Noch immer schwelt die Glut
Peitschenknallen galten, und trottete Schritt für Schritt seinem Herrn hinterher, der auf den König zukam, wenigstens zwei Köpfe größer als alle Anwesenden, obwohl ich auch nicht gerade klein bin‹, wie Quéribus erhobenen Hauptes einwarf, ›den Bart noch staubig von seinem Sturz, das Wams zerrissen und weit klaffend über der behaarten Brust, Hals und Arme mit Schmuck behängt, aber, Gott sei Dank, bis auf einen Dolch unbewaffnet, was uns sehr beruhigte, die wir, außer dem König, alle Degen und Pistolen hatten.
›Ha, Sire!‹ rief Tenczinski, indem er Seiner Majestät zu Füßen fiel, in seinem gebrochenen Französisch, aber mit bewundernswerter Eloquenz für einen so Betrunkenen, ›ich flehe Euch an, verlaßt Polen nicht, sondern kehrt zurück zu Euren armen Untertanen, denn wenn Ihr nicht in Eure Hauptstadt heimkehrt, erwachen sie morgen ganz verwaist ohne ihren geliebten König.‹
|86| ›Es geht nicht‹, sagte Heinrich. Ich bin der einzige«, setzte Quéribus nicht ohne Stolz hinzu, »der ihn so nennen darf und den er gelegentlich duzt. ›Ich will in Paris das Reich übernehmen, welches Gott mir kraft legitimer Erbfolge zuerteilt, doch glaubt mir, Graf, mein Freund, daß ich dasjenige, welches Er mir mittels Wahl übertrug, nicht aufgeben will. Ich gehe nur fort, um hierher zurückzukehren, sowie ich gesalbter König von Frankreich bin.‹
›Ach, Sire! Sire!‹ schrie Tenczinski in höchster Verzweiflung, weil er nicht glauben konnte, was er gehört, und weil er nichts weiter zu sagen wußte, brach er in Tränen aus, schlug sich mit den Fäusten an die gewaltige Brust, raufte sich Bart und Haare und schlang Seiner Majestät seine Peitschensehne um die Beine, umklammerte diese und küßte dem König die Knie.
›Sire! Sire!‹ schrie er schluchzend, ›kehrt doch jetzt gleich zu Eurem armen, verwaisten Volk zurück!‹
Wir legten Hand an die Degen, da wir den König so von dem Riesen gebunden sahen, Heinrich aber in seiner gewohnten Huld und Gnade, wohl auch sehr gerührt von den Liebesbeteuerungen des Hofmarschalls, bedeutete uns, stillzuhalten.
›Graf‹, sagte er, ›seid Ihr Eurem König ein getreuer Untertan?‹
›Ha, Sire!‹ schrie Tenczinski und erhob sich so schwankend, daß der dicke Goldring an seinem linken Ohr ins Schaukeln geriet, ›könnt Ihr daran zweifeln?‹
Worauf er drei Schritt zurückwich, seinen Dolch zückte und sich den rechten Daumen aufschlitzte, worauf er sein Blut schlürfte, was, wie ich wette, nach dem sonderbaren Brauch seines Volkes besagen sollte, daß er Seiner Majestät ewige Treue schwor.
›Graf‹, sagte der König, der mit keiner Wimper gezuckt hatte, als der Riese seine Waffe zog, ›als meinem guten, loyalen und ergebenen Untertanen gebiete ich Euch, kehrt heim nach Warschau und überbringt den Piasten meinen Beschluß.‹
›Sire, ich gehorche Eurem Befehl‹, sagte Tenczinski mit Tränen in den Augen, welche ihm in den Bart troffen, und plötzlich, nachdem er seinen Dolch trotz allen Schwankens mit sicherem Schwung in die Scheide gesteckt hatte, riß er von seinem rechten Arm, welcher sehr muskulös und behaart war, ein dickes Goldarmband und überreichte es kniefällig dem König. Der |87| nahm das Geschenk mit tausend liebreichen Dankesworten, wog aber das Schmuckstück, erstaunt über sein Gewicht und voller Verlegenheit, denn am Gewand des Kammerdieners, das er trug, fand er dem Grafen nichts anderes darzubieten als eine so ärmliche goldene Nadel, daß er, der König zweier Reiche der Christenheit, sich ihrer schämte. Endlich kramte auf seine Bitte Soubré einen Diamanten hervor, sehr schön und groß genug, um Tenczinskis Geschenk zu entsprechen, und über diese Gegengabe, die, wie ich wette, ihre zwölfhundert Ecus wert war und worin sich das Morgenlicht brach, war der Graf so erfreut, daß seine Tränen im Nu versiegten. Er drehte und wendete den Stein zwischen seinen dicken Fingern, und weil er nicht wußte, wohin damit in seinem zerfetzten Wams, stopfte er ihn in den Mund, verneigte sich vor dem König bis zur Erde, sprang wunderbar behende auf sein Pferdchen, knallte mit der Peitsche und galoppierte wie geschossen davon.
›Wolle Gott, daß er ihn nicht verschluckt!‹ sagte Pibrac.
›Wenn er ihn verschluckt‹, sagte der König lächelnd, ›dann war das Wasser dieses Diamanten das einzige, das er jemals trank!‹«
Wir lachten, und Catherine mehr als wir anderen, während sie Quéribus aus ihren himmelblauen Augen
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