Noch nicht mal alleinerziehend
verstehen …
»Nora, wenn du schon da drüben bist, dann hol doch bitte 15 Liter H-Milch, aber die lactosefreie. Und dann brauchen wir noch vier Joghurts in den 320-Gramm-Bechern, auch lactosefrei. Wenn’s den nicht gibt, dann halt normalen, auf keinen Fall den Sojajoghurt. Ach, und Sojaflocken für Bolognese, vier Tüten grobe und zwei Tüten feine.«
Warum war Soja im Joghurt unerwünscht, wenn Sojaflocken in Ordnung waren? Nora wurde wieder schwindelig. Es dauerte, bis sie alles hatte und stolz mit ihrem ziemlich vollen Einkaufswagen zu Frauke zurückkam. In Fraukes Wagen türmten sich mittlerweile Salate, Blumenkohl, Knoblauch, Gurken, Auberginen, Zucchini, Paprika in allen Farben, Kartoffeln, Suppengrün, Basilikum- und Petersilientöpfe, Nudeln, Schmelzkäse, Aufschnitt, Käse und Kräuterquark. Wie viele Kinder gingen eigentlich in diesen Kindergarten? 1000?
»Jetzt haben wir fast alles. Wenn du Fleisch holst, dann hole ich das Brot, und wir können uns da vorne treffen.« Frauke zeigte auf einen Stand vor der Kasse. An der Fleischtheke sollte Nora zwei Kilo Rinderhack, sechs Hühnchenfilets und zwei Kilo Hühnchengulasch, nicht mariniert, holen. Sie fragte nicht, warum man nicht einfach mehr Hühnerfilets kaufte und die dann entweder zu Gulasch verarbeitete oder am Stück ließ. Sie wollte nur raus hier, schnell. Mittlerweile war es Viertel nach elf, und Nora hatte noch nicht eine einzige Ware von ihrer Einkaufsliste gekauft.
Ein paar Minuten später traf sie sich mit Frauke an dem verabredeten Stand. »Rotbäckchen « stand in roter Schrift auf dem Banner über dem Stand. Auf dem Tresen waren unterschiedliche Flaschen neben kleinen Bechern aufgereiht.
»Wollen Sie mal probieren?«, fragte eine in einen weißen Kittel gehüllte, pausbäckige, schwarzhaarige Frau freundlich.
»Warum nicht?!«, flötete Frauke. »Den hier kenne ich aus meiner Kindheit.« Sie deutete auf eine der Flaschen.
»Ja, der ist mit Eisen. Gut fürs Blut. Der hier ist für den Kreislauf, da ist … Weiß ich jetzt nicht genau. Und der hier ist ein Vitamincocktail, der bringt Sie voll auf Touren.« Nora nahm den zuletzt genannten, Frauke den für den Kreislauf, mit was auch immer drin. Sie prosteten sich zu. Früher hatten sie, total aufgebrezelt, so die ganze Nacht an der Theke ihrer Stammbar gestanden und allerlei Kurze gestürzt. Heute sahen sie fertig und gestresst aus und kippten »Rotbäckchen« im Biosupermarkt – tagsüber. Nora wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
»Ahhh, das tut gut«, sagte Frauke und stellte ihren leeren Becher auf die Theke. »Für den Kindergarten haben wir jetzt alles. Jetzt sollten wir deinen Kram holen. Der Kindergarten kriegt hier 15 Prozent Rabatt. Wir haben mit denen so einen Deal. Cool, ne?!« Nora konnte sich nichts Cooleres vorstellen. »Also, alles, was du hier abgreifen kannst, sollten wir mitnehmen.«
So machten sie es. Als sie alles in den Wagen verladen hatten, war der Van pickepackevoll. »Ich würde sagen, wir fahren das erst in den Kindergarten, laden aus …«
»Wir müssen das alles ausladen?«
»Ja, klar. Und in der Küche einräumen. Elterninitiative!«
Die Mitarbeiter in der Villa Kunterbunt mussten ein wirklich geiles Leben führen, dachte Nora.
Erst um Viertel vor eins hatten sie alle Einkäufe unter strenger Beobachtung der Köchin, die mit verschränkten Armen im Türrahmen stand und nicht ein Mal mit angepackt hatte, eingeräumt. Nora war müde, und ihr Kopf meldete sich mit einem stärker werdenden Pochen. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Im Gegenteil.
»Willst du Kira gleich mitnehmen, oder kommst du sie später holen?« Eine junge Frau mit lila Hose, lila Shirt, lila-weiß geringeltem Schal, braunen Locken und Brille war in die Küche gekommen.
»Wie spät ist es denn jetzt?«
»Kurz vor eins.«
»Normalerweise hole ich Kira ja immer erst um drei ab …« Frauke schaute Nora fragend an.
»Du …«
»Nee, ich hol sie später ab. Wir müssen ja auch noch dein restliches Zeug einkaufen. Sonja, vielleicht wird es aber auch halb vier. Ist das o.k.?«
Die lila Sonja nickte und verschwand wieder. Nora war dankbar. Jetzt mit Kira im Anhang noch ihre fehlenden Einkäufe zu machen, hätte ihr mit Sicherheit den Rest gegeben.
Noras Einkäufe gingen schnell. Viel, viel schneller als der Rosinenbomber-Einkauf für die Villa Kunterbunt. Nora wusste, was sie brauchte, und kaum in ihrem Supermarkt, huschte sie durch die heimischen Gänge und sammelte
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