Noch immer schwelt die Glut
daß Mundane schreien und Alarm geben konnte. Zweitens hatte sie die Truhe nicht vorher anzuheben |195| versucht, sondern geglaubt, sie könnte es ebenso wie Mundane, als er den Brief darunter versteckte. Hierin aber war sie völlig gescheitert. Vergeblich hatte sie Mundane getötet und sich in die Gefahr gebracht, gehängt oder gerädert zu werden, der sie sich gleichwohl entzog, indem sie mich hereinlegte wie einen Fisch in Lake und mir obendrein mein Pferd stahl, das sicherlich einzige im Stall, das, hätte sie ein anderes gewählt, vermocht hätte, sie einzuholen.
Wahrscheinlich war sie das Haupt der kleinen Truppe gewesen, die seit Lyon unsere Spur verfolgt hatte, angesichts unserer Anzahl und Wehrhaftigkeit aber auf einen Kampf verzichtete und sich für die List entschied. Was mich anging, so hatte ich jedoch nicht nur meinen Spanier eingebüßt (fünfhundert Ecus hatte mich das schöne, zugleich schnelle und ausdauernde Tier gekostet), sondern ich war von Stund an auch auf die schwarze Liste der mächtigen Feinde des Königs gerückt, konnte diese Marianne doch nur eine inbrünstige Guisardin sein.
Wut im Herzen, kaufte ich ein neues Pferd, und indem ich diesmal die längere Route über kleine Umwege nahm, erreichte ich Paris ohne weitere Unterbrechungen und Ärgernisse und beeilte mich, Navarras Brief an Lady Stafford zu übergeben, die ich wiederum bei der Marschallin von Joyeuse traf. Mylady sparte nicht mit Dankesworten, doch ohne Mundanes Tod sonderlich zu beklagen. Daß er so unvorsichtig gewesen war, sich mit einer Bedienerin im Gasthof einzulassen, erregte ihre Verachtung.
Ich war ein wenig enttäuscht, daß an jenem Tag weder der Herzog von Joyeuse noch der Graf von Bouchage bei der Marschallin erschienen. Als ich aber meine Ohren durch den Salon meiner Gönnerin schweifen ließ, vernahm ich allerlei Reden, die mich bei Leuten, die den unerhörten Reichtum ihres Hauses dem König verdankten, seltsam guisardisch anmuteten. Sosehr ich mich auch bemühte, mir nichts anmerken zu lassen, erkannte der Marquis de Miroudot doch mit scharfem Blick meine Betretenheit und kam auf mich zu.
»Wie ungerecht, spricht die Wetterfahne, mich eine solche zu schimpfen«, raunte er mir zu, »denn was dreht, ist der Wind, nicht ich.«
Miroudot gehörte zu jenen, die bei den Guise-Leuten neuerdings |196| beinahe ebenso verhaßt waren wie die Hugenotten und die man »die Politiker« nannte. Damit bezeichnete man Katholiken, die keinesfalls mit den Reformierten brechen wollten, sei es, daß sie ihnen heimliche Sympathien entgegenbrachten, sei es vor allem, daß sie den Eifer des Papstes, der Geistlichkeit und des Spaniers höchst verdächtig fanden und eine künftige Tyrannei der Inquisition fürchteten, sei es aber auch, daß sie dem König treu waren und klar erkannten, daß der Bürgerkrieg, in den Guise uns stürzen wollte, nur ihm allein nützen würde und die Religion nur das Mäntelchen seines Ehrgeizes war.
Diese so geschmähten »Politiker« waren in Wahrheit aufrechte und ehrenhafte Leute, so wie Miroudot, wie L’Etoile, wie Roquelaure, doch hatten sie untereinander viele kleine Meinungsverschiedenheiten und waren so überlegt und so wenig fanatisch, daß sie sich nie gegen die Unterdrückung der Guisarden zusammenschlossen und diesen nur durch ihre Anzahl und ihr Beharren Widerstand leisteten.
Sowie ich erfuhr, daß der König mit Epernon aus Lyon zurückgekehrt war, suchte ich ihn zu sprechen, traf aber in seinem Vorzimmer auf eine große Menge Höflinge, die, da sie ihn zwei Monate nicht gesehen hatten, nun nach seiner Gunst und Freigebigkeit dürsteten. Die meisten waren Königstreue, etliche aber auch erwiesene Guisarden, die an zwei Raufen fraßen: Sie kassierten die Taler dieser Herrschaft, während sie bereits den Lohn der kommenden oder von ihnen erwarteten Herrschaft einstrichen.
»Ha,
mi fili
!« sagte Fogacer, der aus dem Gedränge hervortauchte und mich in seine Spinnenarme schloß, »da bist du wieder und stehst nach deiner Gesandtschaft in schwefligem Ruche wie einst, als du zwischen den Gräbern des Friedhofs Saint-Denis auf einen höllischen Unterrock stießest. Aber diesmal ist es schlimmer«, raunte er mir ins Ohr. »Hier ist nur von Zauber, Bannsprüchen und Hexereien die Rede, derer du dich für die gewundenen Zwecke des Königs bedient haben sollst.«
»Was meine Magie angeht«, sagte ich lachend, »so erschöpfte sie sich darin, dem Allerliebsten die Gurgel mit abgekochtem Salzwasser
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