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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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keuchte er, indem er seinen Arm allgemach entspannte und mich sanft aufs Pflaster niederließ. »Ihr hier!«
    »Fröhlich!« schrie ich, »mein guter Berner Schweizer! Was machst du in Pamiers? Hast du den Dienst bei meinem Vater quittiert?«
    »Nein, nein, nein!« schrie Fröhlich crescendo, und Tränen kullerten über sein breites schinkenrotes Gesicht. »Ich, und den Baron verlassen? Eine Schande wär’s.«
    »Und trotzdem«, sagte ich verblüfft, »bist du hier. Bist kein Traum, kein Gespenst, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut! Beim Ochsenhorn, du bist es, mein Fröhlich! Und in der gleichen gelbroten Livree, die du vor zwölf Jahren trugst! Stehst also wieder in Navarras Dienst! Und hier, in Pamiers! Aber das kann doch nur heißen, daß du meinen Vater verlassen hast!«
    »Schimpf und Schande über mich«, schrie Fröhlich, »wenn ich den Baron verließe! Einen so wackeren und gütigen Herrn wie kein zweiter im Reich! Nein, nein. Ich bin bei ihm und bleib es.«
    »Aber, Fröhlich«, sagte ich lachend, »wie kannst du gleichzeitig dem König von Navarra in Pamiers und meinem Vater im Périgord dienen?«
    »Ha!« schrie Fröhlich, und sein rotes Gesicht verzog sich zu einem breiten Lachen, als verstünde er endlich, »natürlich ist der Herr Baron hier! Und dient wie ich dem König von Navarra!«
    »Was!« schrie ich, »mein Vater! Mein Vater hier! Mein guter Fröhlich, schnell, bring mich zu ihm!«
    |169| »Mein edler Herr«, sagte Fröhlich, »wartet ein Weilchen, daß ich hier Ordnung schaffe, das Volk bedrängt ja den König zum Ersticken. Herrgott! Sind das Manieren? Sobald die Fürsten im Stadthaus sind, hinter verschlossenen Türen, bin ich bei Euch. Wartet ein bißchen!«
    Hierauf packte er seine Hellebarde waagerecht mit beiden Händen und schob ganz allein wer weiß wie viele Bewohner von Pamiers beiseite, die den König von Navarra in ihrer Begeisterung derart umringten, daß er nicht vorwärts kam. Ha! dachte ich, jetzt wird mir klar, warum Heinrich mich auf dieser Gesandtschaft Epernon als Arzt beigesellte. Er wußte, daß ich hier meinen Vater treffen würde! Außer daß er mir damit eine große Freude verschaffte, hat er in seinem Scharfsinn sicherlich bedacht, daß ich durch diesen manches erfahren könnte, was Epernon vielleicht verborgen bliebe und was für ihn sehr nützlich zu wissen wäre.
    Ich machte kehrt, um Giacomi, meinen Miroul und Mundane zu suchen, aber das war keine leichte Sache in dem Gewühl aus Menschen und Pferden in den engen Gassen, inmitten des nicht nachlassenden Freudengeschreis, daß man glauben konnte, diese Leute hätten Kehlen aus derselben Bronze wie ihre Glocken, die ohrenbetäubend läuteten, ein Beweis, daß sie hier keine Katholiken mehr waren. Und immerzu blieben die Augen, von meinen spreche ich, an den hübschen, lachenden Brünetten hängen, die neugierig aus den Fenstern schauten und, weil sie sich nicht hinaus zwischen soviel gierige Mannsbilder trauten, sich von einer Gassenseite zur anderen auf okzitanisch über die Ankömmlinge in einer Weise lustig machten, daß ein frommer Papist errötet wäre. Wer gedacht hätte, dieses Volk wäre trübe geworden, als es sich Calvin ergab, der hätte sich heftig geirrt, denn überall war zu unserem Empfang unter der strahlenden Junisonne nichts wie Lärmen und Lachen, Blumen wurden geschwenkt oder geworfen, gesungen wurde und endlos Vivat! geschrien, so groß war die angeborene Fröhlichkeit dieser Menschen und ihre Hoffnung, daß die Aussöhnung des Königs von Frankreich mit dem König von Navarra den Frieden brächte.
    Auch wenn die Beine und Hinterbacken weh taten vom langen Ritt von Norden in den äußersten Süden des Reiches – vor uns lagen die Pyrenäen, die uns vor Philipp II. von Spanien und seinem düsteren, mörderischen Glaubenseifer schützten –, waren |170| wir doch alle, wette ich, sehr glücklich, dort zu sein, so freundschaftlich aufgenommen in dieser guten Stadt wie in einem Kokon, und ich der Glücklichste von allen, weil ich hier den Baron von Mespech finden sollte. Die Backen geschwellt von dieser unerhörten Neuigkeit, traf ich im Wirrwarr des riesigen Menschenauflaufs endlich meine Gefährten. Und nun denkt euch die Freude von Giacomi und Miroul, wie sie vor Ungeduld, Jean de Siorac zu begrüßen, mich immer wieder umarmten, was ich ihnen doppelt und dreifach erwiderte, so außer Rand und Band vor Glück, daß ich die Erde nicht mehr spürte. Und als wir im bunten Gedränge ums

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