Noble House 02 - Gai-Jin
Zeichen… Zeichen Ihres… Respekts bereitzuhalten.«
Keine der beiden Frauen fragte, um welche Feinde es sich handeln könnte. Erfolg schuf Eifersucht und heimlichen Haß, in der Schwimmenden Welt genauso wie in der anderen Welt. Und beide waren erfolgreich.
Meikin hatte jetzt ihren Schock überwunden und konzentrierte sich auf eine mögliche Flucht – für den Fall, daß Koiko sie verraten hatte oder Yoshi Beweise dafür besaß, daß sowohl sie als auch Koiko sonno-joi und die Shishi unterstützten und Katsumata kannten. Aber in Wirklichkeit war eine Flucht gar nicht möglich. Nippon war zu gut strukturiert. Im ganzen Land bildeten zehn Familienoberhäupter die Grundeinheit, die in einem bestimmten Gebiet für den Gehorsam gegenüber den Gesetzen verantwortlich war; zehn dieser Einheiten bildeten eine andere, ebenso verantwortliche Gruppierung, von diesen waren wiederum zehn zusammengeschlossen und so weiter, bis hinauf zum obersten Gesetzgeber, dem Daimyo.
Sie konnte nirgends hingehen und sich nirgends verstecken. »Was könnte ich dem großen Herrn Yoshi schon geben?« fragte sie mit heiserer Stimme und fühlte sich elender als je zuvor.
»Vielleicht… vielleicht Informationen.«
»Welche Art von Informationen?«
»Ich weiß es nicht, tut mir leid«, sagte er mit gespielter Traurigkeit. Dumm, sich mit Shishi einzulassen, die ständig die unverzeihliche Sünde des Versagens begingen. »Ich weiß nicht, Dame, aber Herr Yoshi muß sich Sorgen machen, große Sorgen, was die abscheuliche Flotte der Gai-Jin tun wird. Sie bereiten sich auf einen Krieg vor, neh?«
In dem Augenblick, als er das sagte, sah er, daß Meikins Augen noch stechender wurden und Raiko fest ansahen, die leicht errötete. Aha, dachte er, sie wissen es bereits – kein Wunder, sie führen ja auch die verachtenswerten Gai-Jin zu Bett! Bei allen Göttern, wenn es denn Götter gibt, was diese beiden Frauen wissen, müssen die Gyokoyama natürlich schnellstens erfahren.
»Die Nachricht könnte – würde seinen Schmerz lindern«, sagte er und nickte weise, wie ein Bankier das tun würde. »Und den Ihren.«
Fünfzig Schritte entfernt in einem Haus innerhalb der Mauern der Herberge saß Phillip Tyrer mit gekreuzten Beinen nackt unter seiner Yokata. Fujiko kniete hinter ihm. Ihre kundigen Hände massierten seine Halsmuskeln, fanden die Punkte von Lust und Schmerz. Sie trug eine Schlaf-Yokata, ihr Haar war gelöst. Nun rückte sie näher und biß ihn zart ins Ohrläppchen, nahe an der Mitte, wo die erotischen Punkte lagen. Ihre Zunge steigerte seine Lust dramatisch.
Sinnlich glitten die Finger zu seinen Schultern, ließen nicht ab, nahmen ihm seine Sorgen: die Konferenzen mit Sir William und Seratard, bei denen er seinem Vorgesetzten geholfen hatte, mit diesem Franzosen und seinen verschlagenen Versuchen fertig zu werden, einen winzigen Vorteil zu gewinnen, wo doch dieser schleimige Halunke nur zwei mittelmäßige Schiffe hat, während wir eine ganze Flotte bereit halten, und zwar mit Männern und nicht mit Kriechern an Bord!
Sie hatten sich Notizen gemacht, anschließend zwei alternative Schlachtpläne für ihre Regierungen in korrektes diplomatisches Englisch und Französisch gefaßt und dann in weniger gewundene Befehle übersetzt, die der Admiral und der General ausführen sollten. Die Zeit lief ihnen davon. André war bei der morgendlichen Zusammenkunft ein Pluspunkt gewesen, wohlvorbereitet, mit immer neuen Ideen und Terminvorschlägen, und hatte die beiden Vorgesetzten dazu gebracht, sich zu einigen und Entscheidungen zu fällen. Alle vier hatten Geheimhaltung geschworen.
Dann endlich war er aus der Gesandtschaft und über die Brücke geschlüpft, hatte an die Tür geklopft, die sofort von Raiko persönlich geöffnet wurde, und war unter Verneigungen hineingebeten und durch den Garten geführt worden. Man hatte ihn gebadet und ihm zu essen gegeben, doch vorher hatte Raiko endlich begonnen, ihn so zu behandeln, wie ein wichtiger Beamter behandelt werden sollte.
Verdammt, das wurde auch Zeit, dachte er nicht wenig erfreut. Jeder seiner Nerven war auf Fujikos Finger eingestimmt…
Sie konzentrierte sich im wesentlichen auf Raikos Warnung: »Irgendeine Person von niedriger Klasse im Gasthaus ›Zur Lilie‹ hat unseren Gai-Jin-Herrn verführt und uns entfremdet. Unter großen Unkosten habe ich ihn hergelockt und dafür an Vermittler viel Geld bezahlt. Du darfst heute abend nicht versagen, dies ist vielleicht deine letzte Chance, ihn mit
Weitere Kostenlose Bücher