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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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sein, daß sie so tat? Eeee, es wäre möglich, ihre Arme haben mich umfangen, ihre Beine haben mich umklammert, und ihr Körper bewegte sich, wie kein anderer sich je bewegt hat: Alle Kopfkissenpartnerinnen bewegen sich sinnlich, mit Stöhnen und Seufzen und zuweilen ein paar Tränen, aber jeder Kunde weiß, daß das nur auswendig gelernte Worte sind, die zur Ausbildung gehören und völlig bedeutungslos sind.
    Aber ob sie so tat oder nicht, spielt keine Rolle – vermutlich tat sie so, Frauen sind ja so hinterlistig. Es ist mir gleichgültig, ich hätte nicht wie ein tollwütiger Berserker an ihre Fensterläden hämmern, mich und mein Versteck verraten und vermutlich jede Chance verspielen sollen, jemals wieder bis dorthin vorzudringen!
    Wieder flammte seine Wut auf. Mit der Faust schlug er gegen die Bootsplanken. »Baka!« krächzte er heiser.
    Schritte auf dem Kies. Argwöhnisch drückte er sich tiefer in die Schatten; dann hörte er die Stimmen der näher kommenden Fischer, die miteinander plauderten, und verfluchte sich abermals dafür, daß er nicht vorsichtiger gewesen war. Gleich darauf kam ein großer Fischer mittleren Alters um das Heck des Bootes herum und blieb stehen. »Achtung! Wer bist du, Fremder?« fragte der Mann ärgerlich und hob den kurzen Mast, den er als Keule bei sich trug. »Was hast du hier zu suchen?«
    Ori rührte sich nicht, sondern starrte ihn und die anderen beiden, die ebenfalls herbeikamen, böse an. »Man stellt Höhergestellten keine Fragen«, sagte er. »Wo bleiben eure Manieren?«
    »Wer bist du? Du bist kein Samur…« Der Mann erstarrte, denn Ori war aufgesprungen und hatte das Schwert halb aus der Scheide gezogen.
    »Auf die Knie, Abschaum, bevor ich euch die baka- Herzen rausschneide – ein Haarschnitt machte mich nicht weniger zum Samurai!« Sofort fielen die Fischer auf die Knie, berührten mit der Stirn die Kiesel und beteuerten lauthals, wie leid es ihnen tue. Die Autorität des Schwertes hatte sie überzeugt. »Ruhe!« fauchte Ori. »Wohin wollt ihr?«
    »Zum Fischen, Herr, anderthalb Meilen auf See hinaus. Bitte, entschuldigen Sie uns, aber, nun ja, im Dunkeln und ohne die normale Haartracht…«
    »Mund halten! Los, schiebt das Boot ins Wasser. Bewegung!«
    Sobald er draußen auf dem Meer in Sicherheit war und seinen blinden Zorn überwunden hatte, warf Ori einen Blick auf die Niederlassung zurück. In der französischen und der englischen Gesandtschaft, dem Struan-Gebäude und dem Club, die Hiraga ihm gezeigt hatte, brannten immer noch die Lichter. Straßenlaternen entlang der praia, Drunk Town wie immer die ganze Nacht hindurch pulsierend wie die Ginläden, die nie richtig schliefen.
    Doch seine Aufmerksamkeit richtete sich ausschließlich auf die französische Gesandtschaft. Warum, fragte er sich immer wieder. Warum bin ich so vollkommen besessen von… Eifersucht, das ist die richtige Bezeichnung. Eine wahnsinnige Eifersucht. Wegen Kopfkissen eifersüchtig sein ist baka!
    Kommt das von dem, was Hiraga mir erzählt hat: »Taira sagt, bei ihnen ist es wie bei unserer führenden Klasse der Brauch, daß ein Mann mit der Frau, die er heiraten will, vor der Ehe nicht aufs Kopfkissen geht…« Das bedeutet, daß dieser Tai-Pan nicht mit ihr schlafen wird und daß, weil sie ihm versprochen ist, auch kein anderer das Recht dazu hat. Habe ich an die Läden gehämmert, um diesen Mann daran zu hindern, mit ihr aufs Kopfkissen zu gehen – oder um sie zu beschützen?
    Oder nur, weil ich nicht wollte, daß sich ein anderer Mann an ihr erfreut, bis ich es selber wieder kann – das ist ja noch dümmer, wie sollte ich jemals davon erfahren? War es, weil ich der erste war? Wird dadurch das Kopfkissen anders: weil du sie als einziger besessen hast? Vergiß nicht, daß die Chinesen schon immer davon überzeugt sind, daß Jungfräulichkeit das wirksamste Aphrodisiakum zwischen Himmel und Erde ist. Habe ich es darum getan?
    Nein. Es war ein plötzlicher Impuls. Ich bin überzeugt, daß sie eine Wolfsfrau ist, die getötet werden muß – am besten, nachdem ich sie noch einmal genommen habe –, damit ich ihrem Zauber entkomme.
    Aber wie und wann? Es muß jetzt sein.
    Zu gefährlich, in der Niederlassung oder der Yoshiwara zu bleiben. Hiraga wird es mit Sicherheit erfahren, wenn ich nicht abgereist bin. Wenn er mich findet, bin ich ein toter Mann. Kann ich drei weitere Tage riskieren und dann, wenn ich sie nicht erreichen kann, nach Kyōto gehen, ohne daß Hiraga davon erfährt?

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