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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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selbstgefällig als zum Gefallen der Königin und langweilig wie ein Regentag in London. Alles kam vor: der große Alexander, Homer, Vergil, David und Saul, Cäsar und Augustus, letzterer als das schönste und seltenste, durch die Jahrhunderte glänzende Beispiel von Gnade. Da ich als Dolmetsch des Gesandten die Rede im gleichen Zuge übersetzte, wie er sprach (was sie noch länger machte), versuchte ich, einige Begriffe zu mildern, besonders, wenn es um verschleierte Drohungen dessen ging, was der König von Frankreich zu tun beabsichtigte, sollte Maria Stuart, seine Schwägerin, verurteilt werden. Milderungen, die Elisabeth durchaus bemerkte, wie ich an einem leichten Blitzen ihrer schönen Augen erkannte, und mir fiel ein, daß Lady T. gesagt hatte, Ihre Majestät spreche Französisch, Italienisch und Latein ebensogut wie ihre Muttersprache. Daß sie mich nicht unterbrach, um zu sagen, sie verstehe Monsieur de Pomponne auch ohne meine Hilfe, geschah sicherlich mit Rücksicht auf ihre Räte, deren einige |330| vielleicht nicht so sprachkundig waren, um dem verschlungenen Faden dieser geschwollenen Rede zu folgen.
    Als Pomponne de Bellièvre jedoch endete, ergriff sie auf französisch das Wort, und zwar mit einer Flüssigkeit und Vehemenz, daß dem Gesandten der Mund offenstand, sprach sie doch gleichzeitig als Königin und als Frau und brachte ihn sowohl durch ihre Gründe wie durch ihre Schlagfertigkeit zum Schweigen.
    »Monsieur de Bellièvre«, sagte sie mit ebenso ruhiger wie kraftvoller Stimme, »ich habe Eure gesamte Rede im Kopf, hörte ich sie doch zweimal, einmal von Euch, das zweitemal von Eurem Dolmetsch. Ich habe so gut zugehört, daß mir kein Wort entgangen ist. Und ich bin erzürnt, Monsieur de Bellièvre, daß eine Persönlichkeit wie Ihr sich die Mühe machte, den Kanal zu überqueren, um mich in einer Angelegenheit zu bereden, in welcher niemand Ehre und Nutzen gewinnt, der meinen Willen ändern will, die Sache ist klar und der Fall eindeutig. Obwohl Maria Stuart unter mir steht, da sie in meinem Reich lebt und nicht ich in ihrem, aus welchem sie nach der Ermordung Darnleys von ihren Untertanen verjagt wurde, erwies ich ihr zahllose Freundschaftsdienste, was sie aber in keiner Weise von ihrem Übelwollen gegen mich abbrachte, so daß ich mich in meinem Haus und meinem Reich nicht mehr sicher, sondern von allen Seiten ausgespäht und angegriffen fühle. Sie hat mir so viele Feinde geschaffen, daß ich nicht mehr aus noch ein weiß. Ich bin nicht frei, ich bin ihre Gefangene, anstatt daß sie meine ist. Würde sie triumphieren, wäre dies, wie Ihr wohl wißt, das Ende, sowohl für mich als für mein Volk, welches zu schützen ich vor Gott dem Herrn geschworen habe. Ich würde meineidig werden, Monsieur de Bellièvre, würde ich die Begnadigung gewähren, die Ihr von mir fordert. Welche vom König von Frankreich, meinem guten Bruder und Eurem Herrn, zu fordern ich nicht wagen würde in einem Casus, in dem es für ihn ebensosehr um das Heil seines Staates ginge, wie es in dieser Affäre um das des meinen geht. Im Gegenteil bete und wünsche ich von ganzem Herzen, daß mein guter Bruder, der König von Frankreich, beschützt und bewahrt bleibe vor all seinen Feinden, wie auch ich vor den meinigen, die ich nur ein armes Weib bin und viele Mühe habe, mich der Angriffe und Hinterhalte zu erwehren, von denen ich umgeben bin.«
    |331| Während die Königin redete, wanderten meine Augen bald zu Monsieur de Bellièvre und jenen Herren seines Gefolges, die ich für Ligisten hielt, bald zu den Gesichtern von Elisabeths Räten, und sie lasen hier sehr andere Eindrücke als dort. Erstere erschienen mir, aller höfischen Politur zum Trotz, spürbar aufgebracht, ungehalten und entrüstet, besonders, als Elisabeth von den Feinden ihres guten Bruders Heinrich sprach, womit nur die Guises gemeint sein konnten. Die Räte sah ich zugleich befriedigt von der ehernen Festigkeit ihrer Herrscherin und tief ergriffen in ihrer männlichen Beschützerrolle, als sie sich ein von Hinterhalten bedrohtes »armes Weib« nannte – zumindest jene, die Französisch verstanden und den anderen die Rede leise übersetzten. Was mich angeht, so bewunderte ich das Geschick der Königin, die Herzen ihrer Untertanen zu fangen, indem sie gleichzeitig Entschlußkraft zeigte und sich auf die Schwäche ihres Geschlechts berief.
    Monsieur de Bellièvre, der bei aller Selbstgefälligkeit doch lange höfische Erfahrung hatte und klug genug war

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