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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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gehen möchten, würde ich einen Weg finden, Sie zum Bleiben zu bewegen – Sie zum Bleiben zu überreden.«
    »Danke, vielen Dank.« Jamie trank einen großen Schluck und fühlte sich etwas besser. Nicht wegen der Wärme des Brandy, sondern wegen der Art, wie Malcolm gesprochen hatte. Die letzten paar Wochen waren für Jamie übel gewesen, und erst gestern war er aufgrund von Mrs. Struans Brief mit einer unsterblichen Wahrheit konfrontiert worden: Wie loyal du auch zu einer Compagnie bist, wie viele Dienste du der Compagnie auch erweist, die Compagnie kann und wird dich gewissenlos ausspucken, wenn es ihr paßt. Und was ist ›die Compagnie‹? Einfach eine Gruppe von Männern und Frauen. Menschen. Struan zum Beispiel.
    Menschen sind ›die Compagnie‹, und die Verantwortlichen können und werden sich immer hinter dieser Fassade verstecken, daß ›die Compagnie überleben muß‹, oder ›zum Wohl der Compagnie‹ und dergleichen handeln, und sie werden Menschen immer aus persönlichen Gründen entweder ruinieren oder befördern.
    Und vergiß nicht, daß die meisten Compagnien heutzutage Familienfirmen sind. Am Ende ist es ›die Familie‹, die gewinnt. Blut ist dicker als Tüchtigkeit. Sie bekämpfen sich vielleicht, aber am Ende einigen sie sich gewöhnlich angesichts des Feindes, der nicht zur Familie gehört; darum soll Alfred MacStruan Japan übernehmen. Dagegen kann und werde ich nichts tun. Vielleicht sind die Familiengeschäfte humaner, können besser sein als anonyme Institutionen, aber auch bei ihnen ist man, vielleicht noch mehr, dem Netzwerk der ›Old Boys‹ unterworfen. Man verliert so oder so…
    Letzte Nacht hatte er sich, was sonst nicht seine Art war, in seinem kleinen Haus in der Yoshiwara schwer betrunken. Nemi hatte ihm keine Erleichterung gebracht. Jedesmal, wenn er an die Wahrheit ›der Compagnie‹ dachte – zusammen mit Tess Struans Unfairneß, Malcolms Dickköpfigkeit und seiner eigenen Dummheit, denn er wußte, er hätte die Kordel aufgerissen, die Briefe herausgezogen und über Bord geworfen, wenn Malcolm ihn nicht gehindert hätte –, drehte sich ihm der Kopf, und nur noch ein Becher Rum brachte die Bewegung zum Stillstand, bis er selbst Schwindel erzeugte. Nemi konnte nicht helfen: »Jami, was los? Jami, Jami!«
    »Machiavelli hat das am besten ausgedrückt«, hatte er gesagt, mit schwerer Zunge und unzusammenhängend. »Vertraue den verdammten Fürsten nicht, sie können sich auf Erfahrung berufen. Verdammte Fürsten, Tai-Pane, Mütter verdammter Tai-Pane, Söhne von Dirk Struan und deren Söhne…« Und dann hatte er geweint.
    Ayeeyah, dachte er unbehaglich, das ist das erste Mal seit Jahren, zuletzt war es, als ich vor zwanzig Jahren gerade in Hongkong angekommen war und hörte, daß Ma gestorben war, während ich auf See war. Sie muß gewußt haben, daß sie sterben würde, als ich abreiste. »Fort gehst du, mein Junge, verdiene ein Vermögen und schreibe jede Woche…« Wenn sie nicht gewesen wäre, wären wir alle gestorben – nur ihre Kraft hielt uns am Leben, bis Struan kam und unser Joss wechselte.
    Hab mir das Herz aus dem Leib geweint. Wie gestern nacht, wenn auch die Tränen anders waren. Ich habe um meine verlorene Unschuld geweint. Unglaublich, wie naiv ich war, an ›die Compagnie‹ zu glauben. Hätte Dirk mich im Stich gelassen? Niemals. Der Tai-Pan hätte das nicht getan, hätte es unmöglich getan, aber er ist bloß eine Legende. Ich muß den Mut finden, mich auf eigene Füße zu stellen – ich bin neununddreißig, was für Asien alt ist, obwohl ich mich nicht alt fühle, nur wie ein Schiff ohne Ruder. Und Malcolm ist auch so… wirklich?
    Er sah ihn an und bemerkte wieder die Veränderung. Malcolm ist anders, mehr wie früher, dachte er. Irgendwie erwachsener… Ich weiß nicht, aber wie auch immer, sein Joss steht fest. »Ich bin froh, daß wir die Post nicht angerührt haben… Ich kann gar nicht sagen, wie leid es mir tut, daß sie Ihnen den Weg versperrt hat.«
    »Mir auch.« Malcolm hatte Jamie erzählt, was Sir William über den Brief und über das Opium und ihre bengalischen Felder erzählt hatte, die Neuigkeiten, die heute morgen die ganze Niederlassung in hektische Unruhe versetzt hatten. Das Mittagstreffen im Club war stürmischer als üblich verlaufen, und man war sich darüber einig gewesen, daß Sir William aufgehängt oder zumindest angeklagt werden sollte, wenn er versuchte, die Dummheit des Parlaments mit Gewalt durchzusetzen. Er sah, wie

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