Noble House 02 - Gai-Jin
Seekaplan und Captain Orlow abgehalten. Es war eine ordnungsgemäße christliche Bestattung. Dirk Struan und seine Geliebte, May-May Sheng, wurden gemeinsam beigesetzt, wie sie es sich gewünscht hatten.«
»Wenn das so geheim war, woher wissen Sie dann, daß es stimmt?«
»Es wurde im Logbuch des Schiffes verzeichnet, Sir William, das sofort in den privaten Tresor des Tai-Pan gelegt wurde, und alle Zeugen, Culum und Tess Struan, Aristoteles Quance, Gordon Chen und natürlich die wenigen Mannschaftsangehörigen an Bord, mußten einen heiligen Eid ablegen, die Sache geheimzuhalten. Der Seekaplan, wer er war, weiß ich nicht, wurde sofort nach England zurückgeschickt. Die andere Beerdigung fand mit allem Pomp statt, der dem Tai-Pan des Noble House zukam.«
Das Schweigen im Raum wurde nur durchbrochen vom Pfeifen des Windes, denn der Nachmittag draußen war frisch. Schließlich fragte Sir William: »Haben Sie das Logbuch gesehen?«
»Nein, und ich habe auch nicht mit… mit seiner Mutter darüber gesprochen.«
Jamie sagte leise: »Tess Struan oder Gordon Chen könnten es bestätigen – falls sie bereit wären, ihren Eid zu brechen.«
Da richtete sich Skye in seinem Stuhl auf. »Heute morgen hat Mrs. Struan mich gefragt, ob diese Geschichte, die ihr verstorbener Gatte ihr erzählt hatte, wahr sei. Zum Glück war ich in der Lage, gewisse Details zu bestätigen.«
»Und woher wissen Sie darüber Bescheid?«
»Zufällig traf ich ein Mitglied der Mannschaft, das weniger geheimnistuerisch war als die anderen. Ein Seemann namens Hennery Fairchild – ich habe keine Ahnung, ob er noch lebt oder inzwischen tot ist –, aber als ich damals nach Hongkong kam, Sir William, machte ich es mir zur Aufgabe, alles, was ich konnte, über das Noble House, Brock’s, Quance, die Gründung von Hongkong und die… die diversen Korruptionsfälle an hoher Stelle in Erfahrung zu bringen.«
Sir William nickte säuerlich. Er fand Skyes schlechten Atem und seinen üblen Charakter penetranter als gewöhnlich, aber er kannte natürlich einige der schmutzigen Skandale, die vor der Öffentlichkeit verborgen worden und vor seiner Zeit passiert waren. »Das sind Beweise vom Hörensagen.«
»Vor Gericht hätten sie nicht viel Gewicht, Sir William. Aber sie stimmen.«
Was soll ich tun, fragte sich der Gesandte. Ich muß das Richtige tun, bei Gott. Wie wird Paris die Sache sehen? Nein, all das ist ein Sturm im Wasserglas. »Nun gut, Madam, wir wollen unter allen Umständen seine Wünsche respektieren. Jamie soll den Leichnam sofort zur Seebestattung nach Hongkong schicken, sofort«, sagte er angespannt und dachte, sobald er einmal da ist, kann Tess Struan sich um Angélique Struan kümmern, und ich will verdammt sein, wenn ich mich zwischen die beiden Frauen stelle. Was zum Teufel ist nur über Angélique gekommen, ich habe noch nie eine solche Veränderung gesehen! »Ich verstehe sehr gut, daß es Ihnen widerstrebt, mit der Prancing Cloud zu segeln. Wir werden den Postdampfer nehmen.«
»Vielen Dank, Sir William«, sagte Angélique ruhig, »aber meine Antwort lautet nein. Mein verstorbener Gatte wird nicht wie ein Kadaver auf Eis nach Hongkong geschickt. Das wird nicht stattfinden.«
»Bei Gott, Madam, wenn ich es befehle, wird es stattfinden.«
»Richtig, wenn Sie es befehlen. Aber, Sir William…« Sie schaute Skye an. »Wie ist die rechtliche Lage?«
»Nach dem Gesetz wären die Wünsche des Ehegatten, unterstützt von seiner Witwe, vorrangig.«
»Bevor ich darauf antworte: Wo sind die Beweise? Es gibt keine. Und was den Vorrang betrifft – vor wem?« sagte Sir William gereizt. »Vor Mrs. Struan, Mrs. Tess Struan? Meinen Sie das? Sollten wir darauf überhaupt keine Rücksicht nehmen?«
Skye wollte antworten, aber Angélique gab ihm ein Zeichen und sagte: »Keineswegs. Wenn die Prancing Cloud sofort ablegt – bei gutem Wetter dauert eine schnelle Fahrt nach Hongkong zehn Tage und die Rückfahrt ebenfalls zehn Tage. Ein paar Tage Aufenthalt… Dr. Hoag, kann Ihr… Ihr Eis, die sterblichen Überreste meines Gatten so lange konservieren, bis seine Mutter hier eintrifft – falls sie kommen möchte?«
Hoag dachte an Dirk Struan und seine legendäre May-May, an Mischehen und daran, wie sehr er sich selbst wünschte, er hätte seine Frau nicht umgebracht, die Liebe seines Lebens.
Wieder liegt deine Zukunft in der Waagschale, alter Hoag. Hilfst du diesem Mädchen oder Tess Struan? Vergiß nicht, daß es deine Schuld war, daß dieser
Weitere Kostenlose Bücher