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Noch ein Tag und eine Nacht

Noch ein Tag und eine Nacht

Titel: Noch ein Tag und eine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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jemand könnte mich hören. Vielleicht hatte ich die Melodie im Ohr, weil ich sie in einer Bar oder so gehört habe, und nun findet sie den Ausgang nicht mehr, wie eine Fliege, die gegens Fenster brummt. Lieder, die man singt, ohne es zu merken. Wenn mir das im Ausland passiert, singe ich einfach weiter. An diesem Morgen war ich so glücklich, dass ich ein gutes Stück die 8th Avenue hinunterlief und dabei Uomini soli von I Pooh sang. Und zwar von Anfang bis Ende, zumindest so weit ich es kannte. In Italien hätte ich sofort damit aufgehört, doch Uomini soli auf der 8th Avenue ist ein spaßiges Schämen. Besonders der Refrain: »Dio delle Cittààààààààààààààààààà e dell’immensitààààààà…«
    Um fünf stand ich vor Michelas Büro. Ein paar Minuten später kam sie heraus und lächelte mich an. Als ich sie sah, schwappten meine Gefühle über. Ich war aufgeregt, glücklich, verlegen, stolz, froh. Ich fühlte mich dieser eigentlich Unbekannten schon jetzt auf verwirrende Weise verbunden, ohne die üblichen Ängste. Dieses Gefühl habe ich aber erst später auseinanderklamüsert, im Augenblick der Begegnung war ich nur benommen und mir dessen, was ich erlebte, nicht im Geringsten bewusst.
    Auch Michela war aufgeregt. Unübersehbar. Wir gingen ins Doma und setzten uns auf eine der beiden Bänke draußen.
    »Es kommt mir ein bisschen albern vor, dass ich hier bin. Nach der Lektüre deines Hefts kam ich mir vor wie eine Laborratte, die alle deine Schellen zum Klingeln gebracht hat, wie ein Fisch im Netz.«
    »Mir gefiel die Vorstellung zu spielen, zu wagen, ich wollte sehen, was passiert. Und da bist du. Etwas ist passiert. Du warst mir immer nah, ich weiß nicht warum.«
    »Woher wusstest du, dass ich kommen würde?«
    »Ich wusste es nicht.«
    »Und als du gestern die Nachricht auf dem Anrufbeantworter gehört hast, was hast du da gedacht?«
    »Endlich. Nach der Lektüre meines Tagebuchs kannst du dir denken, dass ich mich gefreut habe. Obwohl du nicht meinetwegen hier bist, sondern beruflich… natürlich.«
    Ihr leises Lächeln ließ vermuten, dass sie zwei und zwei zusammengerechnet hatte.
    Ich war so aufgeregt und froh, dass ich ohne Unterlass redete, bis sie nach einer Weile sagte: »Erhol dich mal einen Moment, ich erzähle dir ein bisschen von mir. Wieso hast du mich in der Straßenbahn nie gebeten, mit dir auszusteigen? Du machtest auf mich nicht den Eindruck, als wärst du schüchtern. Ich hab alles versucht. Sogar einen Handschuh habe ich dir geschenkt. Vielleicht bist du liiert, dachte ich, und bist es noch immer…«
    »Ich bin nicht liiert. Das Gleiche habe ich übrigens von dir gedacht, am Tag deiner Abreise war ich nämlich auf dem Flughafen.«
    »Du warst auf dem Flughafen?… Und hast mich nicht gesehen?«
    »Doch, ich hab dich gesehen. Ich habe dich mit einem Mann gesehen, und da bin ich gegangen.«
    »Das war mein Bruder.«
    »Das weiß ich inzwischen aus deinem Tagebuch. Ich muss das ein bisschen ausführlicher erklären. Ich befinde mich in einer Phase meines Lebens, in der ich nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Nein, eigentlich hat das nichts mit einer Phase zu tun – du hast das ausgelöst. Normalerweise bin ich lockerer und nicht so ungeschickt, was Frauen betrifft. Aber im Grunde bin ich froh, dass ich bei dir gezögert habe. So etwas habe ich noch nie für eine Frau getan, und ich weiß auch nicht, warum ich es jetzt tue.«
    »Na, das ist doch ein gutes Zeichen, oder? Oder wärst du lieber derselbe wie immer?«
    »Nein, so ist es besser. Ach, ich weiß nicht!«
    Wir redeten über alles Mögliche. Anders als beim ersten Mal fühlte ich mich trotz meiner Aufregung nach einer Weile gut, ruhig. Ich war glücklich, es prickelte unter der Haut. Vielleicht war der Film diesmal ja für beide gleich, und darüber hinaus spielte er in New York.
    Mir gefiel, dass sie mich nicht um jeden Preis verführen wollte, während sie mit mir sprach. Wie manche Frauen, die zu diesem Zweck Blicke, Stimme, Worte oder Gestik einsetzen. Sie war ganz natürlich. Zumindest reimte ich mir das so zusammen.
    »Was hast du heute Abend vor?«, fragte ich sie, nachdem wir zusammen gelacht hatten.
    »Was ich heute Abend vorhabe? Ich hatte gehofft, du würdest mir das sagen.«

Romantisches Abendessen
 (Hamburger mit Pommes) 
    Gleich nach dieser kurzen Begegnung begriff ich, dass ich es bei Michela vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben nicht mit einem Mädchen zu tun hatte, sondern mit einer

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