Noch immer schwelt die Glut
anderen schlecht |203| gemacht hat, sich mit diesem versöhnen müsse, bevor er zum Altar tritt.
Und was euch, meine Herren von der Sorbonne, betrifft, so hörte ich, daß ihr am 16. dieses Monats, innerhalb eurer Mauern bei gutem Mahle versammelt, nach einer Debatte den geheimen Beschluß faßtet, gemäß welchem es legitim sei, jenen Fürsten, die man nicht befindet, wie sie sein sollten, die Regierung zu entziehen. Man bat mich, diesem schönen Beschluß keine Beachtung zu schenken, weil er nach einem Gelage gefaßt wurde. Indessen möchte ich euch, ihr Herren von der Sorbonne, die ihr euch trunken mit Zeptern und Kronen zu schaffen macht, und euch, meine Herren Prediger, daran erinnern, daß Papst Sixtus V., welcher gegenwärtig regiert, ein gutes Dutzend Franziskaner, die ihn in ihren Predigten verleumdet hatten, auf die Galeeren schickte. Und endlich will, wünsche und befehle ich, daß ihr es euch in euer Gedächtnis schreibt, daß es unter euch keinen gibt – keinen, sage ich –, der nicht das gleiche und mehr als diese Franziskaner verdiente; daß ich das Ganze für diesmal aber vergeben und vergessen will, sofern es sich nicht wiederholt, sonst werde ich meinen Gerichtshof bitten müssen, euch genauer und exemplarischer Justiz zu unterwerfen.«
Sicherlich war dies eine starke Rüge, doch griff ihre liebenswürdige Besonnenheit zu hoch, um so niedere Seelen wie die seiner Zuhörer zu erreichen. Da ihren feisten und wohlgemästeten Hälsen am Ende der Standpauke nicht der verdiente Strick winkte, schwoll ihnen ob der Straflosigkeit nur der Kamm, und die Geduld des Königs steigerte ihren Haß auf ihn noch.
De Thou sagte mir eines Tages, die Scheu des Königs zu handeln und zu ahnden habe daher gerührt, daß er in erster Linie ein Mann der Studierstube war, der mit Vorliebe und Muße über die Sitten, Gebräuche und Edikte des Reiches nachsann, um den Mißbräuchen abzuhelfen, die er mit scharfem Blick erkannt hatte, und daß Heinrich niemals glücklicher war, als da er während der friedlichen Jahre seiner Regierung sich ganz dem gewaltigen Gesetzeswerk widmen konnte, welches man in völlig gerechtfertigter Ehrerweisung den Code Heinrichs III. nennt.
Ich weiß nicht, ob ich viel Wasser auf diese Mühle leiten |204| kann, weil ich den König, und sei er auch ein Mann der Studierstube gewesen, viele Entscheidungen treffen sah, die an sich vorzüglich waren – wie Epernons Gesandtschaft zu Navarra –, die jedoch scheiterten. Was den König anlangte, war es nicht so sehr, daß das Denken sich nicht mit der Tat zu verschwistern wußte, vielmehr schien die Tat in diesen bewegten und verworrenen Zeiten selber verwaist, fragte es sich doch, wenn sie fehlschlug, ob ihre Mutter die Weisheit war. Und betrachtet man zum Vergleich das Verhalten des Herzogs von Guise in derselben Periode von 1584 bis 1588, scheint er nicht minder gelähmt, zaudernd und schwankend gewesen zu sein. Denn die Lage war für ihn genauso unübersichtlich wie für den König. Wohl hatte er Spaniens Gold und die Gunst des Volkes für sich, doch stand gegen ihn die Legitimität des Herrschers, und als er dann die Religion zum Schild nahm, zwang ihn dieser Schild, der ihn antrieb, ihn verwirrte, sogar blind machte, sich im Krebsgang auf den Thron hin zu bewegen.
Endlich fühlte mein armer Herr sich an Händen und Füßen gebunden durch die drückende Last seines Gewissens, das er mit den ihm eigenen Liebesfreuden nicht zu versöhnen vermochte, wurden diese doch streng verpönt und verabscheut von beiden Kirchen, der hugenottischen wie der katholischen – und vom Volk. Um dieser widrigen Bürde willen kehrte Heinrich so oft in Klöster ein, versenkte sich in karger Zelle in Gebet und Kasteiungen oder führte barfuß und im Büßerhemd durch allen Kot und Unflat der Pariser Gassen endlose Prozessionen, sang und betete und geißelte sich. Soviel diese arme Seele von den geheiligten Kanzeln herab auch bespien wurde, so schwere Angriffe und Verletzungen ihr Guise auch zufügte, befand sie sich innerlich doch noch schwärzer, als man sie machte. Und wo der König sich hätte rächen mögen, schickte sich der Sünder darein, Galle und Essig der Demütigungen zu schlucken.
»Siorac«, sagte der König, noch immer seiner eigenen Statue gleich, als ich mich vom kniefälligen Kuß auf seine gepflegten Fingerspitzen erhob, »ich hörte von Eurem Mißgeschick zu Mâcon. Berichtet mir, wie die Sache zuging.«
Ich befriedigte Seine Majestät so gut
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