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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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»Du musst dir keine Sorgen machen. Ich habe mich entschieden, ich fasse selbst einen Entschluss, dann muss ich nicht auf die Falle warten.«
    »Ich finde trotzdem, dass du versuchen solltest, so viel Geld wie möglich rauszuholen«, sagte Berit.
    Annika umfasste den Griff ihrer Handtasche fest.
    Das Kätzchen schloss die Wohnungstür auf, verharrte und lauschte einen Augenblick auf die Geräusche. Gegenüber brauste die Autobahn, das Warnsignal eines rückwärtsfahrenden LKWs war zu hören, ein paar lachende Kinder, die im Pool planschten.
    Alles in normalen Parametern.
    Sie öffnete die Tür und betrat den Marmorflur.
    Dieser Schuppen war einer ihrer liebsten.
    Sie seufzte wollüstig und ließ den kleinen Kabinenkoffer auf den Boden plumpsen.
    Das Apartment war völlig in Weiß gehalten. Weißer Marmorboden, weiße Wände, weiße Südterrasse mit dem Mittelmeer im Hintergrund. Die Möbel waren weiß oder hellbeige – sie wollte sich ausruhen, wenn sie freihatte.
    Diese war eine von vier Wohnungen an der spanischen Costa del Sol, die sie in verschiedenen Wohnungsgesellschaften besaß. Wenn sie nicht zum Arbeiten oder Auskundschaften unterwegs war, wechselte sie zwischen ihnen ab. Dreimal jährlich ließ sie die Apartments durch eine Vermittlungsfirma vermieten, einfach, damit die Nachbarn nicht mehr wussten, wer der Besitzer war, und keine Versuche machten, den Kontakt zu vertiefen.
    Nicht dass jemand ernsthaft versucht hätte, sie kennenzulernen.
    Die Costa del Sol war für ihre Zwecke wie geschaffen.
    Menschen aus der ganzen Welt drängten sich unten im Hafen Puerto Banús und in den kleinen Gassen rund um die Plaza de los Naranjos, sie war also nicht gezwungen, sich anzupassen. Sie konnte kommen und gehen, ohne dass sich jemand wunderte. Entlang der Küste standen Zehntausende Wohnungen leer und warteten darauf, dass ihre reichen Besitzer aus Nordeuropa sich herbequemten, um sich ein bisschen zu sonnen oder zu golfen. In eilig hochgezogenen Wohnblocks wie diesem hier kümmerte sich niemand darum, wer was machte.
    Sie gab sich im Zweifelsfall als Versicherungsmaklerin aus, ihren Nachforschungen zufolge die beste Wahl im Hinblick auf die Nachbarn. Die wenigen Male, die sie ihren Beruf genannt hatte, waren die Leute sofort auf Abstand gegangen, aus Angst, noch weitere unnötige Versicherungen aufgeschwatzt zu bekommen.
    Ein weiterer Vorteil an dieser Gegend war die Verkehrsanbindung und die geografische Lage. Malaga war ein kleiner Regionalflughafen mit Direktflügen in alle größeren Städte auf der nördlichen Halbkugel. Mit dem Schiff dauerte es eine halbe Stunde nach Afrika (an klaren Tagen konnte sie aus ihrem Schlafzimmer das Atlasgebirge sehen), zwei Stunden mit dem Auto nach Portugal und eine Dreiviertelstunde ins britische Gibraltar.
    Sie hatte fast nie Heimweh.
    Ihre Mutter bohrte immer, dass sie zu Thanksgiving nach Hause kommen und mit ihnen Truthahn essen sollte, aber sie umging die USA so lange wie möglich. Natürlich kamen Passkontrollen mit Fingerabdruck und Foto nicht mehr infrage, und das nicht erst, seit sie am Nordpol diesen verdammten Schuh verloren hatte. Seit vielen Jahren nahm sie den Seeweg, um in ihr Heimatland ein- und auszureisen, normalerweise von Toronto aus über den Lake Ontario bis in die Wälder von Buffalo. Von dort aus war es nicht mehr weit nach Hause zu Mamas Familienbesitz außerhalb Bostons.
    Sie wusste, dass sie ihre Mutter unablässig traurig machte, aber damit musste die Alte leben. Ihre Geschwister waren umso angepasster, der Bruder Hirnchirurg und die kleine Schwester Opernsängerin.
Opernsängerin?!
    Was für ein beschissener Beruf war das denn eigentlich?, dachte das Kätzchen und kicherte laut.
    Sie ließ den Kabinenkoffer im Flur liegen und fuhr erst einmal die elektrischen Jalousien im Schlafzimmer hoch. Wie unglaublich gut es tat, von diesem elend schrecklichen Nordpol wegzukommen. Kein Wunder, dass so viele von denen im Winter hier unten rumhängen, dachte sie.
    Sie betrat die Terrasse vor dem Schlafzimmer, rundum zufrieden mit der endgültigen Entscheidung, die sie auf dem Rückweg getroffen hatte: nie wieder. Nicht auch nur noch einen einzigen Job da oben im ewigen Eis. Der Auftraggeber war zudem ein echter Loser, mit solchen Leuten wollte sie nicht arbeiten. Es könnte gefährlich werden, auch wenn nur der Agent wusste, wer sie war und wie man sie erreichte.
    Eine ganze Minute lang genoss sie die Aussicht, den tiefblauen Himmel, sog den Duft von Eukalyptus

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