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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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schwarzen Brauen hochziehend.
    »Ja, verbannt. Aber der König hat mich zurückgerufen.«
    »Durch brieflichen Befehl, den Ihr vorweisen könnt?«
    »Nein. Durch Aufforderung des Barons von Quéribus.«
    »Der drei Tage nicht hier war«, sagte einer der fünf.
    »Mit gutem Grund, Monsieur«, sagte ich. »Er war bei mir in Montfort l’Amaury.«
    »Trotzdem, Monsieur«, sagte Laugnac unbeeindruckt, »von uns kennt Euch keiner.«
    »Meine Herren«, sagte ich, »vor einem halben Jahr war auch noch keiner von Euch hier, weil Ihr vom Herzog von Epernon gerade erst in der Gascogne rekrutiert wurdet.«
    Diese Wahrheit gefiel ihnen nicht, und ich sah an ihren wütend blitzenden Augen, daß sie mir zu gerne übel mitgespielt hätten.
    Zu meinem Glück ging die Tür des Königs auf, Chicot erschien mit seiner Tropfnase, und als er mich im Griff und unter den Dolchen der Fünfunfvierzig erblickte, platzte er los vor Lachen.
    Worauf Du Halde herauskam, doch anstatt angesichts meiner Lage zu lachen, runzelte er die Stirn.
    »Meine Herren«, sagte er mit herablassendem Tadel, »Ihr handelt ein wenig übereilt. Dieser Edelmann wird von Seiner Majestät erwartet.«
    Worauf die fünf von mir abließen, doch die Schwänze einziehend wie böse knurrende Hunde, denen ihr Herr das Jägerrecht verwehrt.

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    |233| SIEBENTES KAPITEL
    Der König war nicht etwa zu Bett, sondern in seiner Kapelle, doch auf eine Weise beschäftigt, die mich höchlich verwunderte. Obwohl ich schon davon gehört hatte, hielt ich dies für eine der vielen Legenden, die über Heinrich umgingen, bis ich es nun mit eigenen Augen sah: Seine Majestät schnitt mit einer großen Schere Miniaturen aus einem Gebetbuch, das noch von Hand geschrieben war, wie vor der Erfindung des Buchdrucks üblich. Hatte der König die wunderbar gemalten Miniaturen gänzlich vom Text befreit, gebot er einem Pagen, sie an jene Stellen auf die Wandtäfelung seiner Kapelle zu kleben, die er ihm mit dem Finger bezeichnete. Vorher jedoch schwankte und überlegte er jedesmal, an welcher Stelle sich das Bild nach Thema und Farben wohl am besten ausnähme, der Page stand derweil wartend, mit dem Kleisterpinsel in der Hand. Und wartend stand auch ich, bis der König mich bemerken würde, auf der Schwelle des Raums, der einzig einen schön geschmückten, aber ganz kleinen Altar, einen mit rotem Samt bezogenen Betstuhl und ein Pult enthielt, auf dem die illuminierte Handschrift lag.
    Der König kehrte mir, ganz in seine Sache vertieft, den Rücken. Weil ich aber nicht näher treten konnte, solange er mich nicht gewahrte und mir die Hand reichte, mußte ich da stehenbleiben, ziemlich unglücklich, daß ich ihn allen Ernstes bei solch seltsamem Zeitvertreib antraf, während ihm das Reich im Norden wie im Süden zerbröckelte, seine Hauptstadt von den Guisarden gegen ihn aufgewiegelt wurde, seine Finanzen zerrüttet und sein Leben bedroht waren.
    »Sire«, sagte endlich Du Halde hinter mir, um mich aus meiner peinlichen Lage zu befreien, »Monsieur de Siorac ist da.«
    »Ah, Siorac!« sagte der König, als hätte er mich gestern erst gesehen, nahm die große Schere von der Rechten in die Linke und bot mir zerstreut seine Hand, die ich kniefällig küßte.
    Worauf der König sich wieder seiner Beschäftigung zuwandte, |234| als wisse er nicht mehr, weshalb er mich in aller Eile von meinem Gut hatte zurückholen lassen. Wortlos, seiner Aufmerksamkeit harrend, blickte ich ihn an. Sein Gesicht schien mir verwandelt, fahl sein olivfarbener Teint, die großen schwarzen Augen hohl und dunkel gerändert, und seine Finger, welche die Schere hielten, zitterten, so daß er Mühe hatte, säuberlich zu schneiden.
    »Nun, Siorac, was willst du?« sagte er, indem er die ausgeschnittene Miniatur seufzend dem Pagen hinstreckte und mit dem Zeigefinger die Stelle wies, an die er sie kleben sollte.
    »Sire«, sagte ich, »heute morgen erhielt ich einen Brief meines Vaters, den er im Auftrag des Königs von Navarra schrieb, welcher von Euch Weisungen hinsichtlich seiner Gemahlin erwartet.«
    »Ha!« sagte der König gereizt und bitter, »Margot! Immer wieder Margot! Um was geht es? Lies, Siorac.«
    Ich gehorchte, Heinrich schien aber kaum zuzuhören. Die Lider gesenkt, die Stirn in Falten, fuhr er in seiner Ausschneiderei mit einer Sammlung fort, als hinge das Glück seines Throns davon ab.
    Als ich die Lektüre beendete, blieb er stumm, bis die Miniatur, an der er sich mit zitternder Schere abmühte, aus dem

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