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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Heute wird Akimoto kommen; wir könnten es wirklich sehr leicht schaffen.«
    »Das werden wir – sobald du wiederkommst. Wenn du jetzt hier bleibst, wirst du einen Fehler machen; die Frau hat dir den Kopf verdreht und dich zu einer Gefahr gemacht – für dich selbst, für deine Freunde und für sonno-joi.«
    »Und was ist mit dir, Hiraga? Die Gai-Jin haben dich umgedreht und dein Urteilsvermögen beeinträchtigt.«
    »Nein. Ich sage es dir zum letztenmal!«
    Ohne Rücksicht darauf, daß er Hiraga noch mehr provozierte, fuhr er auf: »Du hast gesehen, wie dieser Abschaum von Gai-Jin ist – besoffen und ekelerregend; sie prügeln sich wie die Tiere und wälzen sich im Dreck von Drunk Town. Sind das die Männer, von denen du mehr wissen willst?«
    »Geh!«
    Zornig hatte er sein Kurzschwert und die Derringer eingesteckt. Auf Raikos Vorschlag hatte er sich dem täglichen Strom der Diener zum Markt von Kanagawa angeschlossen, wo es den besten Saké und die besten Lebensmittel zu kaufen gab. Mit ihnen hatte er die Yoshiwara- und die Niederlassungssperre passiert, während die Häscherpatrouille zwischen den Wachtposten lauerte. Auf halbem Weg nach Kanagawa, mitten im dichtesten Verkehr, hatte er sich zur Küste geschlichen. Dort hatte er einen Fischer bestochen, ihn zum anderen Ende der Niederlassung, ganz in der Nähe von Drunk Town, zu rudern, wo er sich bis zur Abenddämmerung versteckte.
    Ich tue das Richtige, dachte er, während die leichte Meeresbrise die Nachtinsekten davonwehte. Die Frau ist die perfekte Zielscheibe für sonno-joi. Hiraga kann sagen, was er will, ich werde möglicherweise nie wieder die Chance haben, mich ihrem Bann zu entziehen, jawohl, ich stehe in ihrem Bann. Sie muß ein Kami sein, ein Geist, eine als Gai-Jin wiedergeborene Wolfsfrau; keine andere Frau könnte Jungfrau sein und unter Drogen stehen und trotzdem so bezaubernd wirken, keine andere könnte einen Mann explodieren lassen, wie ich explodiert bin, oder mich vor Begierde so wahnsinnig machen.
    Heute nacht werde ich sie zum zweitenmal beschlafen. Dann werde ich sie töten. Wenn ich entkomme, Karma. Wenn ich nicht entkomme, Karma. Aber sie wird von meiner Hand sterben.
    Der Schweiß rann ihm über Gesicht und Rücken. Wieder konzentrierte er sich und beobachtete sie durch den Spalt, so nah, daß er sie hätte berühren können, wenn die Wand nicht gewesen wäre. Nun drehte die Dienerin die Ölflamme herunter, so daß nur noch ein warmes Glühen blieb.
    »Nacht, Miss’ee.«
    »Nacht, Ah Soh.«
    Glücklich, endlich allein zu sein, kuschelte sich Angélique in die Kissen, bettete den Kopf bequem auf ihren Arm und sah zu, wie die Schatten der Flamme im Windzug tanzten. Vor Kanagawa hatte sie sich nie an der Dunkelheit gestört, war immer schnell eingeschlafen und erfrischt aufgewacht. Seit Kanagawa hatte sich das geändert. Nun bestand sie auf einem Nachtlicht. Der Schlaf kam nur langsam. Ihre Hände wanderten an ihre Brüste. Sind sie ein wenig voller als gestern, sind meine Brustwarzen empfindlicher? Ja, ja, das sind sie; nein, das bilde ich mir nur ein. Und mein Bauch? Ist er runder? Nein, kein Unterschied, und dennoch…
    Und dennoch besteht ein entscheidender Unterschied, und mindestens einmal am Tag frage ich mich, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird. Oder ein Teufel, der nach seinem Vergewaltiger-Vater schlägt. Nein, nein, kein Kind von mir könnte ein Teufel sein!
    Teufel. Da fällt mir ein, daß heute Freitag ist und ich am Sonntag zur Beichte gehen muß. Die Worte werden nicht leichter. Jetzt habe ich die Beichte hassen gelernt, und ich verabscheue Vater Leo, ein so fetter, ungehobelter, nach Tabak stinkender, geiler alter Mann! Er erinnert mich an Tante Emmas Beichtvater in Paris – den uralten Schotten, der nach Whisky stank und dessen Französisch ebenso schmutzig war wie seine Soutane. Zu meinem Glück waren weder sie noch Onkel Michel Fanatiker, nur einfach ganz normale Sonntagskatholiken. Ich möchte wissen, wie es ihr geht, ihr und dem armen Onkel Michel. Morgen werde ich mit Malcolm sprechen…
    Der liebe, liebe Malcolm, er war so lieb heute abend, so stark und klug, und ach, wie habe ich ihn begehrt! Es ist so schön, daß ich mit ihm reden kann, ein Glück für mich, daß Tante Emma sich geweigert hat, Französisch zu lernen, und ich daher Englisch lernen mußte. Wie hat sie es nur geschafft, die ganzen Jahre ohne ein Wort Französisch in Paris zu überleben, und was hat Onkel Michel veranlaßt, sie zu heiraten und

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