Noble House 02 - Gai-Jin
und Phillip Tyrer, hatte die Sänfte im Hof erwartet. Sie hatten sich verneigt, Yoshi am wenigsten tief; er hatte heimlich in sich hineingelacht, als Anjo sich unter Schmerzen aus der Sänfte helfen ließ. »taikō, dies ist der Gai-Jin-Doktor. B’bc’tt, und Dolmetscher Taira.«
Anjo hatte mit offenem Mund zu Babcott aufgesehen. »Eeee, der Mann ist wirklich groß wie ein Baum! So groß, eeee, ein Ungeheuer! Ist sein Penis dementsprechend?« Dann hatte er Phillip Tyrer angesehen und war herausgeplatzt: »Strohhaare, ein Gesicht wie ein Affe, blaue Schweineaugen und ein japanischer Name – einer von Ihren Familiennamen, Yoshi-donno, neh?«
»Der Name klingt fast genauso«, hatte Yoshi kurz angebunden gesagt und sich an Tyrer gewandt. »Wenn die Untersuchung beendet ist, schicken Sie diese beiden Männer mich holen.« Er hatte auf Misamoto gewiesen, den Fischer, seinen Spion und falschen Samurai, und Misamotos ständigen Bewacher, ein Samurai, dessen Befehl lautete, ihn niemals mit irgendeinem Gai-Jin allein zu lassen. »Anjo-donno, ich glaube, Ihre Gesundheit ist in guten Händen.«
»Danke, daß Sie das arrangiert haben. Der Arzt wird zu Ihnen geschickt werden, wenn es mir paßt, nicht nötig, diese Männer oder irgendwelche von Ihren Leuten hierzulassen…«
Das war gestern gewesen. Die ganze Nacht und heute morgen hatte er sich Sorgen gemacht, Sorgen und Hoffnungen. Sein Zimmer war verändert, war noch strenger; alle Spuren von Koiko waren entfernt worden. Zwei Wachen standen hinter ihm und zwei an der Tür. Gereizt stand er von seinem Schreibtisch auf und ging zum Fenster, lehnte sich auf die Brüstung. Weit unten sah er den Palast, wie die Männer des taikō Wache standen. Ansonsten keine Zeichen von Aktivität. Über die Dächer von Edo hinweg konnte er den Ozean, Rauchwolken einiger Handelsschiffe und ein Kriegsschiff sehen, das sich auf der Heimfahrt nach Yokohama befand.
Was befördern sie, fragte er sich. Waffen? Truppen? Kanonen? Welches Unheil planen sie?
Um seine Nerven zu beruhigen, setzte er sich wieder an den Schreibtisch und fuhr fort, Kalligraphie zu üben. Gewöhnlich besänftigte ihn diese Übung, aber heute brachte sie keinen Frieden. Immer wieder erschienen Koikos exquisite Pinselstriche auf dem Papier, und so sehr er sich auch bemühte, er konnte nicht verhindern, daß er ständig ihr Gesicht vor sich sah.
»Baka!« sagte er, machte einen falschen Pinselstrich und verdarb die Arbeit einer Stunde. Gereizt warf er den Pinsel hin und verspritzte Tinte auf den Tatamis. Seine Wachen wechselten unbehaglich die Position, und er verfluchte sich selbst für den Fehler. Du mußt deine Erinnerungen beherrschen. Du mußt.
Seit jenem bösen Tag hatte sie ihn verfolgt. Ihr zarter Hals, der den Schlag kaum gefühlt hatte… dann war er davongeeilt, statt ihren Scheiterhaufen zu entzünden. Die Nächte waren am schlimmsten. Einsam und frierend im Bett, aber kein Verlangen nach einem weiblichen Körper oder nach Schutz. Alle Illusionen verloren. Ihr Verrat, die Drachenfrau Sumomo in seine inneren Gemächer einzuführen, ungeheuerlich – dafür gab es keine Entschuldigung, keine, sagte er sich immer wieder, keine. Sie muß über sie Bescheid gewußt haben. Keine Entschuldigung, keine Vergebung, nicht einmal, wie er jetzt glaubte, nachdem sie sich geopfert und das Shuriken aufgefangen hatte, das sonst ihn durchbohrt hätte. Er konnte keiner Frau mehr trauen. Außer seiner Gemahlin, vielleicht, und seiner Konsortin, vielleicht. Er hatte nach keiner von ihnen geschickt, nur geschrieben, ihnen gesagt, sie sollten warten und ihre Söhne hüten.
Er spürte keine wirkliche Freude, nicht einmal über seinen Sieg über die Gai-Jin, obwohl er sicher war, daß dies ein großartiger Fortschritt war, und wenn er es den Ältesten erzählte, würden sie in Ekstase geraten. Sogar Anjo. Wie krank ist dieser Hund? Hoffentlich todkrank. Wird der Riese seinen Zauber wirken? Oder soll man dem chinesischen Arzt glauben, der sich, wie Inejin sagt, nie geirrt und etwas von einem frühen Tod geflüstert hat?
Macht nichts. Anjo wird jetzt auf mich hören, auch die anderen werden endlich zuhören und meinen Vorschlägen zustimmen, ich habe viel erreicht. Die Flotte ist nicht länger eine Bedrohung, Sanjiro ist von den Gai-Jin schon so gut wie erledigt, Ogama in Kyōto zufrieden. Shōgun Nobusada wird nach Edo zurückbefohlen, wohin er gehört, sobald er, Yoshi, den Ältesten die Rolle erklärt hat, die der Junge in dem
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