Noch Viel Mehr Von Sie Und Er
sich telefonisch eine Pizza bestellt, nach einer endlosen Verzögerung aber beschlossen hatten, statt der Pizza den Lieferjungen zu essen.
Oder S.102 des »kleinen Hypochonders« von Dennis DiClaudio: Chronische idiopathische Diarrhoe. Stellen Sie sich den schlimmsten wässrigen Durchfall vor, den Sie je gehabt haben. Und nun stellen Sie sich vor, dass Sie den 25-mal am Tag haben. Und das über die nächsten vier Wochen. Und stellen Sie sich weiter vor, dass solche mehrwöchigen Schübe Sie über die kommenden zwei, drei Jahre mehrmals heimsuchen. Man weiß nicht, wie das Leiden übertragen wird, der Autor empfiehlt aber, nicht an Haltegriffen oder -stangen öffentlicher Verkehrsmittel zu lecken. Und jetzt die gute Nachricht: es gibt kein Medikament, aber nach circa drei Jahren ist der Spuk vorbei. Das ist nicht schön, lassen Sie sich rasch trösten mit einem Rezept aus »Der Gastronaut« von Stefan Gates. Sie brauchen ein Marmeladenglas voll Waldasseln, die schmeißen Sie in kochendes Salzwasser, bereiten eine Mehlschwitze aus Butter, Mehl, Wasser und Milch, würzen mit Pfeffer und Salz und rühren die abgetropften Asseln unter. Soll lecker sein. Guten Appetit, ich hoffe, Ihnen ist nicht auch der Lesehunger vergangen.
SIE Film
Gestern lag mein Mann wieder weinend in meinem Schoß. Er hatte sich seinen zweitliebsten Film angeschaut. Motown – ein Film über die Erfinder des wahnsinnig erfolgreichen Motown-Sounds, die im Background von Marvin Gaye, The Supremes und Smoky Robinson spielten, von den Plattenbossen mit Trinkgeldern bezahlt wurden, während die Stars und die Firmen Millionen absahnten. ›Die Welt ist ungerecht‹, schluchzte er. Umgekehrt undenkbar für mich, derart auszuflippen, weil eine übergewichtige Sängerin wie z. B. Aretha Franklin es auch nicht leicht hat. Nicht, dass mir sein Weinen unangenehm wäre, aber warum bricht er nicht auch mal vor Rührung in Tränen aus, wenn ich Backstage seine Hemden bügele? Wenn er sich seinen Film-Hit Nr. 1, ›Pat Garrett jagt Billy the Kid‹ mit der Filmmusik von Bob Dylan, anschaut, darf ich nicht mehr dabei sein, weil ich störe. Das tut mir auch leid, aber Western wirken auf mich wie Lachgas. Ich kann diesen immerwährenden Ritt in die untergehende Sonne einfach nicht ernst nehmen. Mir fallen immer meine Brüder ein, wie sie sich früher als Cowboys zurechtmachten, sorgfältig Colts, Hüte und Halstücher anlegten, ihr Outfit kritisch im Spiegel überprüften, dazu den finsteren Blick übten und dann beim Verlassen der Wohnung riefen: Mami, wir gehen jetzt spielen.
Sein ältester Lieblingsfilm ist auch der längste und heißt auch noch ›Der längste Tag‹. Der handelt von der Rückeroberung der Normandie durch die Alliierten. Als wäre er dabei gewesen, zappelt er auf dem Sofa, Maschinengewehr feuernd, Handgranaten schleudernd und mit dem Bajonett Mann um Mann zermetzelnd. Unerträglich das. Als ich ihn das letzte Mal darauf ansprach, dass dieses Gebaren ja nun wirklich nicht mit seinem Interesse für den Buddhismus korrespondiere, kam es zum Ehekrach. Das können Frauen nicht verstehen, war sein letztes Wort. Das wollen Frauen auch nicht verstehen, war meines und danach war erst mal wieder vierzehn Tage Schweigen angesagt.
Für mich war ›Harold and Maude‘‹ ein wahrer Schocker der Filmgeschichte. Eine Liebesbeziehung mit einem fünfzig Jahre älteren Partner fand ich damals mit neunzehn Jahren ekelgruselig. Ich war eindeutig zu jung für diesen Film, denn mittlerweile kann ich die alte Frau und ihr Interesse an dem Jaguar fahrenden Schüler viel besser verstehen. Sigourney Weaver als erfolgreiche Alienbekämpferin hat natürlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich denke jedes Mal an sie, wenn ich zum Zahnarzt gehe wegen der Dritten. Für jede Beziehung extrem lehrreich ist der Film ›Die Hexen von Eastwick‹, ein Musterbeispiel dafür, wie man mit einem Mann umgeht – in diesem Fall Jack Nicholson –, der sich auf Deubel komm raus für unwiderstehlich hält. Überhaupt hat Herr Nicholson einen Haufen meiner Sympathien. In ›Besser geht’s nicht‹ zeigt er wundervoll, was Männer an Ängsten in sich tragen, und in ›About Schmidt‹ steigert er das sogar bis zur Schmerzgrenze. Ich liebe Filme, in denen Männer leiden, bis die Schwarte kracht. Dazu gehört James Bond allerdings nicht. Den Bond-Jungs fehlt einfach der testosteron geschwängerte Schweiß.
Ein Leckerbissen war der Film über eine japanische Suppenküche mit der
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