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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Präsident unaufgeklärt geblieben war, lag nicht zuletzt daran, dass der Fahndungsleiter ein Jahr lang in seinem Büro gesessen und verschiedenste Verschwörungstheorien über die PKK zusammengesponnen hatte, das war kein Geheimnis.
    »Und wie wahrscheinlich ist es, dass wir einen solchen Artikel unterbringen?«, fragte Berit müde. Annika wusste, dass ihre Frage berechtigt war. Die Zeitung würde in dieser Situation niemals einen derart polizeikritischen Artikel publizieren. Die Konsequenz wäre, dass die Polizei statt mit ihnen mit dem
Konkurrenten
Informationen austauschen würde.
    »Sehen wir uns in der Redaktion?«, fragte Annika.
    »Ich komme sicher später, bin gerade unterwegs zur Schicht. Arbeitest du am Wochenende?«
    »Darum hat mich niemand gebeten«, sagte Annika.
    »Gut. Halt dich fern«, sagte Berit und wollte schon auflegen.
    »Nur noch eins«, sagte Annika. »Warum sollte jemand Caroline von Behring umbringen wollen?«
    »Lass uns hoffen, dass die Front der Polizei breit genug ist, diese Frage ebenfalls abzudecken …«
    Nur eine Viertelstunde zu spät holte Annika Ellen von der Kita ab. Das Mädchen hatte am Nachmittag eine Weile geschlafen, was bedeutete, dass sie die halbe Nacht wach sein würde.
    Kalle ging in die Vorschule im Gebäude nebenan. Er sackte zu einem kleinen Häufchen zusammen, als er seine Jacke anziehen sollte.
    »Ich will sterben!«, brüllte er, und Annika musste die Tasche auf den Boden fallen lassen, sich auf das Schuhregal setzen und das Kind zu sich auf den Schoß ziehen.
    »Du bist doch mein lieber Junge«, flüsterte sie und wiegte ihn. »Du weißt doch, dass du das Wichtigste für mich bist. Hattest du einen schönen Tag?«
    »Alle sind blöd!«, schrie der Junge. »Alle sind blöd, und du bist am blödesten von allen, und ich will
sterben!
«
    Als Kalle zum ersten Mal auf ähnliche Weise seinem fehlenden Lebenswillen Ausdruck verliehen hatte, war Annika sprachlos vor Schreck gewesen. Das Gespräch mit einer Schwester bei der Mütterberatungsstelle hatte sie beruhigt: Sechsjährige durchleben eine Minipubertät mit Gefühlsüberschwang, die ziemlich dramatische Formen annehmen kann.
    Die vierjährige Ellen starrte ihren Bruder aus großen Augen an. Annika zog auch sie an sich.
    »Wollt ihr mit mir einkaufen gehen? Ihr dürft euch Chips und etwas Süßes aussuchen.«
    Kalle wischte sich die Tränen ab und wand sich wie ein Wurm.
    »
Ich
suche die Süßigkeiten aus!«, zeterte er. »Und ich will Limo haben!«
    Annika fing den Jungen wieder ein und hielt ihn entschlossen fest.
    »Du hörst jetzt auf zu schreien«, sagte sie eine Spur zu laut. »Du darfst dir etwas zu naschen aussuchen und Ellen für sich. Und es gibt heute keine Limo.«
    »Ich will Limo«, kreischte der Junge und riss sich los.
    »Kalle«, sagte Annika und zwang ihre Stimme zur Ruhe. »Kalle, du musst jetzt mal einen Gang runterschalten, sonst gibt es überhaupt keine Süßigkeiten. Haben wir uns verstanden? Weißt du noch, wie es letztes Mal war?«
    Kalle erstarrte in ihrem Arm, seine Augen weiteten und sein Atem beruhigte sich.
    »Ich habe nichts Süßes gekriegt«, sagte er, und seine Unterlippe begann zu beben.
    »Genau«, sagte Annika. »Aber heute bekommst du etwas Süßes, wenn du jetzt aufhörst, zu schreien und um Limo zu betteln. Okay?«
    Kalle nickte, und Annika konnte sich ihrer Tochter zuwenden.
    »Wie geht es dir denn, mein Schatz?«, fragte sie und küsste das Mädchen auf die Stirn.
    »Ich habe ein Bild für dich gemalt, Mama«, sagte sie und legte die Arme um Annikas Hals.
    »Da freue ich mich aber«, flüsterte Annika und spürte, wie ihr Tränen der Erschöpfung in die Augen stiegen.
    Sie kauften unter tumultartigen Umständen bei Konsum an der Ecke von Kungsholmsgatan und Scheelegatan ein. Ellen verlor ihre Bonbonschachtel, die prompt von einem Kinderwagen überfahren wurde, Kalle hatte einen weiteren kleinen Ausbruch wegen der nicht erlaubten Limonade.
    Als Annika die letzte Einkaufstüte aus dem Aufzug in den Flur schleppte, stand ihr der Schweiß auf der Stirn.
    »Macht den Fernseher an, da kommt gleich das Kinderprogramm«, rief sie Ellen und Kalle hinterher.
    Sie hängte ihre Schneeanzüge an den Haken und stellte die Stiefel unter dem Flurschrank zusammen, trug die Tüten in die Küche und packte sie rasch auf der Anrichte aus.
    Mist, sie hatte Salz vergessen.
    Sie schälte Kartoffeln, hackte Zwiebeln und schnitt Schweinefilet in Scheiben. Als die Kartoffeln kochten, dünstete sie

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