Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
den Brunnen. Sie hörten, wie er tief unten ins Wasser fiel. »Wer hat ihn gegraben?«
    »Die Bakufu, hat man mir gesagt; als die Niederlassung gebaut wurde.«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Einer der Diener – welcher, habe ich vergessen, aber er hatte sie gesehen…« Alle blickten zur Hauptstraße hinüber, wo zornige Stimmen ertönten. »Ich muß zurück…« Damit verschwand sie.
    Unsicher spähten sie hinab. »Wenn die Bakufu ihn gebaut haben, Ori, könnte er eine Falle sein – für Leute wie uns.«
    Von einem der nahen Häuser klangen Stimmen herüber, die auf englisch fluchten: »Was zum Teufel wollen Sie… verschwindet!«
    Ori schob sich das Langschwert in den Gürtel. Unbeholfen glitt er über den Rand und begann hinabzusteigen. Hiraga folgte und rückte den Deckel zurecht.
    Die Finsternis wirkte schwärzer als schwarz; dann trafen Oris Füße wieder auf Erdboden. »Vorsicht, ich glaube, hier ist ein Vorsprung.«
    Hiraga tastete sich bis zu ihm hinab. In seiner Ärmeltasche hatte er Sicherheitsstreichhölzer, von denen er eins anriß.
    »Eeee«, sagte Ori aufgeregt, »woher hast du denn die?«
    »Die gibt es in der Gesandtschaft; diese Hunde sind so reich, daß sie sie überall rumliegen lassen. Taira hat gesagt, ich soll mir einfach welche nehmen. Sieh nur!« Im Licht des Streichholzes erkannten sie den Eingang des Tunnels. Er war trocken und mannshoch. Der Brunnen war bis drei Meter unter ihnen mit Wasser gefüllt. In einer Nische lag eine alte Kerze. Um sie in Brand zu setzen, verbrauchte Hiraga drei Streichhölzer. »Komm.«
    Der Tunnel führte schräg abwärts. Nach fünfzig Schritten wurde er naß, auf dem Boden bildeten sich Pfützen. Stinkendes Wasser rann an den unzulänglich verschalten Seiten herab, das Holz war verrottet. Während sie weitergingen, wurde die Luft immer stickiger, das Atmen schwieriger. »Wir können hier warten, Ori.«
    »Nein, wir gehen weiter.«
    Sie schwitzten – teils aus Angst, teils vor Sauerstoffmangel. Die Flamme flackerte und erlosch. Fluchend setzte Hiraga die Kerze wieder in Brand und schützte die Flamme mit der Hand; weder vom Docht noch von der Kerze war viel übriggeblieben. Er watete weiter; der Wasserspiegel stieg. Noch immer senkte sich die Decke tiefer; das Wasser reichte ihnen inzwischen bis zur Hüfte. Ori rutschte aus, fand aber wieder Halt. Weitere zwanzig bis dreißig Schritt. Das Wasser stieg noch immer. Stieg ihnen bis an die Taille, während die Decke knapp über ihren Köpfen hing. Weiter. Die Kerze wurde schwächer. Weiter.
    Fluchend beobachtete Hiraga die Kerze. »Wir sollten umkehren und im trockenen Teil warten.«
    »Nein, wir gehen weiter, bis die Kerze erlischt.«
    Vor ihnen zog sich der Tunnel in die Finsternis hinein, und die Decke hing nicht weit über dem Wasser. Von Übelkeit gepackt, watete Hiraga auf dem schlüpfrigen Boden weiter. Und weiter. Die Decke war knapp über seinem Kopf. Noch weiter. Dann begann sich die Decke allmählich zu heben. »Das Wasser sinkt«, sagte er, krank vor Erleichterung. Er watete schneller, der Schlamm wich zurück. Um eine Biegung, die Decke noch höher. Weiter. Unmittelbar bevor die Kerze flackerte und erlosch, sahen sie trockenen Boden und das Ende des Tunnels, von dem ein Schacht nach oben, ein anderer nach unten führte.
    Ohne etwas sehen zu können, tastete sich Hiraga weiter. »Ich bin am Rand, Ori. Hör zu. Ich werde einen Stein hineinwerfen.« Es dauerte endlose Sekunden, bis der Stein aufschlug. »Eeee, da muß es dreißig Meter oder noch weiter hinuntergehen.« Sein Magen drehte sich.
    »Reiß noch ein Streichholz an.«
    »Ich habe nur noch drei.« Hiraga riß eins an. Sie sahen die rostigen, unsicheren Sprossen, die nach oben führten, sonst nichts. »Woher wußtest du, daß Raiko von diesem Tunnel wußte?«
    »Nur so ein Gedanke. Es mußte einen Tunnel geben – ich an ihrer Stelle hätte jedenfalls einen gebaut.« Oris Stimme klang heiser; er atmete schwer. »Sie könnten aber da oben lauern, im Hinterhalt. Dann werden sie uns zurückstoßen, oder wir müssen springen.«
    »Richtig.«
    »Beeil dich! Ich hasse es hier unten. Nun klettere schon!«
    Ebenso von Unbehagen erfüllt, lockerte Hiraga das Langschwert in seinem Gürtel. Ori wich nervös zurück, packte den Schwertgriff. Unvermittelt standen die beiden Männer einander gegenüber; sie waren zwar fast in Sicherheit, aber noch war das Problem zwischen ihnen nicht gelöst.
    Das Streichholz zischte und erlosch.
    In der Schwärze vermochten

Weitere Kostenlose Bücher