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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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vom Tabak, hinauszulassen, dann gebot uns der König, die vorhandenen Sitze einzunehmen, und zog sich, nachdem er lange und leise mit Bellegarde gesprochen hatte, zurück vors Feuer, wo er stehenblieb, jedenfalls solange das Fenster offen war.
    Bellegarde war ein sehr schöner Edelmann und großer Frauenheld, dabei von ernsthaftem und verschwiegenem Wesen und erprobter Königstreue, er wäre, mit einem Wort, in jedem Punkt volkommen gewesen, hätte ihm nicht, wie Chicot, ständig die Nase getropft, was den König ungemein störte und weshalb er ihn unaufhörlich schalt, sosehr er ihn auch liebte und schätzte.
    »Meine Herren«, sagte Bellegarde mit der belegten Stimme eines, der für gewöhnlich wenig spricht, und indem er Guise stets nur als
tertium quid
bezeichnete, ein sonderbarer, der Mathematik entliehener Ausdruck, der »das dritte Element« bedeutet, »meine Herren, ich unterbreite Euch jetzt einen Plan, die Affäre betreffend, die uns beschäftigt. Seine Majestät wünscht Eure Meinungen zu hören, damit die Sache weiter ausgearbeitet werde.«
    Ich brauche den Plan, den Bellegarde vortrug, hier nicht erst |507| zu beschreiben, weil er in der anschließenden Debatte stark verändert wurde. Auch glaube ich nicht, daß ich namhaft machen sollte, wer diese oder jene Änderung beibrachte, denn es könnte einem selbst heute noch gefährlich werden, als Vater eines Vorschlags genannt zu werden, der zum Erfolg dieser Affäre beitrug. Es ist ja nicht so, daß das Feuer unter der Asche der Zwietracht nicht weiterschwelte, und soviel der eine oder andere sich auch mit Recht darauf zugute halten mag, an jenem Tag im Kreis der Getreuen gewesen zu sein, wäre es ihm vielleicht doch beängstigend, wenn er unseren Gegnern für die Patenschaft einer Kriegslist bekannt würde, die jene in ihren Kampfschriften als besonders grausam oder abgefeimt erachteten. Und gewiß würde ich einräumen, daß unser Plan von einem Sohn, einer Mutter, einem Bruder oder einer Gattin mit solchen Begriffen bezeichnet zu werden verdiente, hätte man den Marsch des Herzogs von Guise zum Thron, zur Ausrottung der »Politiker« und Hugenotten und die Unterwerfung des Reiches unter die Inquisition anders aufhalten können als durch seinen Tod.
    Es stellte sich in unserer mit leiser Stimme geführten Beratung schnell heraus, daß die Hauptschwierigkeit darin bestand, Guise, der, wie gesagt, nie anders denn als
tertium quid
bedeutet wurde, von seinem Gefolge zu trennen, denn bei einem Zusammenstoß seiner Edelleute und der unseren wären womöglich viele dem Kampfgetümmel erlegen, nur gerade nicht jener, dessen Tod für den Staat erforderlich war. Und da der
tertium quid
, der ja einige Gründe hatte, mißtrauisch zu sein, sich für gewöhnlich von allen seinen Leuten bis vor die Tür des Königs begleiten ließ, außer an den Ratstagen, weil dann die Eskorten der teilnehmenden Großen so zahlreich waren, daß man vereinbart hatte, sie im Hof zu lassen, kamen wir überein, das Attentat auf einen Ratstag anzusetzen, wobei besagter Rat sehr früh am Morgen einberufen werden sollte in der Hoffnung, daß nur wenige Edelmänner des
tertium quid
sich bequemen würden, schon um diese Stunde aufzustehen.
    Als wir nun jedoch vergeblich nach einem Grunde suchten, diese frühe Morgenstunde auch nur einigermaßen zu rechtfertigen, denn um sieben Uhr war es im Dezember noch nicht einmal hell, sagte der König, der vorm Feuer stand und die Hände nach den Flammen streckte, indem er den Kopf umwandte und |508| ebenfalls äußerst leise sprach, man könnte doch angeben, daß er an jenem Morgen nach seinem Haus in La Noue aufbrechen wolle, um sich auf einige Tage zurückzuziehen, und daher wünsche, daß der Rat vor seiner Abreise noch einmal zusammentrete. Worauf einer von uns hinzufügte, daß der König diese Abreise zum Vorwand nehmen könnte, dem
tertium quid
am Tag davor die Schlüssel zum Schloß abzuverlangen, welche jener in seiner Eigenschaft als Großmeister von Frankreich verwahrte, um Tür und Tor zu schließen, sobald der Rat versammelt war, so daß die Falle zuschnappte.
    Dieser Vorschlag wurde angenommen, aber für noch nicht hinreichend erachtet, denn um erwähnten Zusammenstoß zu vermeiden, galt es, den
tertium quid
von seinem Gefolge zu trennen, also sollten alle drei Treppen, die zu den Gemächern des Königs führten (nämlich E, e und e' auf meinem Plan) durch unsere Leute besetzt werden.
    Da jedoch zeigte sich eine Schwierigkeit, die wir lange

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