Noble House 02 - Gai-Jin
leben ungefähr so lange wie Mann gleiches Alter.«
Yoshi dachte darüber nach. Auch er verstand die Schwierigkeiten, in einer fremden Sprache bei unzulänglicher Übersetzung heikle Angelegenheiten zu erkunden. Deshalb mußte er seine Fragen einfach formulieren. »Fragen Sie. Zwei Jahre, drei Jahre, ein Jahr?« Er beobachtete Babcott, nicht Tyrer, genau.
»Schwer sagen, Herr. In einer Woche vielleicht wissen besser.«
»Aber jetzt? Die Wahrheit. Eins, zwei oder drei, was denken Sie?«
Ehe er Kanagawa verließ, hatte Babcott erkannt, daß seine Funktion hier nicht nur die eines Arztes war. Sir William hatte gesagt: »Um es unverblümt auszudrücken, alter Knabe, wenn sich herausstellt, daß der Patient Anjo ist, dann sind Sie auch ein wichtiger Vertreter der Regierung Ihrer Majestät, meiner Person und der Niederlassung, und außerdem ein verdammter Spion… also, George, spucken Sie nicht auf diese goldene Gelegenheit…«
Für sich selbst war er zuerst und vor allem Arzt, der die Vertraulichkeit zwischen Arzt und Patient wahrte. Kein Zweifel, Yoshi war der Feind des Patienten, ein mächtiger Feind, aber auch ein potentiell mächtiger Freund für die Regierung Ihrer Majestät. Wog man beides ab, so war Yoshi auf lange Sicht wichtiger. Anjo hatte das Ultimatum gestellt, Yokohama zu evakuieren, er war der Anführer der Bakufu, der, falls Yoshi nicht durch eine Gewalttat zu Tode kam, sicherlich früher sterben würde als dieser. Wenn du gezwungen würdest, was würdest du antworten? fragte sich Babcott. Binnen eines Jahres. Statt dessen antwortete er: »Eins, zwei oder drei, Yoshi-sama? Wahrheit, bedaure, nicht jetzt wissen.«
»Könnte es mehr sein?«
»Bedaure, nicht möglich sagen jetzt.«
»Können Sie es nächste Woche sagen?«
»Vielleicht kann sagen nicht mehr als drei Jahre nächste Woche.«
»Vielleicht wissen Sie mehr, als Sie sagen, jetzt oder nächste Woche.«
Babcott lächelte nur mit den Lippen. »Phillip, sagen Sie ihm höflich, daß ich auf seine Einladung hier bin, als Gast. Als Arzt, nicht als Zauberer, und ich muß nicht in der nächsten oder irgendeiner Woche wiederkommen.«
»Verdammt, George«, murmelte Tyrer, der auf der Hut war. »Wir wollen keine Probleme, ich weiß nicht, was ›Zauberer‹ heißt, und ich will verdammt sein, wenn ich mit diesen Nuancen zurechtkomme. Um Gottes willen, drücken Sie sich einfach aus.«
»Was haben Sie gesagt, Taira?« fragte Yoshi scharf.
»Oh! Sire, daß… schwierig übersetzen Worte von hohen Führern, wenn… wenn viele Bedeutungen und nicht wissen… nicht wissen bestes Wort, bitte um Verzeihung.«
»Sie sollten eifriger studieren«, sagte Yoshi mürrisch, wütend, keinen eigenen Dolmetscher zu haben. »Sie machen Ihre Sache gut, aber nicht gut genug. Lernen Sie fleißiger! Es ist wichtig, daß Sie härter arbeiten! So, und nun: Was hat er gesagt, genau!«
Tyrer atmete tief ein. »Er sagen, er Arzt, nicht wie Gott, Yoshi-sama, nicht genau wissen über taikō. Er… er hier, weil Yoshi einladen. Tut mir leid, wenn nicht wollen kommen Edo, Doktor-sama nicht kommen Edo.« Er wand sich innerlich, als er sah, daß Yoshi genauso unaufrichtig lächelte wie Babcott eben und genau den Sinn verstanden hatte, und er verfluchte den Tag, an dem er beschlossen hatte, Dolmetscher zu werden. »Tut mir leid.«
»So ka!« Grimmig erwog Yoshi seinen nächsten Schritt. Der Arzt hatte sich als nützlich erwiesen, obwohl er Tatsachen vor ihm verbarg. Wenn dies der Fall war, schloß er, so waren die realen Fakten schlecht, nicht gut. Dieser Gedanke gefiel ihm. Ein zweiter Gedanke gefiel ihm ebenfalls. Er beruhte auf einer Idee, auf die ihn Misamoto, ohne es zu ahnen, vor Monaten gebracht hatte. Yoshi hatte sie sofort durch seinen Meisterspion, Inejin, für zukünftigen Gebrauch in die Praxis umgesetzt – eine Möglichkeit, die Barbaren zu kontrollieren, waren ihre Huren.
Inejin war fleißig gewesen wie immer. Yoshi wußte jetzt also eine Menge über die Yoshiwara der Gai-Jin, welche die beliebtesten Herbergen waren, über Raiko und die Hure dieses seltsamen und so häßlichen jungen Mannes Taira, die Alte mit den vielen Namen, die sich jetzt Fujiko nannte. Und über die seltsame Hure von Furansu-san. Der Gai-Jin Führer, Sir William, hatte keine spezielle Hure, Seratard benutzte sporadisch zwei. Nemi wurde als Gefährtin des obersten Gai-Jin-Händlers genannt und war eine besonders gute Informationsquelle. Der Doktor besuchte die Yoshiwara nicht. Warum? Meikin
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