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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Kirche!«
    »Chicot, du übertreibst«, sagte Quéribus, der, obwohl antiguisardisch, nicht dulden mochte, daß man über Prinzen herzog, und seien es lothringische.
    »Wer hier übertreibt, ist Paris«, sagte Chicot. »Paris hat hunderttausend Pferde und fünftausend Priester. Die einen scheißen Ellen von stinkendem Mist, die anderen Ellen von guisardischen Sermonen.«
    Wir lachten, und weil unser Lachen Höflinge anlockte, die Chicots Reden erlauschen wollten, welche gemeinhin wie ein Lauffeuer durch den Louvre gingen, faßte Chicot uns jeden beim Arm, und während sein Tropfen ihm, Gottlob, diesmal aufs eigene Wams fiel, zog er uns mit in eine Fensternische, wo zu dieser frühen Stunde noch niemand seinen Bauch erleichtert hatte. Dort hielten wir unsere Beratung ab, aber nicht lange.
    »Aderlaß«, sagte Chicot leise und ernst, »der König ist schwer betrübt, daß Epernons Gesandtschaft fehlgeschlagen ist. Er hatte zur Festigung seines Throns doch stark auf den Béarnaiser gehofft. Im übrigen sorgt er sich um deine Sicherheit, er hat von deinem Malheur in Mâcon Wind bekommen.«
    »Was? Schon?«
    »Heinrich hat seine Agenten«, sagte Chicot. »Dachtest du, du wärst allein? Er will dich empfangen, sobald er seine Sünden ins Ohr des Paters Auger ergossen hat.«
    »Chicot«, sagte ich, »du, dessen Narrheit so weise ist …«
    »Guter Anfang«, sagte Chicot.
    »Lehre mich eines: Überall, ob in London, in Trier, in Reims oder Rom, werkeln die Jesuiten an ihren uns wohlbekannten schönen Plänen. Warum hat sich Heinrich trotzdem einen Jesuiten zum Beichtiger erkoren?«
    »Darauf gibt es eine Antwort«, sagte Chicot. »Pater Auger ist entschiedener Royalist, und er war es von jeher.«
    »Es gibt noch eine andere Antwort«, sagte Quéribus: »Die Jesuiten legen nicht alle Eier in denselben Korb.«
    »Stimmt«, sagte Chicot. »Neun Eier legen sie in Guises Korb. Eins in den von Heinrich.«
    »Meine Herren«, sagte ein eilig sich nähernder großer und |200| prächtig geputzter Höfling – wenn ich nicht irre, war es Alphonso d’Ornano –, »ich bin untröstlich, Euch vertreiben zu müssen, aber ich brauche den Platz, um mich niederzulassen.«
    »Korse«, sagte Chicot, »der soll dir werden. Bist du doch der beste aller Korsen und deinem König ganz ergeben.«
    »Das ist wahr«, sagte d’Ornano, indem er hastig seine Hosen abwarf. »Für den König gäbe ich mein Leben.«
    »Und deinen Unflat für seinen Palast«, sagte Chicot.
    In dem Augenblick ging die königliche Tür auf, und Du Halde erschien.
    »Der Chevalier de Siorac, Arzt des Königs«, rief er.
    Sofort spaltete ich, bescheidene Miene vorschützend, die Menge, im Innern aber sehr stolz, mich zwischen den Bäuchen der schönen Herren hindurchzudrängen, wobei Chicot mir auf dem Fuß folgte. Vor der Schwelle gebot Du Halde ihm Einhalt.
    »›Der Arzt des Königs‹, habe ich gesagt«, herrschte Du Halde ihn an, steif wie ein Deutschreiter.
    »Das bin ich«, sagte Chicot, »ich kuriere seine Seele.«
    »Laß ihn ein, Du Halde!« rief die Stimme des Königs von drinnen.
    »Du Halde«, sagte Chicot, »fortan nenne ich dich ›Du Halt‹.«
    Der König stand am Kamin, die linke Hand auf dem Sims. Er war in ein blaßgrünes und gelb geschlitztes Wams gekleidet, das ebenso wie seine Hosen mit Goldstickereien und zahllosen Reihen von Steinen und Perlen geziert war. Unter der fein gefältelten Halskrause von schönstem Weiß (Seine Majestät pflegte sie eigenhändig mit Reiswasser zu stärken) trug er ein doppeltes Kollier aus goldgefaßtem Amber, welches mir, als ich nähertrat, lieblichen Wohlgeruch zu verströmen schien; an der rechten Hand zwei Ringe, an der linken drei; an jedem Ohr zwei Gehänge, eines aus Diamanten, das andere aus Perlen. Unter dem mit zwei Ziernadeln geschmückten, modischen kleinen Barett waren seine Haare in Ringel gelegt.
    In vertrautem Kreis konnte Heinrich offen und heiter sein wie bei unserem letzten Gespräch, an diesem Morgen war er jedoch ernster Stimmung, was bedeutete, daß ich von ihm kein Lachen, nicht einmal ein Lächeln noch irgendeine Geste erwarten durfte, außer daß er mir seine Rechte zum Kuß reichte. Seine Linke aber ruhte auf dem Kaminsims wie aus Marmor, und sein Körper verharrte einer Statue gleich, während seine |201| schönen, feuchten, italienischen Augen mir unverwandt ins Gesicht blickten.
    Geschmückt wie ein Götzenbild, groß, von eleganter Statur trotz einer Neigung zur Fülle, sehr schön von

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