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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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seiner Ansicht nach zuteilte. »Welche Sünden hast du in dieser Woche begangen?«
    »Eines Abends habe ich vergessen, beim Gebet die Mutter Gottes um Vergebung zu bitten«, sagte sie, ihrem Pakt folgend, vollkommen ruhig. »Ich hatte oft sündige Gedanken und Träume, ich habe mich gefürchtet, ich habe vergessen, daß ich in Gottes Hand bin…«
    In Kanagawa, am Tag nach jener bewußten Nacht, war sie – sobald ihre ganz persönliche Logik ihr einen Ausweg aus ihrer katastrophalen Situation gezeigt hatte – vor dem kleinen Kruzifix, das sie immer bei sich trug, niedergekniet und hatte geweint. »Heilige Jungfrau Maria, Mutter Gottes, ich brauche dir nicht zu erklären, was geschehen ist und daß man sich schwer an mir versündigt hat«, hatte sie schluchzend und mit aller Inbrunst, deren sie fähig war, gebetet, »und daß ich niemanden habe, an den ich mich wenden kann, und daß ich verzweifelt deine Hilfe brauche und daß ich niemandem etwas sagen kann, nicht einmal in der Beichte. Ich wage nicht zu gestehen, was mir zugestoßen ist. Ich wage es nicht, denn es würde meine einzige Chance zunichte machen…
    Also flehe ich dich auf Knien an, mit mir einen Pakt zu schließen. Wenn ich bei der Beichte sage: Ich habe vergessen, beim Gebet die Mutter Gottes um Vergebung zu bitten, so bedeutet das eigentlich, daß ich beichte und alles schildere, was ich dir erzählt habe und was mir, wie du ja gesehen hast, zugestoßen ist, dazu ein paar kleine, unschuldige Lügen, die ich vielleicht erzählen muß, um mich zu schützen. Ich bitte dich um Vergebung dafür, daß ich dich darum bitte, und erflehe deine Hilfe, es gibt sonst keinen, den ich um Hilfe bitten könnte. Ich weiß, daß du mir vergeben und mich verstehen wirst, weil du die Mutter Gottes und eine Frau bist – du wirst mich verstehen, und ich weiß, du wirst mir vergeben…«
    Hinter dem Gitter sah sie Pater Leos Profil und roch den Wein und den Knoblauch in seinem Atem. Sie seufzte und dankte der Mutter Gottes von ganzem Herzen für ihre Hilfe. »Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt.«
    »Diese Sünden erscheinen mir nicht so schlimm, mein Kind.«
    »Danke, Pater.« Sie unterdrückte ein Gähnen und machte sich bereit, die geringe Buße entgegenzunehmen, sich zu bekreuzigen, die Absolution zu erhalten, sich zu bedanken und dann zu gehen. Zu einem Gabelfrühstück im Club mit Malcolm und Seratard, der Siesta in ihrer schönen Suite gleich neben Malcolms Räumen, dem Dinner in der russischen Gesandtschaft…
    »Welcher Art waren die sündigen Gedanken, die du hattest?«
    »Ach, ich war einfach ungeduldig«, bekannte sie ohne nachzudenken, »und nicht damit zufrieden, in Gottes Hand zu sein.«
    »Ungeduldig – weswegen?«
    »Ach, mit meiner Zofe«, antwortete sie nervös, weil sie nicht daraufgefaßt war, »und daß… daß mein Verlobter nicht so gesund ist, wie ich es gern hätte.«
    »Ach ja, der Tai-Pan, ein netter junger Mann, aber der Enkel eines bösen Feindes der Wahren Kirche. Hat er dir von ihm erzählt? Von seinem Großvater Dirk Struan?«
    »Ein paar Geschichten, Pater«, sagte sie, noch stärker beunruhigt. »Ich war ungeduldig wegen meiner Zofe…«
    »Malcolm Struan ist ein netter junger Mann, gar nicht wie sein Großvater. Hast du ihn gebeten, katholisch zu werden?«
    Die Farbe wich ihr aus dem Gesicht. »Wir haben darüber gesprochen, ja. Eine derartige… Diskussion ist äußerst delikat und kann natürlich nicht forciert werden.«
    »O ja, in der Tat.« Pater Leo hatte gehört, wie sie den Atem anhielt, und spürte ihre Besorgnis. »Und ich stimme dir zu, daß es äußerst wichtig ist, für ihn und für dich.« Er runzelte die Stirn; die Erfahrung sagte ihm, daß ihm das junge Mädchen etwas verschwieg – obwohl das keineswegs ungewöhnlich ist, dachte er sich.
    Er wollte die Sache schon auf sich beruhen lassen, als ihm der Gedanke kam, daß dies eine von Gott gegebene Gelegenheit sei, eine Seele zu retten und damit ein lohnendes Ziel zu haben. Das Leben in Yokohama war, anders als in seinem geliebten, glücklichen Portugal, recht eintönig; es gab nur wenig mehr zu tun als zu angeln, zu trinken, zu essen und zu beten. Seine Kirche war klein und schäbig, seine Herde klein und gottlos, die Niederlassung ein veritables Gefängnis. »Derartige Diskussionen mögen delikat sein, aber die Sache muß forciert werden. Seine unsterbliche Seele ist in Gefahr. Ich werde für deinen Erfolg beten. Deine Kinder werden doch im Schoß der Kirche

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