Noble House 02 - Gai-Jin
Japanisch: »Bitte entschuldigen, Yoshi-sama, aber Doktor-sama und ich, wir verneigen wie fremde Sitte. Höflich, ja? Bedeutet nichts Böses, Doktor-sama sagen. Bitte entschuldigen, Mann nicht tot, nur…« Er suchte nach dem Wort, konnte es nicht finden und zeigte daher auf seinen Kopf. »Schmerzen, eine Woche, zwei.«
Yoshi lachte, ohne zu wissen warum. Die Spannung ließ nach. »Bringt ihn fort. Wenn er aufwacht, bringt ihn zurück.« Er winkte die anderen auf ihre Plätze und gab den Engländern zu verstehen, sie sollten sich ihm gegenübersetzen. Als sie ungeschickt Platz genommen hatten, sagte er: »Wie geht es dem taikō, wie ist die Untersuchung verlaufen?«
Sofort antworteten Babcott und Phillip mit einfachen Worten und Gesten, die sie vorher abgesprochen hatten, erklärten, die Untersuchung sei gut verlaufen und der taikō habe eine schlimme Hernie – einen Leistenbruch. Babcott könne helfen, den Schmerz zu lindern, und zwar mit einem Bruchband und Medikamenten, die in der Niederlassung hergestellt und dann gebracht werden sollten. Der taikō sei einverstanden gewesen, daß sie in einer Woche wiederkommen würden, um ihm das Bruchband anzupassen und die Ergebnisse der Untersuchungen mitzubringen. Inzwischen habe Babcott ihm Medizin gegeben, die ihm die größten Schmerzen nehmen und ihm helfen würde zu schlafen.
Yoshi runzelte die Stirn. »Ist diese ›Hernie‹ dauerhaft?«
»Doktor-sama sagen, daß…«
»Ich weiß, daß der Doktor durch Sie spricht, Taira«, versetzte Yoshi unwirsch, verärgert über das, was er gehört hatte, »übersetzen Sie einfach seine Worte.«
»Ja, Sire. Er sagt, der Schaden sei dauerhaft.«
›Dauerhaft‹ war ein neues Wort für Tyrer. »taikō Anjo brauchen… brauchen Medizin immer, um Schmerz zu töten, alle Zeit, Verzeihung, jede Tageszeit, und auch tragen jede Tageszeit dieses ›Bruchband‹.« Tyrer benutzte das englische Wort, zeigte mit den Händen den Gürtel und erklärte den Druckpunkt. »Doktor denken, taikō-sama gut, wenn hat Pflege. Nicht können… nicht können kämpfen, Schwert leicht gebrauchen.«
Yoshi grollte, denn die Ergebnisse waren nicht ermutigend. »Wie lange…« Er hielt inne und winkte seine Wachen hinaus. »Wartet draußen.« Abeh blieb. »Sie auch.« Widerwillig zog sein Hauptmann sich zurück und schloß die Tür. Yoshi sagte: »Die Wahrheit – wie lange wird er leben?«
»Das nur Gott sagen.«
»Ha, Götter! Wie lange glaubt der Doktor, daß der taikō leben wird?«
Babcott zögerte. Er hatte erwartet, der taikō werde ihm befehlen, nicht mit Yoshi zu sprechen, doch nachdem er ihm von der Hernie und der Medizin erzählt und ihm etwas von seiner Laudanum-Tinktur gegeben hatte, die den Schmerz fast sofort linderte, hatte der taikō gekichert und ihn ermuntert, ›die gute Nachricht‹ weiterzugeben. Doch die Hernie war nur ein Teil des Problems.
Seine umfassendere Diagnose, die er Anjo und auch Phillip Tyrer nicht mitgeteilt hatte, weil er mit seinem Urteil warten wollte, bis er eine Analyse der Urin- und Stuhlproben vorgenommen, sich mit Sir William besprochen und eine zweite Untersuchung durchgeführt hatte, war eine mögliche gefährliche Degeneration der Gedärme aus unbekannter Ursache.
Die körperliche Untersuchung hatte nur etwa eine Stunde gedauert, die verbale viele Stunden. Mit sechsundvierzig Jahren war Anjo in schlechter körperlicher Verfassung. Verfaulte Zähne, die früher oder später gewiß zu Problemen führen würden. Schlechte Reaktionen auf vorsichtige Untersuchung von Magen und anderen inneren Organen, offensichtliche innere Einschnürungen, stark vergrößerte Prostata.
Das größte diagnostische Problem waren seine und Phillips sprachliche Unzulänglichkeiten, denn der Patient war ungeduldig, vertraute ihm noch nicht und rückte nicht von sich aus mit Symptomen oder Hinweisen heraus. Eingehende Befragung war nötig gewesen, damit Babcott zu dem wahrscheinlichen Schluß gelangen konnte, daß der Mann Schwierigkeiten mit der Verdauung hatte, Probleme beim Wasserlassen und eine Unfähigkeit, Erektionen aufrechtzuerhalten – was ihm am meisten Sorgen zu machen schien –, obwohl Anjo die Achseln gezuckt hatte und keines der Symptome direkt zugeben wollte.
»Phillip, sagen Sie ihm, ich glaube, er hat etwa die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mannes in seinem Zustand und Alter.«
Tyrers Kopfschmerzen waren zurückgekehrt, verstärkt durch sein verzweifeltes Bemühen, seine Sache gut zu machen. »Er
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