Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Noch Viel Mehr Von Sie Und Er

Titel: Noch Viel Mehr Von Sie Und Er Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen von der Lippe
Vom Netzwerk:
die Maschine ein kleines Video gedreht hat, statt einen Schnappschuss zu machen usw. All das erinnert mich daran, dass ich meinen Eltern vor vielen Jahren einen Anrufbeantworter schenkte, weil sie viel spazieren gingen und es dann immer hieß: Nie rufst du an. Natürlich wollten sie das Teil nicht, sagten: Das verstehen wir nicht, lass uns damit in Ruhe. Ich sagte: Es ist ganz einfach, ihr drückt diesen Knopf und sprecht eine Nachricht wie »Wir sind nicht da und rufen zurück, sprechen Sie Namen und Rufnummer nach dem Pfeifton.« Nächsten Tag habe ich angerufen, um zu sehen, ob alles geklappt hatte, um dann Folgendes zu hören:
    Der Junge hat gesagt, du sollst den Knopf drücken und sprechen, jetzt halt doch mal den Mund, ich weiß genau, was ich tue ... piiiiep. Haben Sie früher, bevor es Anrufbeantworter gab, auch immer, wenn Sie Ihrer Partnerin beiwohnten, den Hörer neben das Telefon gelegt und die 1 gewählt? Ich hab das immer gemacht, aber ich hatte dann immer so ein blödes Gefühl, wenn ich von unterwegs zu Hause anrief und es war besetzt. Sex gehört auch unbedingt zu den Dingen, die weniger werden. Er ist nicht mehr so wichtig, man ist nicht mehr so darauf fixiert wie in der Jugend. Oder lassen Sie es mich in der Fußballersprache sagen: Wenn der Ball auf mich zukommt, dann stoppe ich ihn und verwandle, aber ich gehe keine weiten Wege mehr.
    Zu den Dingen, die häufiger werden, zählen Arztbesuche. Bei jedem Check-up wird etwas Neues festgestellt: erhöhter Cholesterinspiegel, Blutdruck, Zuckerwert und dann heißt es immer: Versuchen Sie abzunehmen, stellen Sie Ihre Ernährung um und treiben Sie Sport. Ernährungsumstellung ist Unsinn.
    Da heutzutage sowieso alles, was man zu sich nimmt, zu irgendeiner gesundheitlichen Schädigung führt, wenn man den Zeitungen glauben darf, bedeutet Essen nicht mehr nur aussuchen, was einem schmeckt oder was am wenigsten dick macht, sondern vor allem die Krankheit wählen, die einem am wenigsten ausmacht. Und da die Schreckensmeldungen sich nahezu im Monatstakt diametral widersprechen, habe ich die Lektüre entsprechender Artikel völlig eingestellt. Aber als diese Art der Volksaufklärung begann, war ich sehr aufgewühlt. Nehmen wir als Beispiel Kaffee. Kaffee greift, sagte man irgendwann, Herz und Magen an und das Koffein hält dich wach, sodass du Herzinfarkt und Magendurchbruch bei vollem Bewusstsein erlebst. Dann die Frage: Zucker und Milch? Milch bringt, hieß es, dich um, weil sie deinen Cholesterinspiegel erhöht und ist auch nicht so gut für den Magen, wie man immer dachte, Zucker ist ein Kalkräuber, ruiniert dein Gebiss und verursacht Diabetes, also griff man zum Süßstoff. Da gab es damals zwei Sorten, Aspartam und Saccharin. Aspartam stand irgendwann im Verdacht, Gehirntumore zu begünstigen, Saccharin sollte Blasenkrebs verursachen, und da war natürlich die Frage: Was ist im Alter wichtiger, Denken oder Pipimachen? Nun kenne ich Leute, die nicht mehr gut pinkeln können und noch tadellos bei Verstand sind und was machen die? Denken den ganzen Tag nur ans Pinkeln. Und ich kenne andere Leute, die können toll pinkeln, der IQ übersteigt zwar die Körpertemperatur nur unwesentlich, aber sie wirken eigentlich total glücklich.
    Heute, wo die Werbung ganz anders zur Sache geht als früher, würde Aspartam sicher folgendermaßen werben: Nimm Aspartam, denn Pinkeln ist schöner als du denkst.
    Sport ist auch keine Lösung. Ich habe Joggen probiert, erst mal wegen Joschka Fischers gutem Beispiel und weil es hieß, Jogger werden nach einer gewissen Zeit high. Niemand konnte mir allerdings sagen, wie das genau ist, high werden vom Laufen. Also wenn es bedeutet, sich selbst vollzukotzen und dann zu kollabieren, weiß ich es jetzt.
    Was auch zunimmt im Alter, ist der Platz, den, wenn man verreist, im Koffer die Medikamente einnehmen. Ich probiere auch ständig neue Kombinationen von Medikamenten aus, einfach, um das Optimale für mich zu finden. Die Wirkung ist natürlich oft nicht vorhersagbar. Wenn Sie z. B. ein Laxativum, ein verdauungsförderndes Mittel, mit einem Barbiturat, einem Schlafmittel, kombinieren, sind zwei Dinge möglich: Sie schlafen auf dem Klo ein oder Sie machen ins Bett.
    Ich gehe auch immer seltener in Kneipen, stattdessen können Sie mich immer öfter in Konditoreien antreffen. Es ist ungefährlicher. In einem Café werden Sie nie den Satz hören: Was glotzt’n so blöd, willste was auf die Fresse? Es läuft auch keiner rum und rammt einen

Weitere Kostenlose Bücher