Noch ein Tag und eine Nacht
ein wenig entspannen könnte. Außerdem hatte sie an dem Abend, als ich für sie gekocht hatte, den Wunsch nach einem Bad geäußert.
Mein Plan war, sie zunächst allein zu lassen, damit sie es in aller Stille genießen konnte. Ich war mir sicher, dass sie das gleich verstehen und nicht erst nach mir suchen würde. Nach zwanzig Minuten folgte ich ihr aufs Zimmer. Sie lag in der Wanne. Wir sahen uns an, sie lächelte und sagte nur: »Danke.« Dann: »Kommst du auch?«
Ich zog mich aus und stieg in die Wanne.
Kaum saß ich, klingelte das Telefon.
»Wenn ich nicht hier bei dir wäre, würde ich jetzt nachsehen, wer dran ist…«
»Geh nur, das macht mir nichts aus.«
»Ich wollte damit sagen, wenn ich nicht hier bei dir wäre, würde ich nachsehen, ob du dran bist.«
Ich spielte gern den Romantiker. Und sie begriff meine Späßchen immer sofort, und so lachte sie auch jetzt.
Eine Weile lagen wir im Wasser. Ab und zu zogen wir den Stöpsel, ließen laues Wasser ab- und heißes zulaufen. Natürlich kommt zunächst immer kaltes Wasser, wenn man den Hahn aufdreht. Deshalb hatte ich früher, als ich noch bei meiner Mutter wohnte, die Angewohnheit, zuerst den Hahn vom Bidet aufzudrehen, bis dort warmes Wasser kam.
Während ich mit Michela in der Wanne lag, musste ich an das letzte Mal denken, dass ich mit einer Frau gebadet hatte. Das war mit Monica, an jenem berühmt-berüchtigten Wochenende der erotischen Spiele. Plötzlich fiel mir alles wieder ein, unvergessliche Bilder.
Entweder hatte sie es in meinem Gesicht gelesen, oder es war purer Zufall, jedenfalls richtete Michela sich auf, legte die Beine um meine Hüften und setzte sich auf mich. Nach ein paar Sekunden war ich in ihr, und wir liebten uns. Als sie sich sachte bewegte, sah ich, wie kleine Wellen entstanden. Dann nahm ich den Schwamm, drückte ihn über ihren Schultern aus und beobachtete, wie das Wasser an ihren Brüsten und Armen herunterlief. Sie schmiegte sich in meine Arme und legte das Gesicht auf meine Schulter. Ihr Atem, ihr leises Stöhnen, das sanfte Plätschern des Wassers: Alles war wie eine große, unsichtbare Liebkosung. Ich war verrückt nach Michela. Es war einfach zu schön, ich hatte das Gefühl, ich würde gleich platzen. Ich hob ihren Kopf und drehte das Gesicht zu mir. Ich wollte sie ansehen und küssen. Da merkte ich, dass sie stumm weinte. Ich küsste sie, und wir umarmten uns noch einmal.
In solchen Augenblicken ist es besser, keine Fragen zu stellen, das habe ich gelernt. Entweder man versteht es, oder man lässt es.
Dann wuschen wir uns mit dem Badeschaum.
»Wie ist das eigentlich, diese Flaschen bei dir im Bad, stört es dich nicht, wenn das ganze Zeug auf dem Boden steht?«
»Nein, das stört mich überhaupt nicht.«
Ich schluckte.
»Wieso nicht?«
»Es stört mich einfach nicht, sicher, wenn ich mit einer Bohrmaschine umgehen könnte, würde ich den Seifenhalter anbringen, aber da ich das nicht kann…«
Schon besser, dachte ich nur.
Michela schloss die Augen und legte den Hinterkopf auf den Wannenrand. Sie war völlig entspannt. Vielleicht auch ein bisschen geschafft von dem heißen Wasser. Wieder musterte ich sie aufmerksam. Manchmal gelang es mir nicht, in ihr die Frau aus der Straßenbahn wiederzuerkennen, dann hatte ich den Eindruck, diese Michela hier sei eine andere. Doch die Unbekannte von damals hatte es geschafft, dass ich diese Tage hier und jetzt so genoss. Und zum ersten Mal in meinem Leben kam mir, wenn auch flüchtig, der Gedanke, mit so einer Frau könnte ich sogar ein Kind haben wollen.
»Hast du jemals ernsthaft an ein Kind gedacht?«, fragte ich sie.
»Natürlich. Auf diese Erfahrung möchte ich auf keinen Fall verzichten.«
»Und mit mir, würdest du mit mir ein Kind machen?«
Ohne die Augen zu öffnen, antwortete sie: »Keine Ahnung. Ich glaub schon.«
Schweigen.
»Aber wir kennen uns doch erst so kurz«, sagte ich.
»Das stimmt. Aber so merkwürdig wäre es nun auch wieder nicht.«
»Vor allem, wo ich doch noch nie zu dir gesagt habe: Ich liebe dich…«
Die totale Entspannung führte zu langen Pausen, beide ließen wir uns mit der Antwort Zeit. Die Unterhaltung war wie eine sehr langsame Tischtennispartie.
»Das hat doch damit nichts zu tun.«
»Wieso? Wenn man ein Kind haben will, dann ist es ja wohl das mindeste, dass man den anderen liebt.«
»Für mich nicht.« Pause. »Ob du mich liebst, ist nicht so wichtig. Besser gesagt, es reicht nicht. Es ist nicht wichtig, was du für mich
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