Noble House 02 - Gai-Jin
›Wann bekomme ich den Rest der Beweise?‹ fragte sie, und ich sagte, gleich, wenn sie dem Handel zustimme. ›Einverstanden‹, sagte sie, setzte sich hin, unterschrieb mit ihrem Namen, stempelte die Unterschrift in Gegenwart ihrer Sekretärin und sagte ihr dann, sie solle abschließen und gehen. Sie…«
»Sie hat meine Unterschrift als Zeugin gar nicht erwähnt?«
»Nein, obwohl sie diese, wie Sie vorhersagten, sicher sofort bemerkt hat. Weiter: Ich blieb vielleicht vier Stunden bei ihr und half ihr durch das Labyrinth von Papieren und Abschriften von Papieren. Viel Anleitung brauchte sie allerdings nicht. Dann legte sie alles zu einem sauberen Stapel zusammen und fragte mich nach der Tokaidō-Affäre, Malcolm, Ihnen, McFay, Tyrer, Sir William, Norbert, was Morgan und Tyler mir in Shanghai gesagt hätten, meiner Meinung über Sie, über Malcolm, ob er hinter Ihnen her war oder Sie hinter ihm. Sie gab nichts preis, nur Fragen und noch mehr Fragen. Meinen Fragen wich sie aus. Ihr Verstand ist so scharf wie ein Samurai-Schwert. Aber ich schwöre bei Gott, Angélique, jedesmal, wenn der Name von Morgan oder dem alten Brock fiel, jedesmal, wenn ich einen neuen Kniff erwähnte, den die Papiere zuließen, dann schien Tess beinahe das Wasser im Mund zusammenzulaufen.«
Angélique schauderte. »Gibt es… gibt es eine Chance auf Frieden mit mir, was glauben Sie?«
»Ich glaube schon, aber lassen Sie mich der Reihe nach erzählen. Sie fragte wieder, ob der Handel, den Malcolm unterzeichnet hatte, für mich noch immer eine akzeptable Belohnung wäre. Ich bejahte. Morgen würde sie diesen Vertrag durch ein legaleres Dokument ersetzen, das ebenso unterschrieben und gestempelt sein würde. Dann: ›Und nun zur letzten Angelegenheit für heute abend, Mr. Gornt. Was sollte ich dieser Frau geben?‹ Angélique, ich hatte ihr gesagt, Sie hätten mich um nichts gebeten, sondern wollten ihr nur die Wünsche und Hoffnungen Ihres Gatten zur Kenntnis bringen, und falls diese sich als fruchtbar erwiesen – ich hatte ihr gesagt, Sie wüßten nichts vom Inhalt –, wäre Ihnen das Belohnung genug.«
»Sie haben dieses Wort benutzt, ›Gatte‹? Und sie ließ es durchgehen?«
»Ja, aber sie sagte sofort: ›Wie man mir sagt, ist die Trauung nicht gültig, was immer sie behauptet oder Sir William sagt.‹«
Angélique wollte schon widersprechen, aber Gornt kam ihr zuvor: »Nicht so schnell, meine Liebe, seien Sie geduldig. Ich berichte Ihnen, was sie gesagt hat. Geduld, wir haben genügend Zeit, unser Spiel zu machen. Nach diesem Treffen wollte sie ein weiteres am nächsten Abend. Ich sagte ihr, ich hätte die Brocks gesehen und ihnen dieselbe Geschichte aus Yokohama erzählt, insbesondere über das Duell, und hätte ihnen eine Kopie von Norberts Untersuchung gegeben. Der alte Tyler geriet außer sich vor Wut, aber Morgan beruhigte ihn und sagte, ein Schuß in den Rücken von Jamie McFay hätte ihnen mehr geschadet als der Verlust eines leicht ersetzbaren Geschäftsführers.«
Angéliques Herz pochte. So viele Fragen waren noch unbeantwortet. »Wird sie… wird sie infolge der Informationen etwas unternehmen?«
»So wie ich das sehe, ja. O ja, und zwar schnell. Ich werde meine Rache bekommen und Sie eine Regelung.«
»Was macht Sie so sicher?«
»Ich bin sicher, Ma’am, keine Angst, jahrelang habe ich meine Zunge im Zaum halten und Kotau machen müssen, aber bald… Sie werden sehen! Als ich ihr von meinem Treffen mit den Brocks erzählte – sie fragte dauernd nach ihnen, wollte wissen, wie Tyler auf die Heirat und den Tod ihres Sohnes reagiert hätte, und benutzte kein einziges Mal das Wort ›Vater‹ –, sagte ich ihr offen, wie die beiden über die Seetrauung gelacht hätten und darüber, daß sie gegen ihren Willen erfolgte. Der alte Brock hat gesagt: ›Das geschieht dem Weibsbild recht, nachdem sie gegen meine war!‹ Ich erzählte ihr offen, wie sich beide hämisch über Malcolms Tod freuten und Morgan gesagt hat, jetzt hätten sie keinen Tai-Pan mehr, und am ersten Februar würde Tess aus dem Jockey Club draußen sein und erledigt, und Tyler hat dazu gesagt, dann würde er der Tai-Pan, Dirk wäre endlich besiegt und das Noble House und sein Name für alle Zeiten vergessen!«
»Das haben Sie ihr gesagt?« Angélique drehte sich der Kopf.
»Ja, Ma’am, aber es war Tyler, der das gesagt hat – er hat es wirklich getan. Und er ist derjenige, der sie verrückt macht, also dachte ich, ich sollte korrekt darüber
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