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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Vermählung mit meiner Cousine, faßte er den Plan, außer mir auch Euch, Euren Herrn Vater und Monsieur de Montcalm an seinen Hof zu ziehen. Er will sich mit sicheren und treuen Freunden umgeben, die ihm alles verdanken, denn er weiß, daß seine Macht von allen Seiten durch die Parteiungen bedroht ist, die das Reich zerreißen.«
    »Aber ich bin Hugenotte, Bruder. Mein Vater auch.«
    |92| »Der König fürchtet die Hugenotten nicht, wenn sie ihn lieben und ihm dienen. Er ist Henri von Navarra viel weniger feind als dem Guise, dem Spanier, und der Guise anhängenden Liga.«
    »Ich weiß nicht, wie Monsieur de Montcalm sich dazu stellt«, sagte ich nach einiger Überlegung, »aber daß mein Vater sich bereitfindet, Mespech zu verlassen, bezweifle ich, dafür hängt sein Herz zu sehr an diesem Gut, er hat so viel Land hinzugekauft und in der Bewirtschaftung so viel erneuert, daß er in der ganzen Umgegend als Beispiel gilt.«
    »Das habe ich dem König auch gesagt, und er will Euren Vater nicht drängen. Doch erhofft er sich, daß der Baron von Mespech, sollte er seinen König eines Tages bedroht sehen, den Pflug gegen das Schwert tauscht wie Cincinnatus.«
    »Ha!« sagte ich begeistert, »dies Wort aus erhabenem Mund, das ihn so ehrt, muß ich meinem Vater wiederholen.«
     
    Die Eskorte von Quéribus war so zahlreich und glanzvoll, daß mein Vater beschloß, auf unsere Reise nach Barbentane nur Giacomi, Cabusse, Fröhlich und Miroul mitzunehmen, denn letztere beiden waren unsere Diener, Giacomi unser Freund und Waffenmeister und Cabusse sozusagen unser Vasall, seit er sich von seiner Beute, damals bei der Belagerung von Calais, Le Breuil gekauft hatte. Trotzdem verlockte es ihn sehr, mit uns über Stock und Stein durchs Land zu ziehen, noch immer lustig auf soldatische Abenteuer.
    Vier, das war wenig für den Baron von Mespech, und hätte mein Quéribus es gewagt, er hätte meinen Vater aufgefordert, sich ein prächtigeres Gefolge zu wählen. Doch er hatte schon genug damit zu tun, ihn zu überreden, daß er Catherine nach ihrem Wunsch für die Hochzeit einkleide und sich selbst, mich und unsere Suite neu ausstaffiere, um auch noch deren Zahl zu bemängeln. So sparte er denn nicht Kraft noch Mühe, bis der Schneidermeister von Sarlat in unsere Mauern kam, extra um uns Maß zu nehmen, und er zeichnete dem périgurdinischen Handwerksmann zu seinem großen Staunen ein Wams und Kniehosen nach der Pariser Mode, welche er zumindest für meinen Vater, mich und unsere beiden Gefährten schneidern sollte, denn Miroul und Fröhlich erhielten Livreen.
    »Livreen!« sagte mein Vater in der Bibliothek zu mir, »wozu brauchen meine Leute Livreen? Dienen sie mir ohne Livree |93| nicht genausogut? Meine Güte, dieses Herrchen bringt uns noch an den Bettelstab mit seinem unnützen und eitlen Prunk! Was würde mein armer Sauveterre dazu sagen? Habt Ihr die Hosen gesehen, die der Baron für uns gezeichnet hat? Sehen aus wie Weiberhosen, so kleben sie am Hintern!«
    »Die Mode will es, Herr Vater.«
    »Und die Mode, wer will die?«
    »Der König, denk ich.«
    »Der König soll sich lieber um sein Reich kümmern, an dem alle Parteiungen mit Hü und Hott herumzerren. Meine alten Pluderhosen saßen mir bequem, die soll ich nun in der Truhe lassen und mich in Weiberhosen zwängen. Beim Ochsenhorn! Mich packt die Wut über soviel Verschwendung und Lächerlichkeit!«
    »Aber, Herr Vater, gegen die Mode, die aus der Hauptstadt kommt, können wir nicht an.«
    »Ha!« sagte Jean de Siorac und hob die Hände, »und wenn ich der Mode einen Arschtritt gebe, daß sie sich wegschert nach Paris?«
    Ich mußte lachen, indessen entging mir nicht, daß in seinem Zorn ein gutes Gran Komödie steckte, und Liebe, als wollte mein Vater, indem er Sauveterres Rolle spielte und seine Reden und Launen nachahmte, ihn für einen Augenblick so lebendig machen, wie er es in seinen Gedanken war. Daß ich mich in dieser Vermutung nicht täuschte, dessen bin ich mir heute gewiß, ertappte ich meinen Vater seither doch öfters bei solch liebender und quasi magischer Beschwörung, bei der er wie Odysseus einem Schatten Blut zuführte, indem er ihn sprechen ließ durch seinen Mund.
    Als jedoch der Schneidermeister mit Wams und Hosen erschien, lindgrün – die Lieblingsfarbe meiner seligen Mutter –, sträubte sich mein Vater, von Sauveterre wieder Siorac geworden, gar nicht mehr, sie anzulegen, und spazierte auf und nieder durchs Gemach, wobei er sich größte Mühe

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