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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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die Festplatte in ihre Handtasche und nahm den Autoschlüssel vom Bord im Flur. Auf die Fingerabdrücke konnte sie scheißen, diese Zeiten waren vorbei.
    Sie zog die Tür hinter sich zu, ohne sich umzublicken, niemals durfte man sich umsehen, immer nur nach vorn blicken, weiter, auf die nächste Station konzentriert.
    Bengtzon, Annika, Stockholm, Schweden.
    Annika wachte davon auf, dass ihr die Sonne ins Gesicht knallte. Sie hatte so geschwitzt, dass ihr das Haar an Hals und Rücken klebte. Mit geschlossenen Augen blieb sie noch einige Minuten liegen und horchte auf Geräusche von draußen. Irgendwo spielte ein Radio, lautes Gemurmel von P1, eine Zeitung raschelte, Kindergeschrei, vermutlich ihre eigenen.
    Sie sollte aufstehen.
    Sie musste sich zusammenreißen.
    Sie musste zu Ikea fahren und ein anständiges Rollo kaufen.
    Unter Aufbietung aller Kräfte verließ sie das Bett und ging ins Bad. Unten pfiff Thomas, der Klang schrillte in ihrem Kopf.
    Wochenende, ein Wochenende, an dem sie sich miteinander beschäftigen mussten, ohne sich hinter ihrer Arbeit verstecken zu können.
    Sie zog ihre Jeans und einen Kapuzenpulli an und ging hinunter in die Küche.
    »Guten Morgen«, sagte Thomas, ohne von seiner Zeitung aufzublicken. »Ich habe Kaffee gemacht.«
    Sie trat an die Anrichte und goss sich einen großen Becher ein.
    »Ich weiß nicht, was wir mit Wilhelm Hopkins machen sollen«, sagte sie. »Wenn er nicht aufhört, mein Grundstück als seinen privaten Hinterhof zu benutzen, begehe ich irgendwann noch eine große Dummheit.«
    »Dann ist es jetzt also
dein
Grundstück. Ich dachte, wir leben hier alle zusammen«, sagte Thomas und blätterte in der Zeitung, noch immer, ohne den Blick zu heben. Er trug einen Jogginganzug und Sportschuhe.
    Annika setzte sich ihrem Mann gegenüber und legte die Hand über den Artikel, den er las.
    »Er darf nicht länger eine Abkürzung über
unser
Grundstück nehmen, wenn er mit dem Auto wegfährt, das ist doch eine Anmaßung.«
    Thomas zog die Zeitung weg und hielt sie vor sein Gesicht.
    »Zum Essen am Montagabend kommen sechs Leute«, sagte er.
    »Larsson und Althin mit ihren Frauen, dann noch Cramne und Halenius.«
    »Und dann noch unseren Rasen umzugraben, wegen einer Mittsommerfeier, das ist doch wirklich irre«, sagte Annika.
    Thomas blätterte um.
    »Man muss ja auch ein bisschen Verständnis haben«, sagte er. »Ihm geht es um eine alte Tradition, früher hatten die Anwohner das Recht, die Wiese zu benutzen. Da ist es doch natürlich, dass sie sich aufregen, wenn sie das nicht mehr können. Was hast du für ein Essen geplant?«
    »Fischsuppe«, sagte Annika zum
Svenska Dagbladet.
»Aber die Gemeinde hat die Wiese verkauft, wir wohnen jetzt hier, und die Nachbarn dürfen nicht einfach so auf unserem Grundstück herumspringen.«
    Thomas ließ die Zeitung sinken, faltete sie zusammen und sah sie endlich an.
    »Man muss ein bisschen geschmeidig sein, wenn man in einer Villa wohnt«, sagte er und erhob sich.
    An der Tür hielt er inne.
    »Mama hat angerufen. Sie kommt heute Nachmittag mal vorbei, um zu sehen, wie wir uns eingerichtet haben.«
    »Klar«, sagte Annika und blickte in ihren Becher.
    Damit sie feststellen kann, dass wir nicht im
richtigen
Djursholm wohnen, und uns darauf hinweist, dass man das Meer nur von der oberen Etage aus sieht, dachte sie.
    Thomas ging hinaus und schloss die Tür hinter sich. Sie stellte den Kaffee ab und trat ans Fenster, sah ihn durch die Pforte hinauslaufen, den Vinterviksvägen entlang, mit ruhigen, kurzen, entspannten Schritten, er rollte die Schultern. Sie sah ihn im Grünen Richtung Ufer verschwinden, und der Druck in ihrer Brust wuchs: O Gott, warum war er so weit weg?
    Sie ging zur Anrichte, stellte das Frühstücksgeschirr zusammen und belud die Spülmaschine. Wischte sauber, wischte trocken.
    Sie musste sich zusammenreißen. Musste etwas unternehmen.
    Am Wasserhahn in der Küche wusch sie sich das Gesicht, trocknete sich mit einem Küchenhandtuch ab und ging hinaus zu den Kindern. Sie spielten mit Lastwagen und Schäufelchen in der Grube, die Wilhelm Hopkins gegraben hatte.
    »Guck mal, Mama«, rief Kalle, als er sie entdeckte. »Wir haben einen Vulkan! Der spuckt Feuer, aber Spiderman stoppt ihn, wuuummm …«
    Ein Plastikbagger in der Hand des Jungen hielt als fliegender Held her, Ellen nahm einen Trecker und folgte dem Beispiel des Bruders, wuuummm, wuuummm.
    »Wollt ihr noch ein bisschen graben?«, fragte sie und versuchte fröhlich

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