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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Louvre), und heraus traten zwei große, degenbewehrte Sbirren, die mehr
spadaccini
2 als Mönchen glichen und nach einem Blick in die Runde an ihren Ausgangsort zurückkehrten, dann, nach einer Zeit, die mich endlos dünkte, wiederum erschienen, diesmal gefolgt von Samarcas, der beim Anblick von Walsinghams Mann pfeilgerade auf diesen zusteuerte und unter einer Sturzflut wütender Reden gegen ihn blankzog. Der Fremde zog seinerseits, und die Klingen kreuzten sich klirrend, ohne daß die Spadaccini eingriffen, vielmehr beobachteten sie das Treffen aus einigem Abstand lächelnd und die Hände in den Hüften, als wären sie seines Ausgangs gewiß.
    »Heilige Jungfrau!« schrie mir Giacomi zu, »wollen wir der Ermordung dieses Mannes zusehen? Samarcas ficht auf Tod! Das sehe ich!«
    »Giacomi!« sagte ich, »Ihr würdet alles verderben! Wenn Ihr dazwischengeht, erkennt Euch Samarcas trotz der Maske an Eurer Fechthand. Dann gibt er Laut, und wir haben im Nu sämtliche Mönche am Hals. Aber vor allem begreift der Jesuit dann, daß Vertraute des Königs um seine Anwesenheit in Paris und seine Machenschaften wissen.«
    »Gut«, sagte Giacomi, »ich gehorche Euch. Aber untätig zusehen müssen, Hafen der Gnade! Samarcas beherrscht seine Kunst!«
    »Der Engländer ficht auch nicht übel!«
    »Er ficht gut. Deshalb werdet Ihr gleich die berühmte Jesuiten-Finte sehen! Haltet die Augen offen, gleich kommt sie. Ich |134| spür es! Armer Engländer, so tapfer und gewandt, und weiß nicht, daß er nur noch eine Sekunde zu leben hat!«
    »Miroul«, sagte ich, »spring hinunter, den Hut in die Augen gedrückt, und knalle so kräftig du kannst mit der Peitsche!«
    Was Miroul augenblicks tat, und ich glaube, dieser plötzliche Peitschenknall brachte unseren Totschläger ein wenig aus dem Konzept, nicht daß er seine Finte verfehlte, aber die Tötung des Engländers, denn die Klinge traf ihn nicht ins Herz, sondern, wie ich kurze Zeit später feststellte, in eine Lunge. Inzwischen hatten die Spadaccini bei Ansicht Mirouls blankgezogen und kamen auf unsere Kutsche zu. Und ich, Giacomi zur Seite, stellte mich mit gezogener Waffe und schrie auf englisch, damit sie uns für Landsleute des Niedergestochenen hielten.
    »Come here, goddam! We shall kill you!«
1
    Worauf Samarcas, der anscheinend kein Aufsehen erregen wollte, denn schon zeigten sich die ersten Passanten, es für klüger erachtete, seine Sbirren zurückzurufen, und, nachdem er ans Tor der Abtei geklopft hatte, samt ihnen dahinter verschwand.
    Ich hieß Miroul, die Kutsche zwischen das Klostertor und den Engländer zu fahren, damit sie uns als Wall diene, falls man uns von den Mauern herab beschießen sollte, und lief zu dem Verwundeten, der halb die Augen öffnete und mit schwacher Bewegung seinen Dolch zu fassen suchte, sicherlich in dem Glauben, ich wolle ihn erledigen.
    »Do not move!«
sagte ich,
»we are friends. We shall take care of you!«
2
    Das beruhigte ihn soweit, daß er sich von Giacomi und Miroul an Füßen und Armen aufheben und, sosehr er auch blutete, in die Kutsche meiner lieben Gertrude tragen ließ. In welche auch ich einsteigen wollte, als der graue Bettler, der noch immer an der Mauer hockte und sich während des ganzen Duells nicht gerührt hatte, auf einmal die Hand aus seinen Lumpen streckte und mir einen durchdringenden Blick zuwarf.
    »Einen Sol! Einen kleinen Sol, um der Liebe Gottes willen!« murmelte er.
    |135| Doch so unterwürfig sein Bitten klang, so wenig war es sein Blick. Mit betonter Gebärde legte ich die Hand an meinen Beutel, trat auf ihn zu und warf eine Münze in seine ausgestreckte Hand.
    »Monsieur«, sagte er leise, »bringt den Engländer auf keinen Fall zu seiner Gesandtschaft, begebt auch Ihr Euch nicht dorthin, noch einer Eurer Leute. Das Gebäude ist dicht umlagert von spanischen Spitzeln.«
    Als die Kutsche wieder in meinen Hof eingefahren, die Pferde ausgespannt und der Verwundete gebettet waren, ließ ich ihn entkleiden und untersuchte seine Verletzung. Nun, die Wunde, die unseren Sauveterre ins Grab gebracht hatte, war ernster gewesen, der Degenstoß hatte die Lunge nicht völlig durchbohrt, war allerdings gute zwei Daumen tief eingedrungen. Aber der Engländer war jung, von robuster Natur und, wie ich sah, sehr begierig zu leben, es gelüstete ihn gar nicht wie Onkel Sauveterre nach den Himmelsfreuden. Und so konnte ich ihm denn versichern, daß er genesen werde, wenn er strenge Bettruhe hielte und sich hütete, zu sprechen

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