Nobels Testament
und Gardenien ein. Die Bougainvillea rankte sich knallrosa um das Terrassengeländer, der Jackarandabaum hatte seine kleinen Blüten über den Tennisplatz verteilt.
Sie seufzte zufrieden, es fühlte sich verdammt gut an, ein bisschen zu sich zu kommen.
Summend ging sie zurück in den Flur, trallala, holte ihren Computer aus der Tasche, schaltete ihn ein und öffnete das Chatprogramm
Happy Housewifes.
Sie erstarrte am ganzen Körper, als sie die Mitteilung ihres Agenten entdeckte.
Verdammter Mist, da war doch nicht noch etwas schiefgegangen?
Aber nein.
Der Auttraggeber war sehr zufrieden und hatte ihr einen weiteren Job anzubieten.
Sie lachte auf, das war so verdammt typisch. War man erst auf den Geschmack in ihrem Business gekommen, machte es schnell süchtig. Gut für sie, an und für sich, aber dieses Mal nicht.
»
Never in hell
«
,
sagte sie und loggte sich aus.
Sie war Profi, und wenn bei einem ihrer Aufträge etwas schiefging, machte sie selbstverständlich hinter sich sauber, das fehlte ja noch. Wie zum Beispiel die Sache mit der Quasselstrippe im Gefrierschrank. Wirklich eine traurige Angelegenheit, aber im Nachhinein betrachtet ziemlich elegant gelöst. Sie hatte dem Typ Zeit gelassen, über seine Sünden nachzudenken und ein bisschen zu bereuen, gleichzeitig sah alles wie ein schreckliches Unglück aus.
Das Kätzchen zog die Schuhe aus und ging hinaus in die Sonne.
Der Loser sollte sich jemand anderen suchen, oder warum kümmerte er sich nicht gleich selbst um seinen Scheiß?
Annika schluckte und hielt ihre Handtasche so fest, dass der Henkel ganz feucht von Schweiß wurde.
Obwohl sie sich entschieden hatte, war die Situation viel unangenehmer als erwartet.
Sie konnte ihr Schicksal nicht in die Hände eines machtbesessenen Chefredakteurs legen, der Spielball einer diktatorischen Kapitalistendirektion war. Sie musste sich entscheiden, wie sie ihre Zeit nutzen wollte, und diese Entscheidung würde sie nicht leichtfertig fällen.
Die Kinder waren das Wichtigste, ganz klar, und Thomas. Um keinen von den dreien kümmerte sie sich besonders gut. Aber wenn es ihr gelingen sollte, brauchte sie noch ein wenig mehr als Haus und Rasen, sie musste etwas finden, für das sie sich engagieren konnte.
Und es wäre schlicht und ergreifend dumm, Geld zu verschenken. Es gab keinen Grund, das
Abendblatt
ohne eine satte Abfindung zu verlassen.
Mindestens zwei Jahre, dachte sie. Besser noch drei. Und ich will den Computer behalten. Letzteres würde sicher kein Problem sein, ihr PC war uralt.
Endlich schob der Chefredakteur die Tür zu seinem neuen kleinen Kabuff hinter der Kulturredaktion auf.
»Kommen Sie rein«, sagte Anders Schyman. »Es ist ein wenig eng, aber Sie können meinen Stuhl nehmen. Ich setze mich auf den Schreibtisch.«
Er machte hinter ihr zu.
»Wie finden Sie es?«, fragte er und versuchte jovial zu klingen. »Hier hat sich eine Menge verändert, nicht wahr?«
»Kaum wiederzuerkennen«, murmelte Annika mit trockenem Mund.
»Möchten Sie etwas trinken? Kaffee, Wasser?«
»Nein, nein«, beeilte Annika sich zu sagen.
Sie sank auf den Bürostuhl ihres Chefs.
Schyman setzte sich auf ein paar Ausdrucke, die auf dem Tisch verstreut lagen, faltete die Hände um sein Knie und sah sie an.
»Ich habe nachgedacht«, sagte Annika und holte tief Luft. »Ich habe sogar sehr viel nachgedacht. Über meine Arbeit, über meine Zukunft hier bei der Zeitung, darüber, was ich mit meiner Zukunft anfangen will.«
Anders Schyman setzte sich ein wenig bequemer hin und betrachtete sie aufmerksam.
»Aha«, sagte er. »Und zu welchem Schluss sind Sie gekommen?«
»Man sollte seine Ambitionen ernst nehmen«, sagte Annika. »Ich glaube nicht, dass man sie je zu ihrem wahren Wert verkaufen kann. Ich habe eine Nachbarin …«
Sie verstummte, biss sich auf die Lippen.
»Mein Job ist mir unglaublich wichtig«, sagte sie. »Vielleicht nicht mal die Stellung, sondern das, was ich mit meiner Zeit anfange. Wofür ich mich einsetze, das ist wichtig. Aber um das tun zu können, braucht man Geld, wenn man keinen Job hat …«
Sie schwieg und räusperte sich, Schyman sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Ich meine, Geld ist nur Geld, aber man muss ja auch leben, und Geld ist nun einmal ausschlaggebend dafür, wie sich unser Dasein gestaltet. Für Geld tun Menschen ja fast alles.«
Der Chefredakteur nickte nachdenklich.
»Das stimmt«, sagte er.
»Ich bin nicht habsüchtig geworden«, sagte sie, »das ist es
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