Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Noch ein Tag und eine Nacht

Noch ein Tag und eine Nacht

Titel: Noch ein Tag und eine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
Vom Netzwerk:
dieses heikle Thema haben wir nie wieder angesprochen, auch nicht als Erwachsene. Siehst du, eine echte Lappalie. Und doch tut es mir immer noch weh, wenn ich daran denke.«
    »Armer Junge«, sagte sie und gab mir einen Kuss.
    »Und du, hast du nie etwas getan, wofür du dich geschämt und was du keinem erzählt hast?«
    »Wenn du willst, erzähle ich dir etwas, was ich noch nie irgendjemandem anvertraut habe. Aber peinlich ist es mir eigentlich nicht, im Gegenteil, es ist mir überhaupt nicht peinlich. Aber keiner weiß davon, außer mir und der betroffenen Person.«
    »Wenn du es noch nie jemandem erzählt hast, dann gilt es.«
    »Als ich zwanzig war, fuhren wir, mein damaliger Freund und ich, sein Freund und dessen Freundin, zusammen in Urlaub. Wir hatten für drei Wochen ein Haus am Meer gemietet, auf Sardinien. Ab dem dritten Tag habe ich meinen Freund mit der anderen Frau betrogen, die ganzen drei Wochen.«
    »Wie, mit der anderen Frau… mit Veronica?«
    »Du weißt sogar noch ihren Namen?«
    »Du hast mir doch gesagt, du machst Spaß!«
    »Na ja, ich wollte es dir eigentlich nicht sagen. Jedenfalls hatten wir beide keine einschlägigen Erfahrungen, sie war nicht lesbisch, aber sie hatte etwas, das mich magisch anzog. Sie war bildschön, und bis dahin wäre ich, von ein paar harmlosen Küsschen mit Schulfreundinnen mal abgesehen, nie auf die Idee gekommen, mit einer Frau zu schlafen. Eines Abends, als wir uns zum Ausgehen fertig machten, uns gegenseitig eincremten und beim Anziehen halfen, haben wir uns geküsst. Von Anfang an hatten wir gemerkt, dass zwischen uns etwas lief. Vor diesem Urlaub hatte ich sie nur ein paarmal flüchtig gesehen, aber es war nichts passiert, nicht mal in Gedanken, aber dann, bei dieser Gelegenheit, funkte es, kaum dass wir uns berührten. Am selben Abend haben wir uns auch auf der Toilette des Restaurants und der Diskothek geküsst. Von da an fanden wir immer plausible Ausreden, um allein zu sein. Keiner schöpfte Verdacht. Jeder hielt uns für zwei Frauen im Urlaub, die dauernd einkaufen gehen und Klamotten anprobieren. Abends gingen wir ins Schlafzimmer und cremten uns ein. Ich sehe noch dieses wunderschöne Bild vor mir, wie sie nackt vor dem Spiegel steht und ich vor ihr knie, um sie zu küssen. Ich erinnere mich an die Blicke, die wir uns im Spiegel zuwarfen. Wir amüsierten uns. Wir sahen darin keinen Verrat, sondern ein lustvolles Spiel. Mit unseren Männergeschichten hatte das nichts zu tun. Obwohl, meinen Freund, den habe ich in der Zeit nicht rangelassen. Auf jeden Fall hatte ich wesentlich öfter Sex mit ihr als mit ihm. Nach dem Urlaub haben wir uns zwar noch ein paarmal gesehen, aber es waren immer noch andere dabei, und es ist nichts mehr gelaufen.«
    Während sie die Geschichte erzählte, versuchte ich mir vorzustellen, wie das wohl war, zwei nackte, braungebrannte Frauen in einem Zimmer in einem Haus am Meer. Eins von diesen Zimmern, in denen Koffer voller hochhackiger Schuhe, Sandalen, Cremes, Gürtel, Tücher und Kleider stehen. Allein die Vorstellung der Koffer, dieser kubischen Körper, reichte aus, um mich zu erregen. Wie sie die Geschichte erzählte, erregte mich auch. Noch am Abend, als wir zusammen schliefen, war ich von diesen Bildern wie besessen. Dauernd musste ich daran denken, wie sie sich küssten, sich berührten und alles andere. Ich fand das umwerfend. Und Veronica, die konnte ich mir vorstellen, wie ich wollte, Michela hingegen hatte ich vor mir.
    »Hast du Veronica in letzter Zeit wiedergesehen?«
    »Nein. Ich weiß schon, worauf du hinauswillst. Nein! Bei euch Männern ist das echt eine fixe Idee. Und du, hast du deinen Freund wiedergesehen? Wie heißt er überhaupt?«
    »Andrea. Na ja, sagen wir mal so, ich habe ihm ein Spielzeug geklaut, und er hat mir dafür ein paar Jahre später die Freundin ausgespannt. Ich habe lange nichts von ihm gehört.«
    »Na, dann seid ihr ja quitt.«
    »Findest du? Ein Spielzeug ist doch wohl nicht dasselbe wie eine Freundin.«
    »In dem Alter schon. Außerdem geht es hier nicht um die Freundin oder das Spielzeugauto, sondern um den Verrat. Um das Vertrauen.«
    Ich weiß nicht mehr, ob ich Michelas Argument damals überzeugend fand. Aber inzwischen sehe ich die Sache genauso.
    »Und sonst, gibt es außer Andrea noch andere Leute, mit denen du nicht mehr redest?«
    »Ein paar Frauen, die beleidigt sind.«
    »Das ist ja nicht so gravierend.«
    »Und du?«
    »Mein Ex-Fastgatte und seine ganze Familie.«
    »Also

Weitere Kostenlose Bücher