Noch Einmal Sollst Du Buessen
ihrem Stellplatz und musste wieder an Adam und ihren Vater denken. Öl und Wasser. Angeklagter und Opfer. Der Geliebte und der nächste Verwandte.
Mit dem Regenmantel über dem Arm eilte sie die Außentreppe zu ihrer Wohnung in der zweiten Etage hinauf.
Adam wartete auf sie.
Er saß in der Hocke an die Wand gelehnt und sah zu ihr hoch. Ein warmes Lächeln ging über sein Gesicht. Seine Augen erschienen in der Abenddämmerung einen Ton dunkler, und sein Haar glänzte im Schein der Türbeleuchtung blauschwarz. Marnies Herz machte bei seinem Anblick einen Satz.
„Wird Zeit, dass du kommst“, begrüßte er sie und stand auf, als Marnie die Tür aufschloss.
„Ich habe keinen Besuch erwartet.“ Sie riskierte einen Blick zur Seite. Sein markantes Profil hob sich scharf gegen den Abendhimmel ab, und unweigerlich fühlte sie sich in seinen Bann gezogen. Ihr Puls begann zu rasen. „Aber das ist eben dein Stil, nicht wahr? Du tauchst überall auf, wo du nicht erwartet wirst.“
„Je überraschender mein Erscheinen, desto durchschlagender die Wirkung.“
„Desto mehr Probleme halst du dir auf.“ Sie stieß die Tür auf. „Komm schon rein. Du würdest sowieso nicht locker lassen, bis du nicht in der Wohnung wärst. Und ich will nicht unbedingt das Tagesgespräch der ganzen Nachbarschaft werden.“ Es war nicht die klügste Idee, ihn hereinzubitten, aber sie war in der Stimmung zu feiern. Außerdem fand sie es sehr romantisch, dass Adam draußen im Dunkeln gesessen und auf sie gewartet hatte.
Er folgte ihr in die Wohnung, und bei dem vertrauten Geräusch seiner Schritte wurde sie an die Abende auf der Insel erinnert. Wärme durchströmte sie, das Blut pulsierte schneller durch ihre Adern.
„Ich wollte dich zum Essen einladen.“
„Du willst mich richtig altmodisch ausführen?“, fragte sie spöttisch und warf ihm einen Blick über die Schulter zu.
Er grinste. „Überrascht dich das?“
„Überrascht ist gar kein Ausdruck. Es haut mich um.“
„Na ja, es stimmt, unsere Beziehung war nicht gerade Kerzenlichtromantik, Blumen und Poesie.“
„O bitte, hör auf.“ Marnie warf ihren Regenmantel über die Sofalehne und drehte sich zu Adam um. Ihre Zunge war vom Champagner gelöst, und sie redete ohne Hemmungen. „Von einer Beziehung kann keine Rede sein. Nur Sex, weißt du nicht mehr?“
Zum ersten Mal, seit sie sich näher kannten, wirkte Adam verlegen. „Ich habe es sehr vereinfacht. Zu sehr vielleicht …“
„Ach ja?“ Sie zog die Augenbrauen hoch – eine stumme Aufforderung an ihn, sich näher zu erklären.
„Wir sind Partner.“
„Gezwungenermaßen“, erinnerte Marnie ihn, aber dann erlahmte ihr Kampfgeist, denn Adam kam auf sie zu und umfasste zärtlich ihr Gesicht.
„Warum hörst du nicht auf zu kämpfen?“, flüsterte er.
Sie glaubte, in der Tiefe seiner goldbraunen Augen zu ertrinken. Aber sie zögerte nur eine Sekunde. „Vielleicht wegen deiner Lügengeschichten“, brachte sie heraus, und ihre Stimme zitterte ein wenig. „Ich habe ein gutes Gedächtnis. Ich werde den Eindruck nicht los, dass du immer dann bei mir ankommst, wenn du dir davon einen Nutzen versprichst. Du bist an mir interessiert, weil ich Victor Montgomerys Tochter bin.“
In seinen Augen lag ein Ausdruck, den sie nicht deuten konnte. „Es wäre einfacher, wenn ich dich hassen würde.“
„Tust du es etwa nicht?“
„Wie kannst du so etwas denken!“
„Wenn ich nur wüsste, was ich denken soll.“
„Du bist die faszinierendste Frau, die ich je kennengelernt habe, Marnie. Unglücklicherweise.“
„Unglücklicherweise?“
„Ich wollte es nicht. Ich wollte mich gefühlsmäßig nicht engagieren. Nicht einmal ein bisschen.“ Sein Blick streichelte ihre Lippen, und bei dem Gedanken, er würde sie küssen, kribbelte es in ihrem Magen. „Glaub mir, ich wollte dich nie verletzen.“
„Du hast mich nicht verletzt“, log sie, „so viel empfinde ich nicht für dich.“
„Das beruhigt mich“, antwortete er mit einem wissenden Lächeln, das sie der Lüge überführte. „Dann wirst du auch mit mir ausgehen.“
Adam fuhr zum Hafen und hielt vor einem unscheinbaren alten Fischrestaurant, in das Marnie von sich aus nie einen Fuß gesetzt hätte. Aber das Innere strahlte nostalgische Behaglichkeit aus. Sie bekamen auf Adams Bitte hin einen Tisch an einem Fenster, das einen einmaligen Panoramablick über die ganze Bucht bot.
Der Nebel hatte sich etwas gelichtet. Das Lichtermeer der Stadt spiegelte sich im
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