Nobels Testament
etwas ziemlich Kryptisches gesagt. ›Nur, dass du Bescheid weißt‹, hat sie gesagt, ›wenn mir etwas passiert, dann habe ich alles in meinem Archiv. Ich habe alles aufgeschrieben.‹«
»Und was stand da?«, fragte Annika.
»Genau da liegt das Problem«, sagte Birgitta Larsén. »Ich habe der Polizei mitgeteilt, dass Caro sich bedroht fühlte und dass sie Dokumente darüber in ihrem Archiv aufbewahrte. Aber wir haben das Archiv nie gefunden. Ich habe gesucht, die Polizei hat gesucht, ihr Knut hat gesucht, aber irgendwelche Papiere, die einen Hinweis darauf enthielten, wovor sie sich fürchtete, haben wir nicht gefunden.«
»Haben Sie der Polizei gesagt, dass Caroline sich ihren großen Forschungsdurchbruch erpfuscht hat?«
Die Professorin warf den Kopf in den Nacken.
»Ich finde nicht, dass man es zwangsläufig so ausdrücken muss.«
»Aber Sie haben es nicht verraten.«
»Nein, ich habe das nicht für nötig gehalten.«
Annika betrachtete die rundliche kleine Frau mit den energischen Bewegungen. Da war noch etwas, das sie nicht preisgeben wollte.
»Welche von den Teilnehmern am Samstag kannten Caroline schon Mitte der Achtziger?«, wollte Annika wissen.
Birgitta Larsén hob die Brauen und überlegte einen Augenblick.
»Die Hälfte vielleicht. Warum?«
Annika sah auf die Uhr.
»Ich muss einen Artikel über Lars-Henry Svensson schreiben«, sagte sie. »Kann ich Sie im Zusammenhang mit seinem Tod zitieren? Gibt es etwas, das Sie als Kollegin sagen möchten?«
»Er war ein richtiges Schlitzohr«, sagte Birgitta Larsén. »Wenn er nicht gestorben wäre, hätten wir ihn auf andere Weise loswerden müssen.«
Annika nickte nachdenklich.
»Das werde ich vielleicht nicht unbedingt zitieren«, sagte sie. »Warum meinten Sie übrigens, dass Sie sich nach Carolines Tod mehr um ihn hätten kümmern müssen?«
Birgitta Larsén erhob sich.
»Caroline hat sich immer für Gott und die Welt verantwortlich gefühlt«, sagte sie. »Wenn es nicht Altred Nobel und sein Andenken waren, dann eben Lars-Henry Svensson und seine Karriere. Sie verstehen vielleicht, dass das mitunter ziemlich anstrengend sein konnte.«
Wo warst du gestern Abend?, schoss es Annika durch den Kopf. Und woher wusstest du, dass Ernst Ericsson gestorben war? Hatte Sören Hammarsten wirklich angerufen?
»Jetzt muss ich mich um meine armen toten Schätzchen kümmern«, sagte Birgitta Larsén.
Annika folgte ihr hinaus.
»Wer wusste eigentlich, welche Tiere Ihnen gehörten?«
Aber Birgitta Larsén hörte sie nicht mehr, sondern verschwand im Korridor.
Annika fuhr geradewegs nach Hause und schleppte ihren Computer ins Arbeitszimmer. Langsam wurde es lästig, ständig alles einzupacken, immer wieder Kabel anzuschließen und den richtigen Wirelesscort einzustellen, wenn man nur schnell Mails abrufen oder ein paar Notizen machen wollte.
Es war viel besser gewesen, in der Redaktion ein eigenes Büro und zu Hause einen Computer zu haben, das wurde ihr jetzt deutlich.
Nachdem sie alles ausgepackt und installiert hatte, rief sie Q an. Er ging nicht ans Telefon, deshalb mailte sie ihm die bescheidene Bitte, im Laufe des Tages mit ihm sprechen zu dürfen. In Anbetracht der Tatsache, dass sie sein Redeverbot übergangen hatte, hatte sie Verständnis dafür, auf seiner Liste nicht die oberste Priorität zu haben.
Schyman hatte sie am Vorabend noch zu ihren Beobachtungen auf Fågelbrolandet interviewt und anschließend einen Artikel geschrieben, den sie zurechtgebügelt hatte. Sie war gegen zwei nach Hause gekommen, und das spürte sie im ganzen Körper.
Wenn sie sich nun einen Moment auf dem Bett ausstreckte, ehe sie loslegte?
Sie brauchte nur noch eine Idee, über die sie ein wenig nachdenken konnte, während sie sich ausruhte.
Lars-Henry Svensson war nicht mächtig genug, um einen
So-war-Lars-Henry-
Artikel zu bringen. Er war einfach ein miesepetriger und verbitterter Durchschnittsprofessor, dem ein Nagel durchs Auge geschlagen worden war.
Als Thema war Leichenschändung durchaus interessant, aber wenn sie sich recht erinnerte, war erst neulich nach einem anderen Mordfall ein Artikel darüber im
Abendblatt
erschienen. Vielleicht konnte sie ihn ein bisschen abstauben, ein bisschen herumtelefonieren und so tun, als sei das Ganze brandneu.
Sie ging ins Netz, dann ins Artikelarchiv des
Abendblatts
und rief den Text auf. Patrik hatte ihn geschrieben, und es war erst drei Wochen her.
War vielleicht ein bisschen schwach, ihn so schnell
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