Nobels Testament
zu klingen. »Sollen wir schöne Blumen pflanzen, was meint ihr?«
Beide Kinder ließen ihre Spielsachen fallen und liefen zu ihr hin, umklammerten ihre Beine.
»Ich hab dich lieb, Mama«, sagte Ellen und umarmte Annikas Oberschenkel.
Annika hockte sich hin und nahm die beiden in den Arm.
»Und ihr seid das Beste, was es gibt«, flüsterte sie, und der Druck in ihrer Brust wuchs weiter. Sie wiegte sie, schaukelte sie, liebte sie.
Ließ sie los, richtete sich auf und räusperte sich.
»Nehmt eure Schaufeln mit, und dann fangen wir an zu graben.«
Sie holte sich ebenfalls einen Spaten aus dem Keller und ging mit den Kindern hinüber zum Loch in der Hecke, durch das Wilhelm Hopkins immer mit seinem Auto rein- und rausfuhr. Der Mercedes stand nur einen Meter von ihrer Grundstücksgrenze entfernt geparkt.
»Hier«, sagte sie. »Hier legen wir ein richtig schönes Blumenbeet an.«
Mit den Kindern um die Füße schaufelte sie rasch einen drei Meter langen Streifen des zerfahrenen Rasens weg und schichtete die Grasbüschel zu einem Schutzwall gegen den Nachbarn auf.
»So, das hätten wir erst mal«, sagte sie. »Jetzt gehen wir Blumen kaufen.«
Die Kinder schossen zum Auto und kletterten auf den Rücksitz. Sie schloss die Haustür ab, legte den Schlüssel in einen Stiefel, damit Thomas wieder hineinkam, sprang in den Wagen und fuhr zum Gartencenter Hortus nach Mörby.
Die Gärtnerei war sehr voll, sie bat die Kinder, dicht bei ihr zu bleiben. Zur Belohnung durften sie viele der Sommerblumen, die in ihrem Beet wachsen und gedeihen sollten, selbst aussuchen.
Ellen entschied sich für Stiefmütterchen und Sommerphlox, Kalle mochte Margeriten und Fleißige Lieschen. Annika nahm noch Studentenblumen in allen Formen und Größen dazu. Zu Hause in Hälleforsnäs hatte ihre Großmutter immer Studentenblumen in Kästen auf der Fensterbank gezüchtet und sie beim ersten Anzeichen von Frühling draußen in Lyckebo gepflanzt. Mithilfe eines jungen Angestellten verfrachtete sie drei 50-Kilo-Säcke Pflanzenerde in den Kofferraum des Jeeps, und dann waren sie fertig.
Als sie zu Hause ankamen, hatten die Kinder genug vom Blumenabenteuer. Sie rannten zum Vulkan und gruben weiter mit ihrem Spidermantraktor. Annika hievte die Pflanzenerde aus dem Wagen und schleifte sie zu dem Beet, das sie ausgehoben hatte.
»Du hättest ja Bescheid sagen können, dass du wegfährst«, sagte Thomas hinter ihr. Sie schreckte hoch und ließ den Sack fallen.
Er saß auf der Terrasse und las die Zeitung.
»Ich habe dir den Schlüssel in den Stiefel an der Haustür getan«, sagte sie, beugte sich hinunter und griff erneut nach dem Sack.
Thomas erhob sich und ging ums Haus.
Jetzt hilft er mir, dachte sie. Gleich kommt er mit der restlichen Erde wieder.
Sie schnitt das Plastik auf und schüttete den schwarzen Humus in das Beet, dann sah sie hinüber zur Hausecke, um die Thomas verschwunden war.
Es wird ihm gefallen, dass ich mich bemühe, dachte sie. Das Haus und das Grundstück sind unser gemeinsames Projekt, zusammen machen wir aus dem Garten einen Ort der Zuflucht, einen Platz zum Ausruhen und Krafttanken.
Aber Thomas kam nicht. Stattdessen sah sie ihn in der Küche umhergehen, er hantierte am Wasserhahn herum und telefonierte auf seinem Handy.
Aus unerfindlichen Gründen stimmte sie dieser Anblick traurig. Die Enttäuschung legte sich wie eine Schlinge um ihren Hals, sodass ihr das Atmen schwerfiel.
Nichts, was sie tat, war etwas wert. Ihre Bemühungen reichten nie aus.
»He, hallo«, rief Ebba von der Straße herüber. »Pflanzt du?«
Annika drehte sich um und rang sich ein Lächeln ab. Sie rammte den Spaten in die Erde und ging hinüber zum Zaun. Francesco bellte fröhlich und wedelte mit dem Schwanz, als er sie sah.
»Hallo, Wauwau«, sagte Annika und beugte sich hinunter, um ihn zu streicheln. Schnell wischte sie sich über Augen und Nase.
»Wilhelm wird nicht gerade erfreut sein über die Lage deines Beets«, sagte Ebba und schaute zu den Erdhügeln hinüber.
»Dreimal darfst du raten, was Sinn und Zweck der Übung ist«, sagte Annika. »Möchtest du eine Tasse Kaffee oder eine Kleinigkeit mit uns essen? Es gibt Omelette …«
»Danke«, sagte Ebba und machte ein paar unfreiwillige Schritte hinter dem Hund her, der in Richtung eines Eichhörnchens davonwollte. »Das ist total lieb, aber ich bin auf dem Weg ins KI, Francesco! Hierher!«
»Arbeitest du samstags?«, fragte Annika und bemühte sich um einen unbeschwerten
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