Noble House 02 - Gai-Jin
gab hier nicht genügend Fluchtwege und Verstecke – er fühlte sich nur in Kyōto oder Osaka, oder Edo sicher und nur in Kagashima zu Hause. Eeee, es wäre gut, mein Heim und meine Familie wiederzusehen. Aber die müssen warten, dachte er und verschloß sein Herz: »Sonno-joi muß vorankommen, Yoshi muß gedemütigt werden…« Im selben Augenblick hatten die drei Männer die Hände an den Schwertern. Schatten erschienen auf der Shoji-Tür.
»Katsumata-sama?« Es war Raiko. »Ich habe eine Dienerin bei mir.«
Als sie sahen, daß es Raiko war, entspannten sich die Männer. »Bitte, kommen Sie herein.« Sie verneigte sich, die Dienerin tat dasselbe, und sie erwiderten die Verneigung.
»Sagen Sie es ihnen, Tsuki-chan«, sagte Raiko zu der Dienerin.
»Ich ging zum Haus des Shoya. Er sagte, Akimoto-sama sei zum Gai-Jin-Führer gebracht worden und kurz danach in deren Gefängnis. Es war noch nicht möglich, mit ihm zu sprechen, aber bei seiner ersten Mahlzeit, die jemand von unserem Volk bringen wird, können wir mehr in Erfahrung bringen.«
»Gut. Ist er geschlagen oder mißhandelt worden?« fragte Katsumata.
»Nein, Herr, keins von beiden.«
»Nicht geschlagen, sind Sie sicher?«
»Der Shoya war ebenfalls überrascht, Herr. Akimoto-sama hat gepfiffen und gesungen und soll, als sei es ein Teil des Volksliedes, gesagt haben: ›Jemand hat jemanden verraten.‹«
»Das hat er auch im Dorf gerufen. Was hat der Shoya noch gesagt?« fragte Hiraga aufgeregt.
»Der Shoya sagt, er weiß noch nicht, warum die Soldaten Sie suchen. Es sind noch immer Wachen da. Sobald er den Grund kennt, schickt er uns Nachricht.«
»Danke, Tsuki-chan«, sagte Raiko und entließ sie.
»Wenn er nicht geschlagen worden ist«, meinte Katsumata, »muß er ihnen die Informationen gegeben haben, die sie von ihm wollten, und sie haben ihn eingesperrt, um ihn vor dir zu schützen.«
»Nein. Er würde ihnen nichts verraten«, sagte Hiraga, dessen Gedanken sich nur auf eines konzentrierten: Wer ist der Verräter? Sein Blick huschte zu Raiko, die gerade sagte: »Vielleicht kann ich es herausfinden. Ein Gai-Jin-Kunde, der es vielleicht weiß, muß jeden Augenblick kommen. Vielleicht weiß er es, sonst kann er es sicher herausfinden.«
Mit einem aufgesetzten Lächeln betrat André ihr Zimmer. »Abend, Raiko-san«, sagte er, angewidert von seiner Schwäche. Sie begrüßte ihn kühl und bot ihm Tee an. Nachdem der Tee getrunken war, händigte er ihr den kleinen Beutel mit Münzen aus. »Hier eine weitere Zahlung, tut mir leid, nicht alles, aber genug für den Augenblick. Sie wollten mich sehen?«
»Ein wenig warten ist unter Freunden nicht schlimm, Furansu-san«, meinte sie ärgerlich. Als sie das Gewicht des Beutels fühlte, war sie insgeheim zufrieden mit dem Betrag und damit, daß die erste wichtige Angelegenheit erledigt war. Dann fügte sie, um den Druck aufrechtzuerhalten, was bei Kunden so wichtig war, hinzu: »Ein wenig ist unter Freunden nicht schlimm, aber lange ist nicht richtig, überhaupt nicht richtig.«
»Mehr in ein oder zwei Tagen. Hören Sie, ich habe Informationen…«
André fühlte sich überhaupt nicht wohl, einerseits wegen ihres kühlen Empfangs und andererseits wegen einer Migräne, die bei der Besprechung mit Yoshi begonnen hatte und nicht vergehen wollte. Und wegen Angélique. Und weil Tess Struan nicht an Bord der Prancing Cloud war, denn das hätte es ihm sicher leichter gemacht, eine Regelung auszuhandeln und so an das Geld zu kommen, das er brauchte.
Angélique ist noch immer die einzige Chance, die du hast, hämmerte es in seinem Kopf. Seratard hatte erneut Ketterer, Sir William und sogar Skye nach der Gültigkeit der Trauung gefragt. Sie waren alle überzeugt, sie werde vor Gericht standhalten. »In Hongkong? Da bin ich nicht sicher«, hatte Ketterer höhnisch gesagt, und die anderen hatten mit unterschiedlichen Worten dasselbe gesagt. »Zu viele Lumpen hier, die Richter sind nicht so wie in London – sie sind Kolonialbeamte, einfach korrupt. Ein paar Taels Silber… vergessen Sie nicht, Struan’s ist das Noble House…«
Raiko beugte sich dichter zu André. »Information, Furansu-san?«
»Ja.« Jetzt oder nie. »Ganz besondere Geheimnisse, über geheimes Treffen von Yoshi mit Gai-Jin.«
»So ka!« sagte sie, ganz Aufmerksamkeit. »Fahren Sie fort.«
Er erzählte ihr, was geschehen war, in allen Einzelheiten, und sie war höchst interessiert, sog die Luft ein und unterbrach ihn mit gezischten Ausrufen. Als
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