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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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versuchen?
    Seine Füße begannen ihn davonzutragen. Plötzlich ertönte ein Donnern, und ein dumpfes, grollendes Geräusch unmittelbar unter der Erdoberfläche fiel über sie her; die Erde hob sich, und genau wie alle anderen auf dem Platz taumelte er, von Übelkeit gepackt, fiel auf Hände und Knie und klammerte sich an die Erde, die sich schüttelte, sich hob, fiel und ausruhte. Ein Augenblick der Stille, die zum Himmel zu schreien schien. Dann hier und da ein Wimmern, Rufe und Flüche, die abrissen, als sie von einem weiteren Stoß gepackt wurden. Wieder buckelte die Erde – nicht so stark wie zuvor, aber doch schlimm genug. Kaskaden von Ziegeln regneten von einem Dach. Menschen hasteten oder krochen davon. Wiederum Stille, die nahezu fühlbar war, Menschen still, Möwen still, Tiere still. Die Erde wartete, alles wartete. In den Boden gekrallt, betend, fluchend, betend. Wartend.
    »O Gott, ist es vorbei?« rief jemand.
    »Ja…«
    »Nein…«
    »Wartet, ich gl…«
    Wieder der Donner. Angst- und Klagerufe. Der Lärm stieg, die Erde wand sich, schrie auf und wurde wieder still. Mehrere Schuppen stürzten ein. Hilferufe. Keiner rührte sich.
    Wieder hielten alle den Atem an. Warteten: Stöhnen, Gebete, Wimmern, Gebete und Flüche. Warten auf den nächsten Stoß. Den ganz großen. Warten, doch nichts geschah.
    Sekunden wurden zu einer Ewigkeit. Dann spürte Ori, daß es vorüber war; er stand auf, als erster auf dem Platz, und sein Herz hüpfte, weil er diesmal noch nicht tot war, weil er am Leben, unversehrt und wiedergeboren war. Instinktiv machte er sich jedoch auf die nächste Gefahr gefaßt, eine schnelle Flucht vor dem Feuer, das die normale Folge und die größte Bedrohung darstellte. Immer war ein jedes Erdbeben für irgend jemanden die Nemesis, für alle anderen jedoch war es die Wiedergeburt, die seit ewigen Zeiten als eine solche von den Menschen gefeiert wurde, die im Land der Götter lebten, das auch das Land der Tränen genannt wurde.
    Plötzlich krampfte sich Oris Magen zusammen. Am anderen Ende des Platzes, aufragend über der Masse der Menschen, die würgend und fluchend auf dem Boden lag, sah er ganz allein Hiraga stehen, der ihn beobachtete. Hinter Hiraga hatten sich die meisten Samurai-Wachen ebenfalls aufgerappelt, und einige von ihnen musterten die beiden neugierig.
    Fast im selben Moment, da Ori spürte, daß das Erdbeben vorüber war, und aufsprang, waren Hiraga und die Samurai ebenfalls aufgesprungen und hatten, wie er, ekstatische Erleichterung und das Gefühl der Wiedergeburt erlebt. Bis Hiraga sah, daß Ori ihn anstarrte. Seine Miene verschloß sich, und er begann auf ihn zuzugehen, während der Platz schnell wieder zum Leben erwachte, als sich Menschen taumelnd oder schwankend erhoben. Ori wollte weglaufen, aber verängstigte, zornige Menschen, manche hysterisch lachend, andere lauthals Gott dankend, hinderten ihn an der Flucht und Hiraga an der Verfolgung.
    »Was zum Teufel ist in dich gefahren…«, riefen sie.
    »Verdammt noch mal, hör auf zu drängeln!«
    »He, das is ‘n beschissener Japse!«
    Dann brüllte jemand: »Feuer! Seht doch!«
    Wie alle anderen blickte Ori nach Norden. Am anderen Ende der Promenade stand ein Gebäude in Flammen. Sofort erkannte er, daß es das zweistöckige Struan-Building sein mußte. Oder das Nachbarhaus. Ohne Rücksicht auf die anderen brach sich Ori einen Weg durch die Menge.
    Hiraga wollte hinter ihm her, im selben Moment aber stürzte eine nahe Ginbar in sich zusammen, schleuderte ihm Menschen vor die Füße und warf ihn zu Boden, während andere über ihn hinwegtrampelten. Mühsam kam er inmitten dieses Durcheinanders auf die Füße. Auf diesem Teil des Platzes stolperten die Menschen ziellos umher und versperrten ihm den Weg. Einmal konnte er ganz kurz Ori sehen, dann gingen die Ruinen der Bar in Flammen auf, die Menschen drängten wieder rückwärts und rissen ihn mit.
    Als Hiraga zur Besinnung kam, war Ori verschwunden, und je energischer er sich einen Weg in die Richtung bahnte, in der er ihn zuletzt gesehen hatte, desto langsamer kam er voran, und desto wütender wurde die Menge. »He, Freundchen, langsam… Ist ja schon wieder so ‘n verdammter Japse…«
    Als er sie beruhigt, kehrtgemacht, einen Bogen geschlagen hatte und zum Rand des Platz zurückgekehrt war, lief Ori weder, wie erwartet, die Promenade entlang und auf die Brandstätte zu, noch nahm er Richtung auf den Strand, sondern war ganz einfach verschwunden.
    Im Struan-Building

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