Noch mehr Krimikatzen
abfährt.
»Du weißt, daß ich den mechanischen Verstand einer Schildkröte besitze«, meinte ich. »Selbst wenn ich das Zeug vor Augen habe, verstehe ich nicht, was es ist und wie man es benutzen soll, und überhaupt…«
»Überhaupt nichts weiter. Wie willst du es lernen, wenn du dich dem Problem nicht stellst?«
»Ich brauche mich gar nicht…«
»Du mußt teilnehmen. Wir müssen den großen Jungs Konkurrenz machen.« Ein breites Lächeln entfaltete sich auf ihrem nutella-farbenen Gesicht, als sie kurz ihre dunkelbraunen Augen schloß und sich offensichtlich einiger Aspekte ihrer letztjährigen Reise erinnerte. »Davon abgesehen, meine Liebe… solche Treffen ziehen meistens ein oder zwei der bestaussehenden Burschen an. Eine kleine Abwechslung würde dir guttun.«
Sie hatte wie immer recht. Ich konnte etwas Erholung gebrauchen, und einmal dort, genoß ich es, Leute zu treffen und übers Geschäft zu reden. Die technologische Entwicklung war schwindelerregend, aber es gab eine Menge faszinierender Objekte. Zum Beispiel eine Sonnenbrille mit Spiegelglas auf der Innenseite, so daß man sehen kann, was hinter einem vorgeht, oder so ein Teil, das man am Telefon befestigt und das deine Stimme verändert, wenn du sprichst. Es läßt einen wie ein Mann oder eine alte Frau oder sogar wie ein Kind klingen. Könnte ganz hilfreich sein, wenn man mehrfach dieselbe Telefonnummer anrufen muß, um verschiedene Informationen zu erhalten.
Und die schönen Burschen? Nun ja, da gab es einen aus der Gegend von L. A. der es mir wirklich angetan hatte… aber das ist eine andere Geschichte.
Der Flug von Los Angeles nach Dallas verlief routinemäßig, die üblichen Drinks, ein lauwarmes Mahl: geröstete Hühnerbrust mit Pilzen und Reis. Und wie immer schmeckte das Gemüse zerkocht und fad, und der Keks zum Nachtisch war zu trocken, aber da diese Fluggesellschaft rostfreies Tafelbesteck aus Edelstahl benutzte statt Plastik und Keramik-Kaffeebecher, kam die Mahlzeit besser weg, als sie in Wirklichkeit war. Es war lange her, daß ich so was Nettes erlebt hatte, außer in der Ersten Klasse, die ich nie nehme, es sei denn, jemand zahlt für mich. Ich war tief beeindruckt.
Ich hatte als Lektüre ein neues Taschenbuch von Tony Hillerman erstanden, und auf diese Weise ging der dreistündige Flug ziemlich schnell vorbei, genauer gesagt, bis wir über das Stadtgebiet von Dallas kamen. Wir umkreisten Dallas Fort Worth fünfundfünfzig Minuten lang in einer Warteschleife wegen schlechten Wetters.
Der Flughafen von Dallas ist riesig, mit unendlich vielen Terminals und endlosen Gates; aber wenn man mit derselben Fluglinie weiterfliegt, kann man, falls es zum Laufen zu weit ist, ein Elektrogefährt bekommen, das einen zu dem vorgesehenen Gate bringt. Wer einen Anschlußflug hat, muß nicht einmal mehr durch die Kontrolle. Ich fuhr mit dem Gefährt zu dem entsprechenden Gate und stellte fest, daß wegen des Unwetters alle Flüge Verspätung hatten. Glücklicherweise hatte ich das Buch.
Um acht Uhr abends, mit drei Stunden Verspätung, konnte die Maschine nach Austin endlich starten. Es ist nur ein Katzensprung, wenn man sich erst einmal in der Luft befindet. Die Maschine war bloß halbvoll, und mein Platz befand sich in der vierten Reihe von hinten. Ich fühle mich im Heck immer sicherer, und diesmal hatte ich keinen Sitznachbarn. Ich war müde und froh, mit niemandem reden zu müssen. Ich wollte auf diesem einstündigen Rückflug nichts anderes, als mein Buch zu Ende zu lesen.
Genaugenommen war ich nicht allein. Die kleine Küche endete auf der anderen Seite des Gangs mir gegenüber – und der Steward und seine junge spanische Kollegin, die gleichfalls in diesem Teil der Maschine arbeitete, gingen zwischen den Reihen hin und her, aus der Küche rein und raus. Ein junges Paar saß vor mir und einige Jungs etwas weiter hinten.
Als mir der Steward das Glas Weißwein brachte, das ich bestellt hatte, bemerkte ich sein Namensschild, auf dem ›Ringo‹ zu lesen stand. Wenn das kein Katzenname ist, dachte ich, dann sollte er es werden.
Katzennamen müssen passen. Zum Beispiel ist mein Kater, Sam Spade, laut und steckt seine neugierige Nase in alles rein; auch Privatdetektive neigen dazu. Deshalb glaube ich, daß der Name Spade hervorragend zu ihm paßt.
Jahrelang habe ich meine natürliche Neugierde als Strahlen-Technikerin (was für eine hochtrabende Bezeichnung für eine Röntgenassistentin) zufriedengestellt, durchleuchtete menschliche
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