Noble House 02 - Gai-Jin
Hodogaya, Cousin treffen. Bitte?«
»Warum nicht, Nakama, alter Junge?« McFay hatte das Dorf seit Monaten nicht besucht, obwohl es innerhalb des vereinbarten Niederlassungsgebietes lag, und griff den Vorwand dankbar auf. Nur wenige Händler wagten sich ohne militärische Eskorte so weit hinaus. Der Mord an Canterbury und Malcolms Schicksal waren allen noch viel zu gut in Erinnerung.
Heute fühlte McFay sich wohl. Mit der letzten Post war eine Auskunft seiner Bankiers in Edinburgh gekommen, und er hatte festgestellt, daß seine Lage besser war als gedacht; seine Mittel waren mehr als ausreichend, um ein eigenes kleines Unternehmen zu gründen. Das Noble House lag in guten Händen, und das freute ihn. Struan’s neuer Manager in Japan, Albert MacStruan, war inzwischen aus Shanghai eingetroffen. Er hatte ihn vor drei Jahren in Hongkong kennengelernt, wo er während sechs Monaten eine Ausbildung unter Culum Struan absolviert hatte, danach Shanghai, wo er rasch zum stellvertretenden Direktor aufgestiegen war.
»Willkommen in Yokohama«, hatte Jamie gesagt und es ehrlich gemeint, denn er mochte ihn, obwohl er wenig über ihn wußte, nur, daß er tüchtig in seiner Arbeit war und jenem Zweig des Clans entstammte, in dem sich schottisches mit spanischem Blut mischte – ein Vorfahre war einer der Tausenden von Spaniern der Armada gewesen, die in Schottland und Irland Schiffbruch erlitten und überlebt hatten, aber nie zurückgekehrt waren.
Hier würde er wegen seiner dunklen Hautfarbe als Eurasier gelten, und man flüsterte sich die Legende zu, er sei ein weiterer, illegitimer Sohn von Dirk Struan, den dieser zusammen mit einem Stiefbruder, Frederick MacStruan, kurz vor seinem Tod mit reichlich Geldmitteln versehen nach Schottland zurückgeschickt hatte.
»Tut mir furchtbar leid, daß wir uns unter diesen schrecklichen Umständen sehen, alter Junge.« MacStruans Aussprache verriet aber auch die Erziehung in Eton und an der Oxford University, enthielt aber auch einen Hauch von Schottisch. Er war sechsundzwanzig Jahre alt, ein stämmiger, dunkelhaariger Mann mit goldener Haut, hohen Wangenknochen und dunklen Augen. Jamie hatte ihn nie nach der Legende gefragt, und von sich aus hatte MacStruan sie auch nie erwähnt. Als Jamie vor fast zwanzig Jahren in Asien angekommen war, hatte ihm Culum Struan, der damalige Tai-Pan, klargemacht, daß man besser keine Fragen stellte, insbesondere keine über die Familie Struan.
»Alles in Ordnung, und machen Sie sich um mich keine Sorgen, Mr. MacStruan«, hatte Jamie gesagt. Obwohl er offiziell nicht mehr zu Noble House gehörte, hielt er ihn auf dem laufenden über Projekte und Geschäfte, machte ihn mit Vargas und ihren japanischen Lieferanten bekannt. Die Bücher waren in guter Ordnung, das Kohlegeschäft mit Johnny Cornishman hatte perfekt begonnen und müßte äußerst gewinnbringend werden, die Qualität der Kohle war erstklassig, und man hatte die Vereinbarung getroffen, in den nächsten drei Monaten pro Woche einen Kahn zu füllen.
Großzügig hatte MacStruan ihm einen zwanzigprozentigen Anteil am Gewinn des ersten Jahres und dann die Genehmigung gegeben, auf eigene Rechnung mit Cornishman zu handeln. »…Falls dieser kleine Rabauke dann noch lebt«, hatte er mit einem Lachen gesagt.
Dank Hiraga hatten Jamies geheime Verhandlungen mit dem Shoya Ryoshi Früchte getragen, und im Prinzip war die erste Gesellschaft gegründet: I.S.K. Trading – Ichi Stoku Kompani. Das Kapital war in hundert Anteile aufgeteilt, wobei dem Shoya vierzig gehörten, McFay vierzig, Ryoshis Frau fünfzehn und Nakama – Hiraga – fünf.
Vorige Woche hatte er seine eigene Handelsgesellschaft eintragen lassen, morgen würde er sein Geschäft vorläufig im selben Gebäude eröffnen, in dein sich auch Nettlesmiths Guardian befand. Seit einer Woche erschien nun der älteste Sohn des Shoya – scheu, nervös und neunzehn Jahre alt – täglich von sieben Uhr morgens bis neun Uhr abends, um alles zu lernen. Insbesondere Englisch. Und mit der letzten Post war eine Abfindung in Höhe von drei Monatsgehältern mit einer höflichen Nachricht von Tess Struan eingetroffen, in der sie ihm für seine Dienste dankte. Drei Monate sind nicht schlecht für fast zwanzig Jahre, dachte er mit grimmigem Amüsement.
Aus Hongkong war noch kein Wort gekommen, dazu war es noch zu früh, obwohl die Prancing Cloud dort vor zehn Tagen angekommen sein mußte. Hoag vor ungefähr einer Woche. Mindestens noch vier oder fünf Tage,
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