Noch immer schwelt die Glut
nackend gehen!«
»Beiseite, Mädchen! Pierre, umarmt mich! Auf zwei Worte denn! Die Bedingung ist folgende. Nun laß mich doch, Franchou, beim Ochsenhorn!«
»Gleich, Moussu: ich will Euch nur das Wams zuknöpfen. Wollt Ihr Euren Bauern Euer Brustfell zeigen?«
»Pierre, die Bedingung … Ha, die Pest über dieses Gefummle! Was machst du an meinem Hals?«
»Ich muß Euch die Krause knöpfen, oder wollt Ihr ohne nach Marcuays?«
»Pierre, es geht darum, daß Ihr dem Pater Anselme versprechen sollt, jedesmal die Messe zu hören, wenn Ihr Euch im Hause eines katholischen Herrn aufhaltet.«
»Weiter nichts?« sagte ich. »Das ist wenig.«
»Wenig und viel. Du erwürgst mich, dumme Trine! Nimm die Finger von meiner Kehle!«
»Moussu! Eure Krause hängt wie ein Kuheuter, laßt sie mich knüpfen!«
|90| »Herr Vater, ich verstehe Euch nicht. Wo ist bei dem Wenig das Viel?«
»Gesetzt den Fall, Ihr seid im Louvre, vom König beauftragt, Miron und Fogacer bei ihren medizinischen Behandlungen zu assistieren, müßt Ihr, weil Ihr im Hause des Königs seid, tagtäglich zur Messe gehen. Transuse, bist du nun endlich fertig?«
»Moussu, Eure Kniehosen baumeln, und Euer Hosenstall steht offen.«
»Herr Vater«, sagte ich, und die Stimme wollte mir wegbleiben, »geht es denn um so etwas? Für mich? Ist das beschlossene Sache?«
»Allerdings!«
»Königlicher Arzt!« sagte ich wie benommen, »es ist ein Wunder! Kann ich mehr erhoffen?«
»Gewiß, mein Pierre. Aber dafür mußt du täglich die Messe hören!«
»Die hör ich mit Hugenottenohren.«
»Und sitzt mit dem Arsch auf zwei Stühlen: eine Backe Genf, eine Rom, immer zwiegeteilt. Franchou, mein Liebes, bist du fertig?«
»Fertig, Moussu! Und schmuck seht Ihr aus, und fröhlich wie ein Halleluja zu Pfingsten!«
»Amen. Pierre, überleg dir das! Jeden Tag Messe!«
»Aber in Paris, Herr Vater! Im Louvre! Als königlicher Arzt!«
Worauf mein Vater still schwieg. Hatte nicht auch er, der gute Hugenott, treu unserem König Heinrich II. gedient, der bekanntlich als erster mit unserer Verfolgung begann? Und ein Liedchen in den schönen Morgen trällernd, ging er beschwingt davon, »fröhlich wie ein Halleluja zu Pfingsten«, während Franchou ihm mit den Augen folgte wie eine Henne ihrem stolzierenden Hahn.
Ich lief zur Kammer meines Quéribus, und als auf mein Klopfen keine Antwort kam, trat ich ein und sah ihn nackend neben der abgeworfenen Decke in tiefem Schlafe liegen, nicht anders als ich, eh Miroul mich weckte. Und ich zögerte eine Weile, ihn aus seinen süßen Träumen zu reißen.
»Baron«, sagte ich schließlich, indem ich ihn rüttelte, »was säumt Ihr noch auf Eurem Lager, kenn ich doch eine, die längst |91| auf ist und frisch und freudig Brot, Milch und Schinken zuspricht im großen Saal?«
»Ha!« sagte er, halb wach, halb noch schläfrig zwinkernd, indem er sich auf seinen Hintern setzte, was nicht ohne Grimasse abging, »wo, sagt Ihr, find ich meine Schöne? Ich eile!«
»Aber nicht, wie Ihr seid! Und schwört bitte nicht in diesen hugenottischen Mauern! Und zum dritten, Herr Bruder, vernehmt von mir, während Ihr Euch ankleidet, daß mein Vater der Bedingung des Paters Anselme für mich zugestimmt hat und sich dieser sehr wahrscheinlich auch für Catherine nicht verweigern wird.«
»Ha, mein Bruder! Mein geliebter Bruder!« rief Quéribus und fiel mir in die Arme. »Was seid Ihr für ein Gottesengel, daß Ihr mir dies beim Erwachen verkündigt!«
»Bei Sankt Antons Bauch!« sagte ich lachend, »wenn ich ein Engel bin, ist der himmlischen Heerschar mehr Geschlecht eigen, als man bisher hörte! Baron, beliebt mir einen Punkt zu beantworten, der für mich furchtbar wichtig ist: Ist es wahr, daß ich zum königlichen Arzt bestellt worden bin? Und von wem?«
»Vom König natürlich!« sagte Quéribus und hielt sich, um nicht herauszulachen, die Hand vor den Mund wie bei Hofe.
»Das weiß ich. Aber, wer hat für mich gesprochen?«
»Er. Ich. Fogacer.«
»Fogacer!« rief ich.
»Und ich!« sagte Quéribus pikiert. »Denkt Ihr, ich wäre stumm geblieben, als es galt, Euer Lob zu singen vor Seiner Majestät, die sich Eurer übrigens gut erinnert und Euch für einen sehr wackeren Mann hält, ebenso wie Euren Vater, von dem der König weiß, wie treu und ergeben er Franz I. und Heinrich II. gedient hat. Und als er hörte, daß ich mich Eurer Familie durch die Vermählung mit Eurer Schwester verbinden wolle und Ihr Euch den Montcalms durch
Weitere Kostenlose Bücher