Noble House 02 - Gai-Jin
Sohn, ein Kampf auf Leben und Tod, und wir alle wissen, daß sie teuflisch sein kann, wenn sie sich aufregt – schlimmer als meine Katze. Obwohl, auch der junge Malcolm hat sich verändert, er wirkt entschlossener denn je. Warum? Wegen des Mädchens? Das weiß Gott allein, aber es wäre eine willkommene Veränderung, wieder einen richtigen Tai-Pan zu haben, einen Mann.
Jede Wette, daß der junge Malcolm Feuer und Flamme für sie ist, und wer wollte es ihm verdenken? Ich doch nicht! Ich würde sie selbst heiraten, wenn ich die Chance hätte, aber bei Gott, diesmal habe ich es nicht eilig, mich zurückzumelden und loszulaufen, um zu trinken und mit meiner Katze ins Bett zu gehen. Er kicherte. Katze war seine langjährige Geliebte, ein Mädchen aus Shanghai, deren Eifersucht legendär war, deren Leidenschaft jedoch ihresgleichen suchte.
»Was ist mit unseren geänderten Weisungen, Sir?«
Strongbow zuckte die Achseln. Sicher war es nicht nötig, daß Malcolm vor der Morgendämmerung von Bord ging, um dann wieder zurückzukommen, nicht bei seiner Gehbehinderung – eine Krücke oder zwei, das spielte keine Rolle. McFay konnte sich um alles kümmern und Dinge, die unterschrieben werden mußten, an Bord bringen. Ach, ja, Jamie. Irgend etwas stinkt da – warum sonst die Geheimniskrämerei und der gestrichene Landurlaub für die Mannschaft?
Er hatte Gerüchte über ein bevorstehendes Duell gehört. Genau die Art von idiotischer Eskapade, zu der der Stolz der Struans führt, dachte er, vor dem Ablegen noch schnell zu bewältigen, alles, um die Brocks zu demütigen. Dabei weiß jeder, daß wir Frieden schließen sollten, die Fehde dauert schon zu lange, sie sind auf dem aufsteigenden Ast, und uns stoßen sie mit der Nase in den Eimer. Ob wir unter ihrer Flagge segeln werden, wenn Weihnachten kommt? Bei Gott, ich hoffe nicht.
Er sah, wie Malcolm den Arm um das Mädchen legte und sie sich noch enger an ihn schmiegte, und verspürte großes Mitleid mit ihnen. Harte Jugend, hart, Tai-Pan oder fast Tai-Pan vom Noble House zu sein bei einem solchen Großvater – und so einer Mutter. Er schritt über das Achterdeck und blickte hinaus auf die offene See. Der Erste Offizier folgte ihm. Dann sahen beide hinauf in die Wanten, wo ein paar ruhende Seevögel krächzend die Stellung wechselten. Dann flog einer der Vögel von den stattlichen obersten Spieren und verschwand zu seinem nächtlichen Fischzug in der Dunkelheit.
Malcolm und Angélique hatten sich nicht gerührt. Die Halbstunden-Sanduhr auf der Brücke war leer. Sofort drehte der Wachtposten sie um und läutete sechs Glasen, elf Uhr nachts. Von anderen Schiffen in der Bucht kam das Echo. Die beiden erwachten aus ihrer Träumerei. »Wollen wir nach unten gehen, Angel?«
»Ja, gleich, mein Liebster. Chen sagte, er würde uns Bescheid geben, wenn unsere Kabine bereit ist.« Sie hatte daran gedacht, seit er gesagt hatte: »Wie würde es dir gefallen, heute zu heiraten…« Sie lächelte und küßte ihn, bereit und mit sich in Frieden.
Weitere Seevögel starteten von der Takelage. Chen erschien und sagte, alles sei so, wie der Tai-Pan es angeordnet habe.
Auf kantonesisch sagte Malcolm noch: »Denk daran, weck Tai-tai nicht auf, wenn du mich weckst.« Tai-tai bedeutete Höchste der Höchsten, Erste Gemahlin – die in jedem chinesischen Haushalt oberstes Gesetz war wie der Gemahl in der Außenwelt.
»Schlafen Sie wohl, Master, zehntausend Söhne, Missee.«
»Tai-tai«, sagte Malcolm, ihn berichtigend.
»Zehntausend Söhne, Tai-tai.«
»Was hatte das zu bedeuten, Malcolm?« fragte sie lächelnd.
»Er hat dir eine glückliche Ehe gewünscht.«
»Doh jeh, Chen«, sagte sie – danke.
Chen wartete, bis sie den Offizieren gute Nacht gewünscht hatten und nach unten gegangen waren – Malcolm benutzte nur eine Krücke und stützte sich auf Angélique. Ayeeyah, dachte er, mögen alle großen und kleinen Götter den Master beschützen und ihm eine Nacht schenken, die all den Schmerz wert ist – den vergangenen und den zukünftigen –, aber mögen sie zuerst an mich und meine Probleme denken und Illustrious Chen und der Tai-tai Tess erklären, daß ich nichts mit dieser Heirat zu tun hatte.
Malcolm lehnte an der Tür, entschlossen, ohne Krücken zu seinem Brautbett zu gelangen. Angélique war neben der Koje stehengeblieben und drehte sich zu ihm um. Die Kajüte war aufgeräumt und warm, der große Eßtisch und die Kapitänsstühle waren am Boden befestigt, genau wie die Koje,
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