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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Sicherer ist es, wenn ich jetzt aufbreche. Was also? »He, alter Mann, wo wohnst du?«
    »Zweite Straße, fünftes Haus, Herr«, stotterte der alte Fischer, und plötzlich hatten sie alle Angst, denn sie hatten längst erkannt, daß dies einer der Ronin sein mußte, die sich in der Niederlassung versteckten, um den Toranaga-Häschern zu entkommen.

23
    Sonntag, 21. Oktober
    Die Kirchenglocke rief die Bewohner der Niederlassung zum Gottesdienst. »Nicht sehr viele Gläubige in Yokohama«, sagte Jamie McFay, dessen Schultern und Rücken schmerzten und dem der bevorstehende Kirchenbesuch gar nicht gefiel; alles war so völlig anders als der strenge Presbyterianismus seiner Kindheit. »Ich bin allerdings kein Kirchgänger – nicht mehr«, sagte er zu Malcolm Struan, sehr auf der Hut, weil er nicht wußte, wie sich Malcolm nach ihrem heftigen Streit vor zwei Tagen verhalten würde. »Meine Ma ist immer noch streng gläubig, dreimal an jedem Sonntag.«
    »Genau wie meine, aber die gehört zur Church of England«, antwortete Struan gepreßt. Er ging langsam und schwerfällig, weit nach vorn gebeugt und auf seine Stöcke gestützt, inmitten einer Gruppe von Männern, die alle der Kirche zustrebten. Sie lag am Ende der High Street auf einem der besten Grundstücke in einem Garten mit Blick aufs Meer. »Aber hübsch ist die Kirche schon. Gibt Yokohama einen sehr seßhaften Anstrich.«
    Holy Trinity war der Stolz der Niederlassung und im vergangenen Jahr vom Bischof von Hongkong geweiht worden. Der Kirchturm war hoch, und die wohlklingende Glocke erinnerte alle, die im Ausland lebten, an die ferne Heimat. Holz, Gips und ein paar Backsteine aus Shanghai. Sauberer Garten und ein kleiner Friedhof mit nur sieben Gräbern, denn Krankheiten waren in Yokohama – im Gegensatz zu Hongkong mit seinen Seuchen – selten: Sechs der Toten waren bei Unfällen ums Leben gekommen, der siebte an Altersschwäche gestorben. Zwanzig Jahre Arbeit in Asien gab es nicht oft, und daß jemand über das Rentenalter hinaus blieb, war noch seltener.
    Wieder läutete die Glocke, jedoch nicht drängend; sie hatten noch mehr als genügend Zeit, ihre Plätze auf der Bank des Noble House in der vordersten Reihe einzunehmen. Ich brauche so viel Hilfe, wie ich nur bekommen kann, dachte Struan, der niemals fromm, doch immer gläubig gewesen war. Ich bin froh, daß es weit mehr unsere als die Kirche der anderen Händler ist.
    Grundstück und Bauwerk waren der Church of England von allen Händlern gemeinsam gespendet worden. Vier Stunden, nachdem der Yokohama Club seine Pforten öffnete, am selben Tag, da die Niederlassung gegründet wurde, hatten sie – auf McFays Drängen und auf Befehl von Tess Struan, die fünfzig Prozent der Kosten garantierte – begeistert für die Umlage gestimmt. Auch die Glocke hatte Tess ihnen versprochen und sie in ihrer neuen Gießerei in Hongkong herstellen lassen. Als Tyler Brock davon hörte, wollte er sich von seiner verhaßten Tochter nicht ausstechen lassen und bestellte in London ein Buntglasfenster sowie kostbare Kirchenbänke aus englischer Eiche.
    »Der sonntägliche Kirchgang ist in Ordnung – einmal im Monat, pflegte Vater zu sagen, aber nie in Mutters Hörweite.« Struan lächelte bedrückt. »Als er noch jünger war, ist er genauso oft in die Kirche gegangen wie sie…« Er hielt einen Moment inne, um wieder zu Atem zu kommen, und blickte aufs Meer hinaus. Das Wasser war kabbelig, grau-blau, der Himmel mit Kumuluswolken betupft. Etwa ein Dutzend Kauffahrer lagen vor Anker, hauptsächlich englische, ein Amerikaner, ein Russe, der Postdampfer von gestern, das französische Flaggschiff, ein Raddampfer und die mit einundzwanzig Kanonen bestückte Dampffregatte H.M.S. Pearl, noch immer ohne ihren Fockmast. »Man fühlt sich nackt ohne die Flotte, nicht wahr?«
    »la, tut man. Heute werden nicht viele den Gottesdienst versäumen.« McFay drehte den Kopf hin und her, um die Schmerzen in seinem Hals zu erleichtern.
    »Wie lange wird sie Ihrer Meinung nach fortbleiben?«
    »Einen Monat, schätze ich… Morgen, Mrs. Lunkchurch.« Beide, Struan ein wenig unbeholfen, lüfteten höflich den Hut, als sie vorüberrauschte, den schwitzenden Ehemann im Schlepptau, dessen Gesicht mit dunklen Schwellungen übersät war. »Was zum Teufel ist denn mit dem passiert?«
    »Prügel«, antwortete McFay vorsichtig, immer noch Struans Laune auslotend. Er hatte gestern den ganzen Tag nichts von ihm gehört und erst heute morgen eine kurze

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