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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Zeitraum, der zwischen den Tagelöhnern und der Bankiersfamilie liegt, der das Sozialprestige ausmacht. Roditis’ Abstand ist noch zu gering. Vielleicht werden seine Urenkel die Könige der feinen Gesellschaft sein, aber hier und heute wird Mark das nicht zulassen.“
    „Aber Mark kann das Bewußtsein seines Onkels auch nicht kriegen. Er wäre gut beraten, wenn er mit Anstand nachgäbe und das Bewußtsein Roditis überließe. Er sollte lieber das Kriegsbeil begraben und mit Roditis zusammen eine mächtige Allianz des Reichtums eingehen.“
    „Das ist aber nicht gerade Marks Art“, sagte Elena.
    „Er könnte es aber mal versuchen. Elena, ich wäre dir sehr dankbar, wenn du ihm das nahebringen könntest. Zeig ihm doch die Vorteile einer Verbindung mit Roditis auf.“
    „Du möchtest mich zur Kundschafterin machen, die Roditis’ Botschaften weitergibt?“
    Noyes errötete. „Du drückst es reichlich unverblümt aus.“
    „Wir befinden uns hierauf der Insel der Wahrheit, Charles. Das ist es doch, was du von mir willst, nicht wahr – die Sache von Roditis bei Mark durchsetzen?“
    „Ja.“
    „Und womöglich soll ich auch noch Santo sprechen?“
    „Ja.“
    „Möchtest du sonst noch etwas von mir, Charles?“
    Er konnte sie kaum ansehen. Die Giftampulle drückte schwer auf seinen Rippen. Er fühlte sich bitter beschämt, daß sie ihn auf diese Weise vor Kravchenko demütigte. Trotzdem rang er sich dazu durch, danach zu fragen.
    „Es gibt da noch etwas, was ich von dir möchte“, sagte er.
    „Dann sag es.“
    Er berührte ihre warme, nackte Schulter. „Eine Stunde mit dir in einem chambre separé von Jubilisle.“
    „Aber sicher“, sagte sie, so als hätte er sie nach der genauen Uhrzeit gefragt.
    Sie verließen die Cocktail-Bar, gelangten durch eine Halle, in der grelle Alptraumphantasien angeboten wurden, durchquerten eine Arena, in der Geschöpfe der teratogenetischen Chirurgie einen grotesken Tanz aufführten, bestiegen eine Wendeltreppe, die sie hinter ein Becken brachte, in dem glitschige Kopffüßler ein majestätisches Ballett aufführten, und gelangten schließlich zu einer Abteilung, in der Schlafzimmer angeboten wurden; solche Abteilungen ließen sich überall verstreut in halbwegs regelmäßigen Intervallen auf Jubilisle finden. Für fünfzig Dollar mietete Noyes ein Zimmer für eine Stunde.
    Drinnen schaltete Elena einen Projektor ein, der ein kaleidoskopartiges Muster an die Decke und auf das kreisrunde Bett warf. Dann begann sie damit, sich auszuziehen. Unter dem geschuppten Gewand trug sie nur ein Stretchband um die Hüften und ein weiteres unter den Brüsten, um sie in Form zu halten. Noyes’ Hundert-Dollar-Note steckte in dieser tiefen Schlucht. Sie öffnete die Stretchbänder. Ihre großen Brüste sackten leicht ab, die Banknote segelte zu Boden. Sie achtete gar nicht darauf, sondern sah Charles nur an und bot ihm ihren nackten Körper. Ohne weiteres Wort legte sie sich auf das Bett.
    - Deine große Stunde schlägt, erklärte ihm Kravchenko.
    Rasch drang Noyes in die entlegensten Ecken seines Fremdbewußtseins ein, auf der Suche nach den Geheimnissen, mit deren Hilfe er Elenas Lust wecken konnte. Die Informationen waren alle vorhanden: die erogenen Zonen, die richtigen Worte, die Dauer des Vorspiels. Kravchenko hatte mit sorgfältigstem Fleiß für Charles schon vor Jahren alle Vorarbeiten ausgeführt.
    Noyes legte sich zu Elena ins Bett. Ihre Körper kamen sich näher, ihre Haut berührte die seine.
    Er machte die Entdeckung, daß sie leicht zu erregen war und ihre leidenschaftliche Wildheit auch auf ihn übertrug. Im Augenblick des Höhepunkts grub sie ihre Fersen in seine Beine und erzitterte in hemmungsloser Ekstase. Aber dann, inmitten des Flusses unartikulierter Lustlaute, die aus ihrem Munde strömten, schien es Charles, als hörte er sie „Jim, Jim, Jim, Jim, Jim!“ keuchen.

 
     
8
     
    John Roditis hörte mit gespannter Ungeduld dem zu, was Noyes ihm zu sagen hatte. Die beiden saßen am Rand der großen Veranda, von der aus man Roditis’ Ranch in Arizona überblicken konnte. Vor ihnen breitete sich eine endlose Fläche aus bröckligem, braunem Torf aus, der nur hie und da von grau-purpurfarbenen Salbeipflanzeninselchen aufgelockert wurde. Roditis hatte die ganze vergangene Woche in Arizona verbracht und die Vorverhandlungen für ein Kraftwerkprojekt geführt, das die Region südlich von Tucson, Arizona, bis weit über die mexikanische Grenze hinaus versorgen sollte. Er

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