktiver ist als du«, zischt sie zurück.
Bevor ich das als Beleidigung auffassen kann, blicke ich auf die Liste… und muss schlucken.
» Ähm, Lyssa? Da stehen Trilby Pope und Infinite Darlene auf meiner Liste?«
» Ja und? Hängt schon alles öffentlich so aus. Da ist nichts mehr dran zu rütteln.«
» Aber du begreifst nicht, was das bedeutet. Die beiden HASSEN SICH BIS AUFS BLUT. Die können einfach nicht zusammen in meinem Komitee sein.«
» Sie wollten beide bei der Ausstattung mitmachen und ich werde da niemand bevorzugen. Sie müssen sich eben damit arrangieren. Und du auch.«
Sagt sie, drückt sich das Klemmbrett wieder an die Brust und geht davon.
Ich bin extra früher in die Schule gekommen, um irgendwo noch Noah aufzutreiben, bevor der Unterricht anfängt, und von ihm zu erfahren, wie sein Wochenende war. Aber bevor ich ihn finde, treibt Kyle mich auf.
» Wir müssen miteinander reden«, fleht er mich an.
» Wie wär’s nach der Schule?«, sage ich.
» Nein. Jetzt sofort.«
Während er mich in die Besenkammer des Hausmeisters zerrt, spüre ich die Augen aller, die um diese Zeit schon da sind, auf mich gerichtet. Es ist, als
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