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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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die Zwiebeln glasig und legte sie in eine feuerfeste Form. Da sie kein Salz hatte, briet sie das Fleisch zusammen mit ein wenig Speck an, dann gab sie etwas Sahne in die Pfanne, um den Sud zu binden.
    Sie hatte gerade den Tisch gedeckt und Kerzen angezündet, als Thomas nach Hause kam.
    Mit wehendem Jackett kam er in die Küche und löste den Schlipsknoten.
    »Ich glaube, ich habe es schon halb in der Tasche«, sagte er und küsste Annika flüchtig aufs Haar. »Dieser Job ist wie für mich gemacht. Mein Lebenslauf ist perfekt, und meine persönlichen Kontakte im Ministerium sind unschlagbar. Gibt’s keinen Salat?«
    Er war am Tisch stehen geblieben und ließ prüfend seinen Blick über das Geschirr wandern.
    »Wir hatten doch ausgemacht, dass es zu jeder Mahlzeit Grünzeug gibt«, sagte er und drehte sich zu ihr um.
    »Natürlich«, sagte Annika.
    Mein Tag war auch total toll, dachte sie. Ich war am KI und habe mit der Kollegin eines Mordopfers gesprochen. Die Polizei ist gerade dabei, eine Gruppe deutscher Terroristen zu ergreifen, und ich habe Essen eingekauft und gekocht.
    Laut sagte sie: »Kannst du die Kinder holen, dann schnipple ich noch schnell einen Salat.«
    Sie trat an den Kühlschrank, und in ihrer Kehle brannten die Tränen.

Samstag, 12. Dezember
    Jemal Ali Ahmed wurde aus dem Schlaf gerissen und fand sich in ohrenbetäubendem Lärm und blendendem Licht wieder. Er wusste sofort, was geschehen war, sein gesamter Organismus kündete von diesem Wissen: Es war ein direkter Treffer. Der Krieg war gekommen, und sein Haus war im Begriff zu explodieren. Oder es war sein Elternhaus im Gebirge oberhalb von Al Azraq ash Shamali, wo er aufgewachsen war. Er hörte die Ziegen schreien und das Gebälk nachgeben.
    Die Kinder, dachte er und streckte die Hände dem brennenden Lichtschein entgegen, Herr, verschone meine Mädchen, beschütze meine Töchter …
    Er kämpfte sich auf die Beine und fiel Hals über Kopf von der Ausziehcouch auf den Boden, erst dann begriff er, wo er sich befand, gütiger Himmel, er war ja in seiner Wohnung.
    Vor Überraschung lockerte die Panik für einen Augenblick ihren Griff um sein Herz, was ging in seinem Zuhause vor sich? Und wo war seine Frau?
    »Fatima«, rief er, aber der Rauch erstickte seine Stimme.
    Er war umgeben von einem grauenvoll blendenden Licht, das sämtliche Sinneswahrnehmungen verätzte. Der tosende Lärm ging in Wellen durch den Raum und wollte kein Ende nehmen, es stach in seiner Nase, und seine Augen liefen.
    »Jemal«, schrie seine Frau irgendwo links von ihm. »Es brennt, es brennt!«
    Das hier ist kein Brand, dachte er. Das ist etwas anderes.
    »Jemal«, schrie sie, ihre Stimme war angstgeschwängert.
    »Dilan, Sabrina! Die Mädchen, Jemal, rette die Mädchen …«
    Er blinzelte in das schreckliche Licht und kroch auf Knien in Pyjamahosen in Richtung der Wohnzimmertür. Was auch immer hier passierte, er musste die Mädchen hinausbekommen, wenn er nur nicht zu spät kam! Sich zu bewegen war so mühsam wie in einem Albtraum. Er versuchte nach seinen Töchtern zu rufen, aber sein Hals schmerzte so, dass er keinen Laut von sich geben konnte. Er begann zu weinen und streckte sich nach dem Türrahmen, um sich abzustützen.
    »Sabrina«, rief er. »Papa kommt gleich.« Und im nächsten Moment entdeckte er, dass es kein Türrahmen war, lediglich eine schwarze, gesichtslose Gestalt mit einem Maschinengewehr, das auf ihn gerichtet war, und er schrie, er brüllte, bis er merkte, dass seine Körperfunktionen aussetzten und sich sein Darminhalt in seine Pyjamahose ergoss.
    Thomas hielt die Sportbeilage der Morgenzeitung demonstrativ aufgeschlagen, wie ein Schild gegen seine Umwelt. Die Kinder zankten sich um ein Butterbrot. Annika versuchte die Nachrichtenseite zu lesen, gab aber auf, als Ellen ihren Kakao über den halben Küchenboden verschüttete.
    »Wisst ihr, was?«, sagte Annika. »Ihr wischt das jetzt zusammen auf, und dann wascht ihr euch und zieht euch an.«
    »Warum denn
ich?
«
,
sagte Kalle. »Sie ist schuld!«
    »Papier«, sagte Annika und reichte ihm ein Blatt Küchenrolle. »Aufwischen. Ellen, hier ist das Papier. Aufwischen.«
    »Denkst du dran, dass heute Abend das Glöggtrinken stattfindet?«, sagte Thomas hinter seiner Zeitung.
    Die Kinder putzten und warfen das Papier in den Mülleimer, Annika nahm ihre Schnitte, eine Tasse Kaffee und die Morgenzeitung und setzte sich ins Wohnzimmer. Sie breitete die Zeitung auf dem Sofatisch aus und schaltete den

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