Noch nicht mal alleinerziehend
erneut. Im Flur wurde es laut, kaum dass Frauke die Tür geöffnet hatte. Kiki und Senta waren wohl gleichzeitig angekommen.
»Kira, wo bist du?!«, rief Anabell, Sentas ebenfalls dreijährige Tochter. Kira kam aus ihrem Kinderzimmer gerannt und schrie ein lautes »Wüüüäääoooh«, in das Anabell sofort einstimmte. Die beiden schienen da so eine Art Geheimsprache zu haben. Und »Wüüüäääoooh« musste so viel heißen, wie: »Hey, geil dich zu sehen!«, weil sie es nur zur Begrüßung ausstießen.
»Pssst. Leute. Die Babys schlafen.« Das war Kiki. Sie hatte ihre Zwillinge Tom und Bill mitgebracht.
»Ja, Nora ist schon da. Sie ist in der Küche«, hörte Nora Frauke sagen.
»Hi Nora«, rief Senta durch den Flur.
»Hallo Leute«, rief Nora aus der Küche zurück.
Es dauerte eine Weile, bis alle ihre Jacken ausgezogen hatten, bis die Kinder ausgepackt waren, Essen und Babywippen im Wohnzimmer bzw. auf dem Esstisch standen.
»Was ist das denn?«, fragte Nora. Ihr Blick war auf eine prall gefüllte Reisetasche gefallen, die Senta gerade ins Wohnzimmer zog.
»Das sind Kinderklamotten, die meine Schwester ausgemistet hat. Sie meinte, das könnte Kiki gut für die Zwillinge gebrauchen.«
Kiki strahlte, als hätte sie Geburtstag. »Super«, sagte sie kurz und machte sich sofort daran, die Beute unter die Lupe zu nehmen.
Nora war gerade dabei, die Sektkelche zu füllen, als es nochmals klingelte.
»Erwarten wir noch jemanden?«, fragte Senta.
»Eigentlich nicht«, antwortete Frauke und ging zur Tür. »Jetzt komm schon rein!«, hörten sie sie kurz später sagen.
»Aber ich will auf keinen Fall stören«, sagte eine Frauenstimme.
Es war Florentine, eine ehemalige Studienfreundin von Frauke, die ab und an zu ihnen stieß. »Hi«, sagte sie schüchtern, als sie mit Frauke ins Wohnzimmer kam. »Ich hoffe, ich störe nicht. Ich bin nur ganz spontan vorbeigekommen, weil ich Frauke etwas erzählen wollte.«
»Quatsch«, sagte Nora und reichte ihr, wie den anderen, ein Glas Prosecco.
»Für mich nicht, Nora. Danke«, lehnte Florentine ab.
»Geht’s dir nicht gut?«, fragte Frauke.
»Nein, ganz im Gegenteil …«
In Millisekunden wurde es mucksmäuschenstill. Frauke, Senta und Kiki starrten Florentine an, als wüssten sie genau, was jetzt folgen würde.
»Ich hab jetzt nämlich auch so eins im Bauch«, sagte sie und deutete auf die Maxi-Cosis auf dem Boden, in denen Tom und Bill schliefen. »Aber nur eins …« Der Rest ging in aufbrausendem und wildem Geschnatter unter. Bei Nora kamen nur noch einzelne Wörter an: »… Woche?«, »… weißt du’s?«, »… morgens schlecht?«, »… oder Mädchen?«. Florentine kam kaum dazu, auch nur eine Frage zu beantworten. Gabriellas und Noras Blicke trafen sich, Gabriella verdrehte die Augen, und Nora konnte sich nur schwer ein Lachen verkneifen. »Willst du anfangen?«
»Leute, ist es o.k., wenn ich heute anfange?«, fragte Nora in die Runde. Als sie keine Antwort erhielt, folgte sie Gabriella zum Sofa, wo diese fein säuberlich ihre Utensilien und ihren Sitzhocker aufgebaut hatte. Die Fußwanne stand schon blubbernd und schäumend bereit.
»Hände auch?!«, fragte Gabriella.
»Ja, bitte!« Nora zog ihre Fellstiefel aus, in die sie heute Morgen barfuß geschlüpft war, und steckte die Füße ins warme Wasser. Gabriella reichte sie ihre rechte Hand.
»Und Norrrrra«, röhrte Gabriella mit ihrem Akzent, oder so, als hätte Frauke mit ihr eben noch einmal intensiv die Aussprache ihres Namens geübt. »Was machen die Boys?«
»Boys« waren Gabriellas Lieblingsthema. Zu jedem Termin hielt sie eine neue Geschichte aus ihrem Liebesleben parat – meist mit einem neuen Nebendarsteller in der Rolle des Lovers. Gabriella hatte ganz bestimmte Vorstellungen von dem Mann an ihrer Seite. Ganz klassische. »Ich habe diesen Wahnsinnstyp kennengelernt. Nicht so hübsch, aber sehr erfolgreich, intelligent und witzig. Letzten Freitag wollte er mit mir tanzen gehen. Vorher waren wir in einer Bar, auf einen Drink. Und da wollte er doch tatsächlich, dass wir die Rechnung teilen. Da bin ich gegangen. Da kenne ich nichts. Phhhhh. Also, wer mit mir tanzen will, der muss schon wenigstens meinen Drink bezahlen«, hatte sie den Mädels noch vor ein paar Wochen erzählt. Eigentlich war Gabriella, sie musste so Mitte 40 sein, aber darum machte sie ein riesiges Geheimnis, nach ihrer gescheiterten Ehe auf der Suche nach DEM Richtigen. »Aber«, wurde sie nicht müde zu erklären,
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