Noch immer schwelt die Glut
anstrahlte. Soweit ging es bei meinem Vater nicht, aber daß Quéribus ihn mit seiner gascognisch gewürzten Geschichte sehr erheitert hatte, verhehlte er nicht. Und ich, der ich Quéribus besser kannte als Catherine und mein Vater zusammen, war mir des großmütigen Herzens hinter seinem prahlerischen Äußeren gewiß.
»Und wann«, sagte mein Vater, »entließ Euch Seine Majestät aus seinem Dienst?«
»In Venedig, wo der König glanzvoll empfangen wurde und wo er sich nach dem polnischen Exil vielerlei Wonnen versprach. Und nachdem ich meinen Urlaub erhalten hatte, auf Knien wie Graf Tenczinski, dem ich«, wie er mit einem Blick auf Catherine hinzusetzte, »mir nicht eben zu gleichen schmeichele, überquerte ich die Alpen mit meiner kleinen Eskorte (die allerdings so klein nicht war), und als ich mich im milden Klima der Provence wiederfand, nahm ich Aufenthalt bei meinem Cousin Montcalm zu Barbentane.«
»Barbentane!« schrie ich und sprang auf.
»Wie hätte ich«, sagte Quéribus mit verschmitztem Lächeln, |88| »den Grafen, meinen Cousin, nicht begrüßen und meine drei schönen Cousinen, Mutter und Töchter, nicht umarmen sollen, da ich ihnen so nahe war?«
»Drei?« fragte ich.
»Ja, Madame de Montcalm, Angelina und Larissa.«
»Larissa?« fragte ich verblüfft, »wer ist Larissa?«
»Angelinas Zwillingsschwester. Aber lassen wir Larissa: Das ist eine traurige Geschichte, die ich später erzähle. Ich bringe«, sagte er, indem er in den Ärmel seines Wamses griff, »zwei Briefe mit, einen an den Herrn Baron und einen für Euch, Pierre.«
»Ha, Verräter!« raunte ich ihm zu, »warum hast du das nicht gleich gesagt?«
Und beinahe riß ich ihm das Schreiben aus den Händen, das er mir reichte, und öffnete es im Schein des Leuchters. Ebenso tat mein Vater, doch sehr viel ruhiger als ich, denn meine Hände zitterten wie Espenlaub, und das Herz hämmerte mir wild in der Brust. Ach, schöne Leserin, die Sie solche Erregungen wohl kennen, was soll ich Ihnen mehr sagen, als daß die Gebete meiner Angelina endlich erhört und die Himmelspforten einem Seligen mehr aufgetan worden waren, jenem nämlich, der Monsieur de Montcalm die Hölle prophezeit hatte, sollte er seine Tochter mir anvermählen.
»Monsieur de Montcalm«, sagte schließlich Jean de Siorac, indem er sich den Anwesenden zuwandte, die ihm in einem Schweigen lauschten, daß man eine Nadel hätte fallen hören, »Monsieur de Montcalm schreibt mir hier einen sehr höflichen Brief und versichert, wie unendlich angenehm es ihm wäre, wenn mein Sohn Pierre und seine Angelina sich gleichzeitig mit meiner Tochter Catherine und dem Baron von Quéribus die Hand reichen würden, sofern meine beiden hugenottischen Kinder sich einer Bedingung seines Beichtigers beugten, des Paters Anselme, welcher die doppelte Trauung in der Schloßkapelle vollziehen würde. Und über diese Bedingung muß ich nachdenken, am besten überschlafe ich sie ein paar Stunden und sage Euch morgen früh, was ich davon halte. Baron«, fuhr er fort, »ich wünsche Euch eine gute und geruhsame Nacht nach Eurem langen Ritt. Pierre, zeigt dem Baron sein Zimmer. Catherine, nehmt meinen Arm. Franchou, dumme Liese, was flennst du wie eine Kuh ohne Kalb, leuchte uns lieber!«
|89| »Ach, Moussu! Mein guter Herr!« sagte Franchou auf okzitanisch, »ich weine, weil Ihr mich bald allein lassen werdet, wenn Ihr in die Provence reist, um Euren Sohn und Eure Tochter zu vermählen.«
»Schwätzerin«, sagte mein Vater, »dann hast du gehört, was noch gar nicht gesagt ist: bei weitem nicht.«
Worauf ich meiner Catherine heimlich in den Arm kniff, um ihr zu bedeuten, daß dieses »bei weitem nicht« bestimmt nur Fassade war, denn unser Vater hatte allen Grund, mit dieser Doppelhochzeit hoch zufrieden zu sein, nur wollte er es nicht gleich zeigen, immerhin hatte auch er seinen Stolz und schuldete seiner Baronswürde einige Rücksicht.
Und wirklich, früh am nächsten Morgen – gerade erst war ich eingeschlafen nach all den Aufregungen dieser Nacht – rüttelte mich Miroul wie einen Nußbaum, um mir zu melden, daß mein Vater mich in seinem Gemach erwarte, bevor er sich zum Markt von Marcuays begäbe, um ein Ochsenpaar zu erhandeln, wovon er viel Gutes gehört.
»Ah, Pierre!« sagte mein Vater, während Franchou ihn umtanzte, um ihn anzukleiden, was ihr die ständigen, lebhaften Gesten des Barons sehr erschwerten. »Da seid Ihr! Geh aus dem Weg, Franchou!«
»Moussu, Ihr könnt doch nicht
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