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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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darüber und über Ori nach. Sehr gründlich. Eiskalt. Dann entschied er abermals: »ICH VERBIETE ES.«
    Die Endgültigkeit seiner Worte überwältigte Ori. Zum zweitenmal innerhalb weniger Tage. Und jedesmal ihretwegen!
    Es war ganz still im Zimmer. Beide blieben gelassen. Draußen hörten sie den Wind. Er hatte ein wenig nachgelassen. Von Zeit zu Zeit heulte er auf und raschelte am Ölpapier. Innerlich kochend trank Ori einen Schluck; er blieb hart, ließ es sich aber nicht anmerken. Wenn seine beiden Arme wieder so stark wären wie früher, wenn er selbst wieder so beweglich wäre wie früher, würde er jetzt zum Sprung nach seinem Schwert ansetzen, um den Angriff abzuwehren, der kommen würde, wenn er jetzt nicht nachgab.
    Macht nichts. Im direkten Kampf würde Hiraga ihm, selbst wenn er hundertprozentig einsatzfähig wäre, immer die erste Wunde schlagen. Also mußte er auf eine andere Art aus dem Weg geräumt werden.
    Fest entschlossen, dem neuen Feind, der sich ihm in den Weg stellen wollte, Paroli zu bieten, schwor sich Ori, das Schweigen nicht als erster zu brechen und damit das Gesicht zu verlieren. Die Spannung zwischen ihnen baute sich immer weiter auf. Innerhalb weniger Sekunden wurde sie unerträglich, erreichte einen Höhepunkt…
    Eilige Schritte. Die Shoji-Tür wurde zurückgeschoben. Raiko war kalkweiß. »Bakufu-Häscherpatrouillen sind auf der Brücke und am Tor. Ihr müßt fort. Schnell!«
    Beide waren entsetzt, alles war vergessen. Sie stürzten sich auf ihre Schwerter. »Werden sie in die Yoshiwara kommen?« erkundigte sich Ori.
    »Ja, zu zweit und zu dritt, das haben sie schon zuvor getan.« Ihre Stimme zitterte wie ihre Hände.
    »Gibt es einen sicheren Fluchtweg durch das Reisfeld?«
    »Überall und nirgends, Ori«, antwortete Hiraga an ihrer Stelle, denn er hatte das Feld gestern als eventuellen Fluchtweg überprüft. »Das Gelände ist flach, auf einen ri ohne Deckung. Wenn das Tor und die Brücke gesperrt sind, werden sie bestimmt auch dort sein.«
    »Und was ist mit dem Gai-Jin-Bezirk, Raiko?«
    »Der Niederlassung? Dahin gehen sie nicht. Ihr müßt…« Außer sich fuhr sie herum, und beide Männer zogen ihre Schwerter zur Hälfte heraus, als eine schreckensbleiche Dienerin herbeigelaufen kam. »Sie sind in der Gasse und durchsuchen jedes Haus«, wimmerte sie.
    »Du warnst die anderen.«
    Das Mädchen lief davon. Hiraga versuchte klar zu denken. »Wo ist dein sicheres Versteck, Raiko, dein geheimer Keller?«
    »Wir haben keinen.« Sie rang die Hände.
    »Irgendwo muß es aber einen geben.«
    Ori trat so unvermittelt auf sie zu, daß sie angstvoll zurück-schreckte. »Wo ist der Geheimgang in die Niederlassung? Schnell!«
    Raiko wurde fast ohnmächtig, als er sein Schwert fester packte, und obwohl sie nicht wirklich bedroht wurde, wußte sie doch, daß sie dem Tod nahe war. »Ich… In die Niederlassung? Ich… Ich bin nicht sicher, aber… aber vor Jahren habe ich… habe ich erfahren… Ich hatte es vergessen«, versicherte sie zitternd. »Ich bin nicht sicher, aber… bitte folgt mir lautlos.«
    Sie hielten sich dicht hinter ihr, drangen, ohne auf die Zweige zu achten, die ihnen den Weg versperrten, tief in die Büsche ein, während der Mond noch immer hoch zwischen den treibenden Wolken stand. Als sie einen verborgenen Teil des Zaunes zwischen ihrer Herberge und der benachbarten erreichten, drückte sie auf einen Knoten im Holz. Quietschend, weil die hölzernen Angeln seit langer Zeit nicht mehr benutzt worden waren, schwang ein Abschnitt des Zaunes auf.
    Sie durchquerten einen fremden Garten bis zum anderen Ende, betraten durch ein Tor einen weiteren Garten, gingen nach hinten, an dem niedrigen, feuersicheren Backsteinbau vorbei, der als Safe für Wertgegenstände diente, bis zu den Brunnen oder riesigen Zisternen, die zum Teil vom Regen, zum Teil von den Wasserkulis gefüllt wurden. Keuchend deutete Raiko auf den Holzdeckel eines Brunnens. »Ich glaube… Ich glaube, da ist es.«
    Hiraga schob den Deckel zur Seite. Grobe, rostige Eisenstäbe waren als Fuß- und Handstützen in die Lehmziegelwände getrieben; unten war kein Wasser zu sehen. Noch immer verängstigt flüsterte sie: »Mir wurde gesagt, daß er zu einem Tunnel führt… Ich bin nicht sicher, aber man hat mir gesagt, daß er unter dem Kanal hindurchführt. Wo er herauskommt, weiß ich nicht. Ich hatte den Brunnen ganz vergessen… Ich muß zurück…«
    »Warte!« Ori trat ihr in den Weg, nahm einen Stein und warf ihn in

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