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Noch Einmal Sollst Du Buessen

Noch Einmal Sollst Du Buessen

Titel: Noch Einmal Sollst Du Buessen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Rücken oft „Miss Eisberg“.
    Spontaneität hatte in der Liste ihrer Tugenden allerdings gefehlt. Bis zu dem Tag, als sie den Kündigungsbrief geschrieben hatte …
    Als wollte sie Miss Ellison eins auswischen, schlürfte Marnie vernehmlich ihren heißen Kaffee. Nun, eigentlich hatte sie die adrette Engländerin gern gehabt.
    In den Augen der monarchietreuen Erzieherin war Marnie die Prinzessin von Montgomery Hotels, die einmal den Thron besteigen würde. Natürlich gehörte auch ein Prinz in Miss Ellisons Bild – der edle, schöne und kluge Jüngling, der auf seinem weißen Hengst herbeigeritten käme, um Marnie ins Glück zu führen.
    Als Marnie die Tasse abstellte, bemerkte sie die dunklen Ränder unter ihren Fingernägeln und lachte auf. Wenn Miss Ellison sie jetzt sehen könnte! Die arme Frau würde verzweifeln.
    Miss Ellison hatte nie gutgeheißen, dass Victor ihr beibrachte, wie man mit einer Angelrute, mit Messern und sogar mit einem Gewehr umgeht. So grässliche Dinge lernten nur Jungen vom Lande. Und wenn sie Zeugin der mörderischen Bootsfahrt im Orkan gewesen wäre, hätte die empfindsame Engländerin einen Herzschlag bekommen.
    Was Adam Drake betraf, hätte Miss Ellison wahrscheinlich mit der Zunge geschnalzt und ihn „absolut indiskutabel“ gefunden. „Zu derb, Darling, zu gefährlich! Merk dir meine Worte, er ist der Typ Mann, der Frauen benutzt, um das zu bekommen, was er will. Und wir alle wissen, dass er in diese hässliche Geschichte verwickelt war. Er hat deinen Vater bestohlen, daran besteht kein Zweifel. Ganz gleich, wie das Gericht entschieden hat – er ist ein Dieb. Man kann es in seinen Augen sehen. Er taugt nichts, Kind. Keine Erziehung, weißt du. Ich traue ihm nicht. Ganz und gar nicht.“
    Marnie trank ihren Kaffee aus und stand abrupt auf. Punkt eins der Tagesordnung: Adam Drake loswerden. Sie wollte ihn nicht, und er wollte sie nicht. Sollte er Kent anderswo suchen, wenn er ihn unbedingt auseinandernehmen wollte. Sie wunderte sich, dass ein kluger Mann wie Drake so hartnäckig eine falsche Spur verfolgte. Denn Kent hatte nichts mit der Unterschlagung zu tun. Er hatte sich sogar Vorwürfe gemacht, dass er die Fehler in den Büchern nicht selbst entdeckt hatte. Kate Delany, die zuverlässige, stets wachsame Kate, hatte bemerkt, dass bestimmte Rechnungen nicht mit den Zahlungsschecks übereinstimmten. Die Daten im Computer waren nachträglich gefälscht worden.
    Ihre Entdeckung hatte Kent völlig verblüfft, und er hatte deutlich seinen Abscheu gezeigt. Er hatte Adam nie gemocht, so viel stand fest. Sie waren beide zu ehrgeizig, und Adam hatte Kent oft ausgestochen.
    Marnie dachte an die Zeit zurück, als Adam der Favorit ihres Vaters gewesen war. Immer auf der Suche nach einem Standort für ein neues Hotel. Immer der Erste mit Zahlen und konkreten Daten. Er war fähig, ein neues Projekt so einfach zu erklären, dass jeder in der Runde es verstand.
    Er war bei den Angestellten beliebt gewesen. Besonders bei den Frauen, die seine Dynamik bewunderten. Von seinem guten Aussehen ganz zu schweigen. Seine maskuline Ausstrahlung hatte auch sie, Marnie, nicht unberührt gelassen. Aber da sie aus Prinzip Beruf und Privatleben strikt voneinander trennte, waren alle männlichen Wesen in der Firma für sie tabu. Bis Kent Simms angefangen hatte, so hartnäckig um sie zu werben. Hätte sie sich bloß an ihr ungeschriebenes Gesetz gehalten und sich nie auf ihn eingelassen.
    Aber sie wollte nicht länger an die Erniedrigung denken, die er ihr zugefügt hatte. Ein neues Leben hatte begonnen, ihr Leben.
    Sie ging auf die Vorderveranda, in der Erwartung, irgendwo Adam zu sehen. Er war nirgends zu erblicken. Sie schlenderte durch den feuchten Strandhafer zum Rand der Klippen. Tief unter ihr schäumte die Brandung des Ozeans. In stetem Rhythmus rollten die blaugrauen Wellen heran und brachen sich an der felsigen Küste. Die Gischt sprühte meterhoch und erfüllte die Luft mit dem Geruch von Salz und Seetang. Hoch über dem Meer segelten Möwen in den Luftströmungen, und am Horizont bewegten sich im Morgendunst schemenhaft die Fischkutter.
    Marnie blickte nach Süden und erspähte die „Marnie Lee“. Zu ihrer Erleichterung hatte die Jacht keine Schlagseite, sondern dümpelte ruhig in den Wellen. Schneeweiß hob sie sich gegen den grauen Dunst ab. Marnie kniff die Augen zusammen, als sie längsseits des Schiffes einen gelblichen Farbfleck ausmachte. Die Küstenwache?
    Ihr Herz setzte einen Schlag aus,

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