sich schon lange wieder verabschiedet, als Senta als Letzte unter Gabriellas Fittiche kam, und Nora beschloss, sich auf den Heimweg zu machen. Sie hatte genug für heute.
»Sag mal, hast du schon etwas für deinen Geburtstag geplant?«, fragte Senta Nora, die mit Mantel, Tasche und in Jesuslatschen – die Fußnägel brauchten laut Fachfrau gut zwei Stunden frische Luft, um zu trocknen – schon im Türrahmen stand.
»Neee, noch nicht. Das ist ja auch noch ein bisschen hin.«
»Na ja, nicht mal mehr zwei Wochen«, sagte Kiki. Nora hatte am 25. April Geburtstag – Kiki hatte Recht.
»Ich habe mir echt noch gar keine Gedanken darüber gemacht. Vielleicht mache ich auch gar nichts. Ist ja auch kein besonderer Geburtstag.«
»Na ja, 40 ist schon eine große Sache«, röhrte Gabriella.
»Ich werde 37.«
»Wirklich?!«
»Wirklich!«
»Ach, komm schon, Nora. Irgendwas können wir doch machen. Ist ein Sonntag oder?! Dann könnten wir samstags doch reinfeiern.« Frauke war Feuer und Flamme.
»Das muss ich aber ganz genau wissen, damit ich auf jeden Fall frühzeitig einen Babysitter organisieren kann«, kam es von Kiki.
»Ja, genau!«, stimmten Senta und Frauke gleichzeitig mit ein.
»Aber ist da nicht eh die Taufe von Bill und Tom?«
»Nora, die ist eine Woche später. Am 2. Mai!« Kiki sah vorwurfsvoll drein.
»Ach ja! Gut, ich denk drüber nach, und dann sag ich euch Bescheid.« Nora warf Kusshände in alle Richtungen und war durch die Tür.
E s war Freitag, und Nora saß, noch immer in ihrer weißen, mit zartblauen Blümchen bestickten Schlafhose und einem weißen T-Shirt, an ihrem Sekretär. Es war halb zehn, vor ihr dampfte ein Becher Kaffee. Sie checkte gerade E-Mails – ihre morgendliche Routine, seit sie quasi arbeitslos war. Im Ordner Unbekannt fand sie Ankündigungen wie »Viagra! Endlich wieder echte Manneskraft jetzt auch für Dich«, »Congratulation Nora, you’ve won 1 Million Pounds«, »Dein Traumpartner wartet schon auf Dich«, eine Reisewerbung mit dem Motto »Nichts wie weg« und eine Mail mit der Betreffzeile »Maja ist da! Endlich!«
Aber wer war Maja? Der Absender lautete
[email protected] . Wichert-Neuhausen? Neuhausen? Neuhausen! Ah, das könnte Gabi sein. Gabi Neuhausen. Mit der war Nora zur Schule gegangen. Eine kleine, etwas untersetzte Streberin mit mausbraunem Pagenkopf und Nickelbrille, die Nora völlig selbstlos in Mathe durchs Abi geschleust hatte. Bis auf die Ankündigung ihrer Hochzeit vor vier Jahren hatte Nora von Gabi allerdings seit dem Abitur – und das war 1993 gewesen – nichts mehr gehört und gesehen. Nora war zu keinem ihrer Klassen- oder Stufentreffen erschienen. Ihr Freundeskreis hatte sich während der Oberstufe vollkommen außerhalb der Schule formiert, so dass Noras Schulfreundschaften mehr zu Zweckgemeinschaften mutiert waren. Tatsächlich hatte Nora mit keiner einzigen Person aus dieser fernen Zeit heute noch Kontakt. Das schien ein völlig anderes Leben, kaum noch abrufbar. Wenn es überhaupt mal existiert hatte. Wen hatte Gabi denn überhaupt geheiratet? Egal, denn langsam dämmerte es Nora, wer bzw. was Maja sein könnte. Morgens war sie immer ziemlich langsam. Sie klickte auf »Maja ist da! Endlich!«. Sofort öffnete sich eine Homepage, die ein Kinderzimmer zeigte bzw. eine weiße Wickelkommode in einem rosaroten Kinderzimmer. Über der Kommode, auf der ein weißer, dicker Teddybär mit pinkem Halsband saß, hingen auf einer pinken Tapete mehrere goldene Bilderrahmen, in denen Slogans standen wie: »Unser erster Urlaub zu dritt«, »Es ist so weit«, »Gabi und Sascha« – das musste dann also der Göttergatte sein –, »E-Mail an Maja« oder »Eintrag ins Geburtsbuch«. Nora klickte auf »Unser erster Urlaub zu dritt«. Es erschien eine Foto-Slideshow, die mit einer Luftaufnahme der Insel Sylt begann. Dann folgten Gabi und Sascha am Strand, Gabi und Sascha beim Kaffeetrinken, Gabi im Strandkorb, Sascha rennend durch die Dünen, Sascha beim Kochen, Gabi beim Lesen und Gabi und Sascha küssend vor der schäumenden Brandung. Nora war verwirrt. Wo war Maja? Die Fotoshow klärte sie sogleich auf. Am Ende erschien eine pinke Schrift auf schwarzem Hintergrund und verkündete: Juni 2009, 15. Woche. »Oh Gott«, dachte Nora. Sie klickte zurück und ging auf den Bilderrahmen »Gabi und Sascha«. Diese Slideshow dokumentierte die Beziehung der beiden vom ersten Verliebtsein 1998 über die Hochzeit bis heute. Weit und breit kein Baby. Vielleicht,