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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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zu kurieren.«
    »Es geht um etwas anderes«, flüsterte Fogacer.
    »Um was denn?«
    »Du sollst in Epernons Gefolge derjenige gewesen sein, der |197| im Auftrag des Königs unter der Hand zweihunderttausend Ecus an Navarra überbrachte, damit er die Katholiken im Reich bekriege.«
    »Aber, Navarra hat gar nicht mit mir gesprochen, mich nicht einmal bemerkt.«
    »Gerade das macht dich verdächtig. Der Béarnaiser, heißt es, konnte dich nicht vergessen haben, da er dir am Vorabend der Bartholomäusnacht begegnet war. Darum wird behauptet, du habest ihm die Gelder durch Vermittlung des Barons von Mespech zugeführt.«
    »Das ist reine und schlichte Erfindung.«
    »Mi fili«
, sagte Fogacer, die schwarzen Brauen wölbend, »solche Erfindungen sind selten rein und schlicht.«
    Er lachte, und weil er vom ehrwürdigen Doktor Miron gerufen wurde, blieb ich verdattert und beunruhigt allein mit den Gerüchten, die in Paris über mich umliefen und mich eindeutig zum Mordopfer bestimmten, gab es in diesen Zeiten doch keine noch so unerhörte Lüge, die das dumme Volk nicht geschluckt hätte. Ich wollte mir Klarheit bei meinem Quéribus verschaffen, und als ich ihn im Gedränge endlich fand, plauderte er mit einem Halb-Guisarden, der sich von dem Baron hastig beurlaubte, als er mich kommen sah, wobei er mir einen erschrockenen Blick zuwarf, als wäre ich der Leibhaftige.
    »Potzblitz!« sagte Quéribus, nachdem er mich zum Ersticken umarmt hatte, »Ihr steht in schlechtem Ruf, mein Pierre. Diese zweihunderttausend Taler beflecken den blanken Taler Eures Ansehens!«
    Worauf er, zufrieden mit seinem Wortspiel, lachte.
    »Wer glaubt denn diesen Unsinn?«
    »Niemand am Hof, ausgenommen freilich der Schafskopf, der mich eben am Wickel hatte und der bei Eurem bloßen Erscheinen Reißaus nahm. Die meisten im Louvre wissen selbstverständlich, daß die zweihunderttausend Ecus, die Epernon vor seinem Aufbruch vom König erhielt, die Kosten der Gesandtschaft decken sollten. Aber, seid versichert: Das Pariser Volk wird die Fabel glauben wie das Evangelium.«
    »Wer streut solchen Schwindel aus?«
    »Wer? Das wißt Ihr nicht? Dame Hinkefuß natürlich! Sie hat ein Talent, Gerüchte in die Welt zu setzen, die dem König schaden und ihrem Bruder nützen. Die versendet sie in Briefchen – |198| samt Geld – an die fanatischsten guisardischen Prediger von Paris, die sie dann am Sonntag unters Volk streuen wie Gottesworte.«
    »Wer wird denn aber glauben, daß der König zweihunderttausend Ecus ausgibt, damit Navarra gegen seine eigenen Armeen Krieg führt?«
    »Die Pariser, mein Pierre. Es gibt keine Albernheit, die sie nicht für bare Münze nehmen, wenn man sie ihnen oft genug wiederholt. Zum Beispiel soll der König in Lyon für vierhunderttausend Ecus Hündchen gekauft haben.«
    »Was für Hündchen?«
    »Solche winzigen bei Damen beliebten Schoßhündchen. Stellt Euch vor, mein Lieber: vierhunderttausend Ecus! Wenn man für einen Hund fünfhundert rechnet, hätte der König deren achtzigtausend gekauft! Hafen der Gnade, was hätte er damit anfangen sollen?«
    »Trotzdem wird so etwas von der Kanzel verkündet?«
    »Nein, nein. Das erzählt man in der Sakristei, flüstert es im Beichtstuhl, auf der Kanzel deutet man es nur an, aber schreit es aus bei Prozessionen! Die Priesterseminare leiten daraus Lehren für ihre Schüler ab. Die Herren von der Sorbonne glossieren es vor den Scholaren. Bedenkt, Pierre«, fuhr er feurig, aber mit gedämpfter Stimme fort, »Paris hat fast fünfhundert Straßen, und noch auf die allerkleinste Gasse kommen mindestens zehn Geistliche, ob Priester oder Mönche. Hiernach macht Euch klar, welch riesiges Netz diese fünftausend für Guise Eifernden dem kleinen Volk unserer guten Stadt übergeworfen haben!«
    »Streiter Quéribus«, sagte Chicot, der seine lange Nase mit dem unvermeidlichen Tropfen zwischen uns steckte, »und du, Aderlaß, wenn ich meinen großen Ohren traue – die tatsächlich sehr groß waren –, dann scheint ihr mir gegen den Herrlichen zu komplottieren! Ein Kapitalverbrechen in diesem Reich! Geht ihr nicht zur Predigt? Kennt ihr nicht das Evangelium nach Frau Hinkefuß 1 ? Und nach dem großen Stinker 2 ? Und nach dem feisten Eber 3 ? Und vor allem nach dem Herrlichen 4 , |199| der sich den Mund gerne mit seinen eigenen Lobreden spült? Vergeßt bitte nicht, daß diese vier lothringischen Fürsten unsere vier Evangelisten sind, die Säulen und Karyatiden unserer heiligen Mutter

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